Julia Extra Band 0211
einließ. Sie setzte ihre Reisetasche im Flur ab und schaute sich erst einmal ausgiebig in dem großen Haus um.
Das Wohnzimmer war geräumig, mit einer gemütlichen Sitzgruppe, vollen Bücherregalen an den Wänden und hellen Leinenvorhängen an dem großen Fenster, die bis auf den Boden reichten. Über dem offenen Kamin hing das Ölgemälde einer schottischen Heidelandschaft.
Das Gefühl kam urplötzlich und unerwartet – sie mochte diesen Raum. Sie konnte sich gut vorstellen, hier zu leben und sich hier zu Hause zu fühlen. Ganz gleich, wer vorher hier gelebt haben mochte.
Sie wurde so mutig, dass sie sich bis in James’ Schlafzimmer vorwagte, und sich dann wünschte, sie hätte es nicht getan, als eine heiße Welle über sie schwappte, sobald sie das breite Bett in dem ordentlichen, spartanisch eingerichteten Raum sah. Dieses Verlangen pulste so stark durch sie hindurch, dass es bald darauf schmerzhaft in ihren Schläfen zu pochen begann. Sie ging in das angrenzende Bad, auf der Suche nach Schmerztabletten.
In dem Spiegelschrank fand sie zwar das Gewünschte, aber auch einen Flacon teuren Parfüms und zudem eine Tube Make-up. Sie biss die Zähne zusammen, weil zu den Kopfschmerzen jetzt auch noch Übelkeit hinzukam. James hatte immer zugegeben, dass er nicht wie ein Mönch gelebt hatte, aber jetzt diesen offensichtlichen Beweisen gegenüberzustehen, war ein Schock.
Was hast du denn erwartet, nach zehn Jahren? tadelte sie sich in Gedanken und spülte zwei Schmerztabletten mit einem Glas Wasser herunter. Zurück im Schlafzimmer fiel ihr ein Foto auf, das auf einem Regal an der Wand lag. Es zeigte eine attraktive Blondine in einem eng anliegenden schwarzen Kleid, die strahlend in die Kamera lächelte. Feindselig betrachtete Rose das Bild. Die blonde Frau strahlte eine solche Selbstsicherheit aus, dass Rose das Foto am liebsten in tausend kleine Schnipsel zerrissen hätte.
Als sie hörte, dass die Haustür geöffnet wurde, legte sie das Bild hastig wieder auf seinen Platz und rannte die Treppe hinunter. Sie flog in James’ ausgebreitete Arme und erwiderte seinen Kuss mit dem gleichen Hunger wie er. Sie hatte sich so lange nach seiner Berührung verzehrt …
“Gott, es ist lange her.” James schmiegte seine Wange an ihr Haar. “Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, ob du wirklich hier sein würdest.”
Rose trat einen Schritt zurück, um ihn anschauen zu können. “Ganz sicher war ich auch nicht, ob ich kommen würde. Du klangst so wenig begeistert von meinem Vorschlag, dass ich dich fast schon am Telefon zum Teufel gejagt hätte.”
“Das habe ich an deiner Stimme gehört.” James machte eine Grimasse “Aber komm her”, er zog sie wieder an sich, “darauf habe ich zwei Wochen gewartet.”
“Ich auch.” Sie verdrängte das Foto aus ihren Gedanken und küsste ihn voller Leidenschaft, bis er sich atemlos von ihr löste.
“Komm, ich zeige dir das Haus”, meinte er heiser. “Wenn ich das nicht mache, werde ich dich wahrscheinlich sofort ins Schlafzimmer zerren. Dann glaubst du womöglich noch, ich wäre nur an deinem Körper interessiert.”
“Willst du denn mehr als das?”
“Ich will alles von dir, jedes kleinste Ding, Rose Sinclair.” Er schüttelte den Mantel von seinen Schultern. “Hast du dich schon umgesehen? Wie weit bist du gekommen?”
“Nur das Wohnzimmer, und ich habe oben ein wenig herumgestöbert.” Was ein Fehler gewesen war. Sie folgte ihm ins Wohnzimmer. “Bei mir musst du ja direkt Platzangst bekommen haben, wenn man dein Haus mit meiner Wohnung vergleicht.”
“Du warst da, Rose. Alles andere habe ich kaum bemerkt.” Er sah sich um. “Die Putzfrau hat gute Arbeit geleistet. Alex hat mir zwei Stühle dagelassen, und wie ich sehe, hat meine Mutter endlich die Bezüge genäht.” Er drehte sich zu Rose um. “Aber wenn es dir nicht zusagt, werden wir alles verändern. Wir könnten auch ein anderes Haus kaufen, wenn dir dieses nicht gefällt.”
“Mir gefällt es sogar sehr gut.” Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn, während sie sich zwang, nicht nach der Frau auf dem Foto zu fragen.
“Komm, ich gebe dir eine kleine Führung.” Er stieg vor ihr die Treppe hinauf und erklärte: “Als ich das Haus kaufte, ist Alex als Mieter mit eingezogen. Das hat bei der Hypothek geholfen. Alex hat oben gewohnt, ich unten. Aber jetzt gehört das große Schlafzimmer ganz allein mir.” Sie standen dicht voreinander vor dem großen Bett. “Lass mich nicht noch
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