Julia Extra Band 0213
Beziehungsweise, was sie gedacht hatte, das sie geteilt hatten.
An dem Morgen, als sie endlich mit der Durchsicht der Papiere in den muffigen Kartons von Jacob Jones fertig war und Brenton ihre Ergebnisse mitteilte, wies dieser sie an, noch einmal von vorne anzufangen. “Ganz offensichtlich ist dir aufgrund deiner Unaufmerksamkeit etwas entgangen”, sagte er.
Sie beherrschte sich mühsam und erwiderte freundlich: “Es gibt nichts zu finden, Brenton. Der magische Beleg, der das Finanzamt dazu veranlassen könnte, Mr Jones kleinen Fehler bei der Einkommensteuererklärung zu entschuldigen, existiert nicht.”
Brenton ließ sich nicht beirren. “Um sicherzugehen, dass du dieses Mal die Arbeit nicht so nachlässig erledigst, verlange ich eine schriftliche Auflistung aller Dokumente in diesen Kartons.”
“Ich habe noch anderes zu tun, Brenton. Ich werde nur noch zehn Tage hier sein.”
“Dann sieh zu, dass du dich anstrengst.”
Vom Eingang erklang eine ruhige Stimme. “Was meinen Sie damit, Hannah, dass Sie nur noch zehn Tage hier sind?” Ken Stephens trat ein und versperrte Brenton den Weg.
Hannah antwortete so ruhig, wie sie konnte: “Ich meine damit, dass ich während Ihrer Abwesenheit meine Kündigung eingereicht habe.”
Ken nahm eine von den zerknitterten Quittungen auf, roch daran und legte sie wieder hin. “Unangenehm”, sagte er. “Aber manchmal müssen auch solche Arbeiten erledigt werden.”
Ein verschlagener Ausdruck zeigte sich in Brentons Augen. “Genau das habe ich ihr auch gesagt, Mr Stephens, aber sie will sich anscheinend nicht an die Regeln halten.”
“Ich habe gehört, was Sie ihr gesagt haben.” Kens Stimme klang sanft. “Wissen Sie, Bannister, ich habe nie viel von der Menschenkenntnis meiner Tochter gehalten – bis Sie aufgetaucht sind. Ich sehe Sie in einer halben Stunde in meinem Büro. Und bringen Sie bitte Hannahs Kündigungsschreiben mit.”
“Das habe ich nicht mehr”, protestierte Brenton. “Es befindet sich schon auf dem Dienstweg.”
Ken zog seine Augen zusammen. “Dann holen Sie es vom Dienstweg zurück.”
Brenton schien zu schrumpfen. Er ging um Ken herum und verschwand eilig.
“Danke, Ken”, sagte Hannah. “Und willkommen daheim. Ist es erlaubt zu fragen, wie die Flitterwochen waren?”
Ken grinste, antwortete aber nicht. “Hier habe ich Isobels Brief für Sie.” Er übergab ihr einen dünnen, hellblauen Umschlag. “Hatten Sie schon Zeit, sich das Material über die Stiftung anzusehen, das ich Ihnen schicken ließ?”
“Etwas, aber ich hatte nicht viel Zeit. Brenton hatte andere Aufgaben für mich.”
“Lassen Sie sich von Brenton nicht mehr stören. Er wird nicht mehr lange hier sein. Und Sie werden natürlich Ihre Kündigung zurückziehen, Hannah.”
Sie schloss die Augen und stellte sich eine berufliche Zukunft vor, die ihre Hoffnungen und Träume bei weitem übertraf. Kein Brenton mehr. Eine neue Position als Koordinatorin für die Stiftung. Die Chance, für solche Mandanten wie Sarah anstatt solche wie Jacob Jones zu arbeiten …
Aber für Sarah und die Stiftung zu arbeiten würde bedeuten, Cooper zu treffen. Würde sie das ertragen können? Konnte sie ihren Zorn und ihre Liebe unter Kontrolle halten?
Sie seufzte. “Ich weiß es einfach noch nicht, Ken.”
Nachdem er gegangen war, saß Hannah lange Zeit nur einfach da und starrte Löcher in die Luft. Schließlich öffnete sie Isobels Brief.
Die Handschrift war kräftig und bestimmt, und genauso nüchtern und sachlich war auch der Inhalt; beim Lesen konnte Hannah fast Isobels Stimme hören.
Wenn du das liest, bin ich entweder schon seit sechs Monaten tot, oder aber du bist darauf gekommen, dass etwas nicht stimmig ist und hast Ken Stephens um eine Erklärung gebeten. Ich hoffe auf das Letztere, Hannah. Ich möchte gern glauben, dass du scharfsinnig genug bist, nicht nur zu vermuten, was ich getan habe, sondern auch zu verstehen, warum ich es getan habe.
Es geht um Brenton. Er ist ganz reizend und charmant, nicht wahr? Ein uneigennütziger Mentor, ein rücksichtsvoller Chef, ein warmherziger und liebevoller Mann … oder nicht? Ich habe ich mein Testament extra so gestaltet – in der Hoffnung, dass Brenton, wenn er feststellt, dass du doch keine reiche Erbin bist, es nicht schafft, seine wahre Natur zu verbergen – sadistisch, pervers und berechnend.
Hannah erkannte, dass die listige alte Dame ein doppeltes Spiel mit Brenton getrieben hatte – sie hatte ihn glauben
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