Julia Extra Band 0213
mehr recht um seine Töchter gekümmert. Also hatte Kendal mit für ihre Schwester gesorgt, war tagsüber einem Bürojob nachgegangen und im Abendstudium ihrer Ausbildung zur Innenarchitektin.
Sehnsüchtig nach einem neuen richtigen Zuhause, hatte Chrissie mit knapp achtzehn den zehn Jahre älteren Ralph geheiratet. Und diese Ehe hätte doch halten können, dachte Kendal, hätte da nicht Jarrad so erbarmungslos Ralph entlassen …
“Selbst wenn du einen Prozess gewinnen würdest, was wäre dann?” Chrissie lehnte sich zur Seite und spielte mit dem herüberhängenden Blatt einer großen Grünpflanze. “Dann wärest du am Ende eine allein erziehende Mutter in einem fremden Land.”
Immer noch besser, als ganz von Jarrad abhängig zu sein, dachte Kendal, sagte aber etwas anderes. “Das würde mir nichts ausmachen … Ich arbeite ja gern …”
Ja – um nicht immer über Jarrad nachzudenken, sondern um ihn zu vergessen; außerdem kann er mich auf einem fremden Kontinent nicht mehr so verletzen, dachte sie.
“Aber Jarrad hängt nicht nur an Matthew, sondern auch an dir. Und das weißt du auch, oder?”, unterbrach Chrissie Kendals Gedanken. “Oh, Schwesterherz, du könntest ein so wunderbares Leben führen, wenn du nur bereit wärest, über deinen Schatten zu springen und Jarrad eine zweite Chance zu geben.”
Kendal rutschte beinahe die Tasse aus der Hand. Fassungslos starrte sie ihre Schwester an. “Du meinst, ich soll zu ihm zurückkehren? Mich wieder auf ihn einlassen? So wie Mutter es bei Vater tat?”
“Ach herrje! Jarrad kann man doch nicht mit unserem Vater vergleichen!”, stellte Chrissie unnachgiebig klar. “Und du könntest es in der Wahl deines Ehemanns wahrlich schlechter getroffen haben, weißt du. Außerdem hätte Matthew dann wieder eine richtige Familie. Und wenn Jarrad genau dieses Argument vorbringt, kann man dem eigentlich nur schwer widersprechen.”
Kendal schaute hinunter zu ihrem kleinen Sohn, der genüsslich auf den Ecken seines Bilderbuches herumkaute. Wollte sie das nicht auch für ihr Kind? Ein stabiles Zuhause? Eigentlich wollte sie dies mehr als alles andere. Dachte ihre Schwester etwa, dass diese letzten zwölf Monate einfach für sie waren? Nein, das waren sie nicht. Es war die Hölle …
“Aber was ist mit
mir
, Chrissie? Wie lautet dazu deine Meinung? Hätte ich Jarrad nie verlassen sollen? Hätte ich mich damit zufriedengeben sollen, ihm in Haushalt und Bett treu zu Diensten zu stehen, derweil er hinter meinem Rücken mit dieser arroganten Lauren Westgate herumturtelt?”
“Nein, das natürlich nicht”, erwiderte Chrissie sofort. “Obschon du vielleicht auch nicht so tun solltest, als hättest du deine Ehe nur schrecklich gefunden. Manches davon fandest du doch sogar traumhaft, nicht wahr? Ich meine hier natürlich eure Liebesbeziehung im Besonderen … du warst doch verrückt nach ihm. Deine Begeisterung für ihn war ja schon nicht mehr auszuhalten!”
Eine kleine Flamme, die Kendal schon erfolgreich in sich erstickt zu haben glaubte, bis sie heute Jarrad in seinem Büro wiedersah, kam in diesem Moment plötzlich zu einem kräftigen Auflodern, tief unten in ihrer Lendengegend.
“Das will ich dir gern glauben …!”
“Und dass du seine Hausangestellte warst, ist wohl auch etwas weit hergeholt.”
Zugegeben. Zum Kochen und Saubermachen gab es da die langjährige Perle namens Teeny Roberts. Jarrad hätte nicht erwartet, dass Kendal diese Arbeit verrichtete, selbst wenn sie die Zeit dafür gehabt hätte. Vielleicht hatte aber gerade darin ein Problem gelegen.
“Was Lauren betrifft, nun, sie hat sich ihm ja richtig an den Hals geworfen”, gab Chrissie zu bedenken. “Aber einem so blendend aussehenden Mann passiert das bestimmt an jedem Tag der Woche! Und man müsste ein Mönch sein, wollte man der andauernden Belagerung des anderen Geschlechts widerstehen. Aber abgesehen davon, glaube ich, ehrlich gesagt, gar nicht wirklich, dass Jarrad eine Liebschaft mit Lauren hatte. Auch hat er das ja nie zugegeben, oder?”
Nein, das nicht, dachte Kendal. Aber sie hatte diese Rechnungen in seinem Büro gefunden, von dem Hotel, in dem beide übernachtet hatten, was Jarrad aber Kendal einfach verschwiegen hatte, indem er sie in dem Glauben gelassen hatte, er sei allein auf Dienstreise gegangen. Nun ja, die beiden hatten sich unter ihren eigenen Namen in dem Hotel angemeldet und hatten auch separate Zimmer gebucht, das stimmte wohl. Alles wäre nicht unbedingt
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