Julia Extra Band 0213
“Ich gehe jetzt ins Büro zurück, um auf ein Fax aus London zu warten.”
Claudia konnte es nicht glauben, dass er lieber auf ein Fax wartete, als mit ihr allein zu sein.
“Also dann, auf Wiedersehen”, sagte er befremdlich kühl. “Danke für deine Unterstützung in Sachen Scheich. Zweifellos wirst du nun gern wieder ledig sein.”
Claudia wurde langsam wütend. Wie konnte er es wagen, sie zu lieben und sie danach wie eine Fremde zu behandeln?
Wenn er glaubte, dass sie jede Nacht mit einem anderen Mann schlief, wollte sie ihn nicht mehr lieben. Sollte er doch gehen, dieser dickköpfige,
dumme
Kerl. Es machte ihr nichts aus.
“Auf Wiedersehen”, sagte sie mit einem künstlichen hohen Lachen. “Es war sehr interessant, dich kennenzulernen.”
David warf ihr einen Augenblick einen fragenden Blick zu. Sie sahen sich enttäuscht in die Augen. Beide waren wütend. Dann drehte sich David auf dem Absatz um, nickte Patrick und Lucy zum Abschied zu und verließ den Club.
Damit war er verschwunden.
“Hat Claudias Abreise gut geklappt?” David hatte sich auf einen Berg von Arbeit berufen, um keine Einladungen mehr annehmen zu müssen. Erst als ihn Patrick fast mit Gewalt mit in den Club nahm, konnte er Lucy nicht mehr umgehen. Er wusste, dass er Claudia würde hin und wieder erwähnen müssen. Aber ihr Name blieb ihm im Hals stecken. Seine Stimme klang ungewöhnlich rau.
“Ich nehme es an”, meinte Lucy bedrückt. Bei David schien eine Erkältung im Anmarsch zu sein. “Sie ist rechtzeitig in Menesset angekommen, doch war die Fahrt wohl nicht ganz wie erwartet. Als Justin sie abholte, saß Fiona Phillips neben ihm, und Claudia musste das fünfte Rad am Wagen spielen.” Sie seufzte. “Die arme Claudia. Nichts klappt bei ihr.”
David war wütend, dass ihn diese Nachricht erleichterte. Er hatte sich in Arbeit gestürzt, um Claudia zu vergessen. Aber es hatte nicht geholfen. Er lebte wie mit einem Geist. Ihr Parfüm hing noch an seinen Papieren. Immer wieder hatte er sich in der Erwartung umgedreht, sie stehe hinter ihm. Jedes Mal war er enttäuscht gewesen, was ihn ärgerte.
“War Claudia sehr enttäuscht?”, fragte er Lucy in einem Anflug von Selbstquälerei.
“Sie schien den Tränen nahe zu sein, sagte aber nicht viel”, meinte Lucy, die selbst aus Frust beinahe geweint hätte. “Ich habe Claudia noch nie so unglücklich erlebt”, fuhr sie traurig fort. “Es war schrecklich. Sie lächelte, aber in ihren Augen stand die nackte Verzweiflung. Sie wollte doch nur etwas Zeit allein mit Justin verbringen. Nicht einmal das war ihr vergönnt.”
David sagte sich, dass es höchste Zeit war, die Wahrheit zu akzeptieren. Was hatte er auch erwartet? Hätte Claudia alles aufgeben sollen, um mit ihm zu leben? Die Realität war anders, hatte Claudia gesagt. Sie hatte recht. Sie hatten eine wundervolle Nacht zusammen verbracht, das war alles.
Es war sein Fehler gewesen, sich trotz seiner negativen Erfahrung mit Alix in sie zu verlieben. Claudia war nicht sein Typ Frau. Er war nicht der richtige Mann für sie. Es war Zeit, die letzten beiden Wochen als schmerzliche Lektion zu verbuchen und Claudia aus seinem Gedächtnis zu streichen.
Es half nichts. Claudia hatte alles versucht, um David zu vergessen. Sie hatte sich für die schwierigsten Aufgaben bei ihrer Arbeit freiwillig gemeldet, um beim Nachhausekommen müde zu sein. Und selbst nach den ermüdendsten Arbeitstagen war sie mit Freunden noch auf Partys gegangen, zu Konzerten, ins Kino oder ins Theater. Überall dorthin, wo man nicht reden konnte.
Sie konnte sich selbst die Sache mit David kaum erklären. Er war auf einer tiefen, fundamentalen Ebene ein Teil ihrer selbst geworden. Ohne ihn würde sie nie mehr vollständig sein.
Als Michael sie verlassen hatte, war sie zwar verletzt gewesen, doch hatte es vor allem ihr Selbstwertgefühl getroffen. Weder war der Verlust so schmerzhaft noch diese schreckliche Leere in ihr gewesen. Jeder Atemzug fiel ihr schwer. Sie sah Davids Bild ständig vor sich. Jede Faser ihres Körpers verzehrte sich nach ihm.
Nach drei grausamen Wochen beschloss Claudia, dass es so nicht weitergehen konnte. David mochte Gründe gehabt haben, sich ihr gegenüber abschließend so kühl zu verhalten. Möglicherweise konnte sie ihn umstimmen, wenn sie ihren Stolz verabschiedete und ihm ihre Gefühle offenbarte. Vielleicht würde es ihn abstoßen oder peinlich berühren, aber es war die einzige Möglichkeit, die Dinge richtigzustellen.
Weitere Kostenlose Bücher