Julia Extra Band 0213
treue, pflichtbewusste Ehefrau haben, derweil du selbst deine versteckte kleine Affäre mit Lauren Westgate genossen hast! Nur dass das Ganze irgendwann kein Geheimnis mehr war, nicht wahr, Jarrad? Ralph kam dir auf die Schliche …, und das war ja wohl auch der wahre Grund dafür, dass er seinen Arbeitsplatz räumen musste und von dir gefeuert wurde! Wegen dir und Lauren!”
Jarrad lehnte sich zurück und legte einen Arm auf das wattierte Leder der Armlehne seines großen Schreibtischstuhls; unter Jarrads Gewicht machte die Rückenlehne ein leicht quietschendes Geräusch.
“Mein Verhältnis zu Lauren hat rein gar nichts damit zu tun, warum dein Schwager mein Unternehmen verlassen musste.” Er verzog missmutig die Mundwinkel.
“Eine Frechheit, so etwas zu behaupten!” Kendals Augen schimmerten jetzt dunkel vor Wut und Enttäuschung. Ihr war damals so gewesen, als habe Jarrad mit dem Messer in eine bereits offene Wunde gestoßen, als er den Mann ihrer Schwester einfach von seinem Posten als Finanzbuchhalter entfernen ließ. Der ruhige gutmütige Ralph, der auf Kendals Drängen hin widerwillig erzählt hatte, was er wusste, und der ihre leisen Vermutungen, dass sich da etwas zwischen Jarrad und seiner hübschen Verkaufsleiterin abspielte, bestätigt hatte. Die aufgerissene Wunde war danach nie verheilt, denn Kendal hatte miterleben müssen, wie ihre schwangere Schwester infolge des Aufruhrs, den Ralphs Kündigung mit sich brachte, eine Fehlgeburt erlitt. In dieser schweren Lage traten zudem finanzielle Probleme auf, und Ralphs Selbstwertgefühl litt unter den Ereignissen. So war es schließlich zum Bruch der Ehe der beiden gekommen … Und all das ausgelöst durch Jarrad …
“Du wolltest eine flotte Karrierefrau als Geliebte neben einer geduldigen braven Ehefrau, und es war dir auch gelungen, beides zu bekommen, stimmts?”
“Dein Urteil über diese Geschichte scheint unabänderbar, nicht wahr?”, erwiderte er ungehalten.
Bitte, liefere mir einen überzeugenden Beweis, dass da nie etwas zwischen dir und Lauren war!
“Das siehst du ganz richtig! So leicht wird mich nichts vom Gegenteil überzeugen können!” Sie drehte sich auf dem Absatz um und verspürte das dringende Bedürfnis, diesen Raum zu verlassen, bevor ihr noch Tränen der Frustration und des Bedauerns in die Augen steigen würden und sie vor Jarrad eine armselige Figur abgeben würde.
“Kendal!”
Wie erstarrt blieb sie stehen; sein gebieterischer Ton nötigte sie, sich zu ihm umzudrehen.
“Ich meine es ernst, was ich vorhin gesagt habe. Du nimmst den Auftrag in den Vereinigten Staaten an und gehst allein dorthin.”
“Und wenn ich das nicht mache?”, fragte sie trotzig.
“Dann klage ich das Sorgerecht ein.”
Kendal biss die Zähne aufeinander. “So etwas Gemeines würdest du nicht wagen”, flüsterte sie.
“Dann warte es nur ab.”
“Du würdest aber das Sorgerecht niemals übertragen bekommen!”
“Niemals? Da sei dir bloß nicht so sicher …” Er sah sie mit einem spöttisch verzogenen Mundwinkel an.
Er hatte natürlich recht, denn selbstverständlich würde er seinen Einfluss geltend machen, damit die Sache zu seinen Gunsten entschieden wurde. Außerdem bekam Jarrad Mitchell doch immer das, was er wollte!
Da drang seine mokante Stimme in ihr Ohr. “He, willst du mir vielleicht mal gnädig deine aktuelle Adresse verraten?” Als sie zögerte, fügte er ganz emotionslos hinzu: “Oder willst du sie lieber beim Anwalt hinterlegen …?”
Er meinte es wirklich ernst! Oje ..!
Als er sich vom Stuhl erhob, hätte sie ihn am liebsten angesprungen und ihm mit ihren lackierten Fingernägeln das Gesicht zerkratzt. Warum nur behielt immer er die Oberhand?
Aber ich nehme deine Herausforderung zu kämpfen an, und zur Abwechslung werde diesmal ich als Siegerin hervorgehen! dachte sie, in Wallung gebracht, während sie ihre Adresse auf einen Notizblock kritzelte.
Trotzdem nagte tief in ihrem Inneren ein Zweifel, und auch überkam sie keine geringe Furcht, als sie ihrem einschüchternden Ehemann das Blatt Papier zuwarf und energisch aus seinem Büro stolzierte.
“Nun, was hat er gesagt?”
Chrissie Langdon wartete gespannt ab, bis ihre Schwester ein paar Schlucke von dem ihr angebotenen heißen Tee getrunken hatte.
“Du würdest es nicht glauben!”
Kendal war fünf Jahre älter als Chrissie. Eigentlich hatte Kendal der kleinen Schwester nie ihre Probleme anvertraut, schon gar nicht in den zurückliegenden beiden Jahren,
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