Julia Extra Band 0211
aus. Blindlings lief sie ins Wohnzimmer, wo sie das Licht anschaltete. Ihr schwindelte, sodass sie einen Moment ins Wanken kam.
Als Marcus ihr folgte, drehte sie sich ruckartig zu ihm um. Seine dunklen Augen funkelten und wanderten zu dem Oberteil ihres Kleides. Es war über eine Schulter herabgerutscht, sodass man den Spitzenträger ihres BHs sehen konnte.
Hastig richtete sich Jenna wieder her und fuhr sich mit der Zunge über die geschwollenen Lippen. Sie fühlte sich orientierungslos und verstört.
Er trat auf sie zu, aber wieder wich sie ihm mit einem Kopfschütteln aus.
Sein Gesicht verschloss sich. Er blieb stehen, und eine Weile starrten sie sich wortlos an.
Dann verzog er den Mund zu einem gequälten Lächeln. “Es war wohl eine verfrühte Hoffnung von mir anzunehmen, dass die Mauern so leicht einstürzen würden.”
“So
unwiderstehlich bist du auch wieder nicht.” Jenna hatte plötzlich das Bedürfnis, ihn zu verletzen. Sie musste sich gegen ihn wappnen, denn er war ein beängstigender Gegner, der nicht immer fair spielte. Marcus, ihr Freund – ihr beschützender, dominanter “großer Bruder”. Bis jetzt jedenfalls.
Sein Lachen klang nicht echt. “Zumindest habe ich dir etwas bewiesen.”
Er hatte ihr auf jeden Fall bewiesen, dass er sie dazu bringen konnte, ihn zu begehren – ihn beinahe in ihr Bett zu lassen. Tausende von wirren Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Und eine kaum greifbare Furcht, die sie nicht verstand, bemächtigte sich ihrer.
Geistesabwesend strich sie sich die Haare aus dem Gesicht. Sich zu entscheiden, Dean und ihre Zukunftsträume mit ihm aufzugeben, war eine Sache. Doch daraufhin eine heiße Affäre mit seinem Bruder zu beginnen, war etwas ganz anderes. Sie durfte diesen neuen Empfindungen nicht trauen. “Das alles kann nicht echt sein!”, sagte sie laut.
Marcus hob die Hände, ließ sie dann aber wieder sinken. “Für mich hat es sich sehr echt angefühlt. Echter als deine Kleinmädchenschwärmerei für meinen Bruder.”
Das war grausam. Sie wandte sich ab und schluckte den Schmerz hinunter. Auf dem Couchtisch herrschte wie immer Chaos. Wie in meinem Leben, dachte sie plötzlich.
“Ich wollte dich nicht verletzen, Jenna. Aber ich bin es allmählich leid, darauf zu warten, dass du aus deiner Traumwelt auftauchst.”
Sie drehte sich mit brennenden Augen zu ihm um. “Du hältst mich für eine Närrin. Aber ich bin nicht so dumm oder kindisch, dass ich den Unterschied zwischen Liebe und Lust nicht erkenne.”
Er schaute sie einen Moment lang an und lachte dann. “Lust?”, fragte er. “Es war also Lust, die dich dazu brachte, mich so heftig zu küssen, als ob dein Leben davon abhängen würde?”
Jenna zuckte mit den Achseln und schaute zur Seite.
Marcus legte seine Hand unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht hoch. “Was auch immer es war – es war jedenfalls sehr stark. Du bist wie ein Feuerwerk explodiert.”
“Kein Feuerwerk ist von Dauer”, erwiderte sie. “Sie flammen auf und zerfallen schließlich zu Asche.” Sie schob seine Hand fort, aber er packte sie am Handgelenk und ließ sie nicht mehr los.
“Davor hast du also Angst? Dass alles zu Asche zerfällt?”
“Das muss es doch irgendwann”, meinte Jenna. “Oder etwa nicht?” Seine Freundinnen waren alle aus seinem Leben verschwunden und wurden kaum jemals mehr erwähnt. Auch Katie hatte schon einige Freunde gehabt, die ernste Absichten zu haben schienen. Und doch war nichts von Dauer gewesen.
Jenna hatte sich stets für einen Glückspilz gehalten, da sie so sicher auf Deans Liebe vertrauen durfte.
Jetzt wusste sie es besser.
“Wenn du und ich miteinander schlafen”, sagte sie, “würde es deine Familie erfahren. Wir könnten es nicht geheim halten.”
“Na, und? Sie mögen dich. Katie würde sich bestimmt wahnsinnig freuen.”
“Und wenn es dann auseinanderbricht?” Wenn die anderen sie ablehnen würden, weil sie sich automatisch hinter Marcus stellten oder weil es ihnen peinlich wäre, die frühere Freundin ihres Sohnes weiterhin mit einzuladen? Vor allem dann, wenn er eine neue hätte. Es würde ihr das Herz brechen. Allein die Vorstellung, dass die Crossans sie ausschließen könnten, ließ all die alten Ängste aus ihrer Kindheit wieder hochsteigen.
Dann wäre sie allein auf der Welt. Sie spürte die schreckliche Einsamkeit, die sie damals erlebt hatte, als sie mit sechs Jahren begriffen hatte, dass sie sich auf niemand anderen als auf sich selbst verlassen konnte.
“Ich
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