Julia Extra Band 0213
zu erinnern, was ich in all den Monaten entbehrt habe? Oder um mich dahin zu bringen, dir meine Zustimmung zu geben zu deinem aberwitzigen und egoistischen Ansinnen?”
Kendals Mut sank, obschon sie den Kopf trotzig hob und betont ruhig ausatmete. “Hat dich schon jemals jemand dazu gebracht, die Dinge etwas lockerer zu sehen, Jarrad?”
Er steckte beide Hände in die Hosentaschen, wodurch Kendals Aufmerksamkeit – ganz gegen ihren Willen – automatisch auf seinen harten Waschbrettbauch und die muskulösen Schenkel gelenkt wurde, die sich unter dem teuren Stoff der Hose seines dunklen Maßanzuges abzeichneten.
“Du solltest selbst wissen, wer mich wo schon mehrfach dazu gebracht hat”, sagte er mit rauer Stimme, und für ein paar Sekunden trat etwas Ungestümes in seine Augen. “Schließlich ist hier davon die Rede, was wirklich gut in unserer Ehe war.”
Kendals Herz setzte kurz aus und schlug dann wie wild. Sie sprang von ihrem Stuhl auf, um etwas Distanz zu schaffen zwischen sich und dieser überwältigenden geballten Männlichkeit.
“Nein, da täuschst du dich!” Sie wollte es leugnen und am liebsten auch vergessen, dass sie mit diesem Mann im Bett ekstatische Zustände erlebt und sich wie im siebten Himmel gefühlt hatte. “Das einzig Gute in der Ehe ist Matthew gewesen!”
“Ah ja, Matthew …” Endlich ließ er sich von der Schreibtischecke gleiten und stellte sich kerzengerade hin. Gestreckt war er genau einen halben Kopf größer als sie. Sein so sportlich schlanker, dennoch athletischer Körper und seine so überwältigende Präsenz beeindruckten Kendal jetzt so sehr, dass sie ganz vergaß, kontrolliert Haltung zu bewahren. “Du musst mich unbedingt gehen lassen!”, schoss es ganz impulsiv aus ihr heraus.
“Warum diese Aufregung?” Er taxierte sie kühl; sein Blick wirkte jetzt irgendwie gefährlich. “Ich halte dich nicht auf.”
“Du weißt, was ich mit meiner Bitte meine …”
“Mein letztes Wort bezüglich Matthew hast du bereits gehört!” Er sprach in einem gedämpften Ton, der für Kendal etwas Einschüchterndes und auch Gemeines an sich hatte.
Kendal beobachtete Jarrad, wie er zurück an seinen Schreibtisch ging und dort Platz nahm, so gelassen, als würde er gerade eine tägliche Routine erledigen.
“Ich möchte, dass mein Sohn sich künftig dort aufhält, wo ich an seinem Heranwachsen und seiner Erziehung teilhaben kann.” Er zog die Kappe seines Füllfederhalters ab – der mit der goldenen Feder, den er fast immer benutzte und der ein Geschenk Kendals war, zu seinem zweiunddreißigsten Geburtstag vor zwei Jahren. “Du kannst losziehen, wohin du willst, aber ohne ihn.”
Kendal rang nach Luft. “Du weißt, dass ich das nie tun würde.”
“Ich weiß.”
Für Kendal uneinsehbar notierte er jetzt etwas, den Kopf konzentriert über das Blatt Papier gebeugt. Da überkam ein Gefühl der Frustration sie so sehr, dass sie, noch bevor sie sich zusammenreißen konnte, ihm das Blatt schon unter seiner schlanken sonnengebräunten Hand weggezogen hatte.
“Du Idiot!” Das zerknüllte Stück Papier traf seine Wange und fiel dann neben seinen Schreibtischstuhl auf den Teppichboden.
“Ja, genau!” Blitzartig griff er nach Kendals Handgelenk und zog den Arm der Wehrlosen über den Tisch zu sich hin. “Das ist womöglich gar der Grund, warum du mich geheiratet hast, nicht wahr?”
Sie lachte hämisch. “Sicher! Gehässigkeit und Brutalität üben einen Reiz auf mich aus.” Ihre grünen Augen funkelten. Sie versuchte, ihre Hand aus seiner Umklammerung zu befreien, doch mit ihrem Kampf erreichte sie nichts weiter, als dass sich durch ihr heftiges Ruckeln die Spange in ihrem Haar löste und die Fülle der roten Lockenpracht auf ihre Schultern fiel.
“So gefällst du mir ausgesprochen gut”, sagte er in brummigem Ton. “Offen und geradeheraus. Vielleicht verrätst du mir da ja auch noch etwas genauer, Kendal, warum du eigentlich vor mir weggerannt bist? Sag aber nicht, dass ich nicht zärtlich genug zu dir war. Ausgenommen natürlich die Momente, in denen du mich ganz anders als zärtlich haben wolltest …”
Dank größter Kraftanstrengung gelang es ihr endlich, sich aus seinem festen Griff zu befreien. Gleichzeitig drohte sie innerlich fast dahinzuschmelzen, als sie sich nun in der Erinnerung in die Momente zurückversetzte, in denen sie hatte erfahren können, wie
zärtlich
dieser Mann sein konnte … und auch wie stürmisch …
“Also, du wolltest eine
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