Julia Extra Band 0213
Radiergummi auf und ließ ihn dann wieder auf den Tisch fallen. “Ich dachte, dir wäre inzwischen klar geworden, dass ich meinen Sohn sehen will.”
Nun, natürlich war ihr das klar. Sie hatte nur nicht gedacht, dass er sich so schnell melden würde.
Kendal schluckte; ihr wurde ganz mulmig im Magen. “Matthew ist noch bei Valerie – seiner Betreuerin. Ich wollte ihn gleich abholen.” Und das war das Dümmste, was sie hatte sagen können; es wurde ihr auch sogleich bewusst, als sie seine finstere Miene sah.
“Natürlich. Hier spricht die stets pflichtbewusste Mutter.” Sichtlich angewidert warf er einen Blick auf die Stoffmuster und die Zeichnung, an der sie gerade gesessen hatte. “Ich dachte, du würdest derzeit gar nicht arbeiten.”
“Ich brauchte …” Die Einnahmen, hatte sie sagen wollen, besann sich aber gerade noch rechtzeitig eines Besseren. “Ich brauchte es einfach, mich zu beschäftigen”, hob sie noch einmal an, merkte aber daran, wie er sich in dem spärlich möblierten Raum umschaute, dass er ihre wahren Motive durchschaute.
“Du schleppst unser Kind aus unserem schönen Haus in solch eine Bude!” Er klang außer sich.
“Wie? Es ist sauber hier und ordentlich!”, verteidigte Kendal sich. “Außerdem gedenke ich hier nicht lange zu bleiben.”
“Ach ja … Aber meinst du, du darfst zusammen mit einem anderen Mann
mein
Kind aufziehen?”
Ganz offensichtlich hatte er ihr Telefonat mit Tony mitgehört und den Inhalt missinterpretiert. Aber Jarrad jetzt alles erklären? Nein, dachte sie angesichts seiner heimlichen Geschichte mit Lauren. “Und wenn ich das doch vorhätte?”, provozierte sie ihn absichtlich.
Er baute sich frontal vor ihr auf. “Nur über meine Leiche!”
Trotz ihrer ranken zarten Gestalt neben seiner so kräftigen maskulinen Erscheinung hielt sie das Kinn herausfordernd nach oben. “Ich bin zum Kämpfen bereit, wenn es um mich und Matthew geht.”
“Du kleiner Dummkopf”, war alles, was er darauf erwiderte.
Ein kalter Schauder lief ihr den Rücken hinunter. “Nein – ein kleiner Dummkopf, genau das bin ich eben nicht mehr, Jarrad”, widersprach sie ihm trotzdem. Doch als sie an ihm vorbeihuschen wollte, hielt er sie mit einem gezielten Griff am Oberarm fest und zog sie mit einem Ruck zu sich herum, sodass sie ihm ins Gesicht blicken musste.
“Hast du schon mit ihm geschlafen?” Sein Ton klang nun so böse wie erbarmungslos.
“Das geht dich gar nichts an!”
Jarrad lachte, doch es war ein bitteres Lachen. “Nein? Ich muss dich wohl daran erinnern, dass du immer noch meine Ehefrau bist!”
“Ach, wirklich?” Sie sah ihn absichtlich ungläubig von der Seite her an. “Dich scheint die Ehe aber auch nicht gestört zu haben, als du dein Techtelmechtel mit Lauren begonnen hast!”
“Das ist deine Interpretation dessen, was sich zugetragen hat.” Noch immer hielt er Kendal mit düsterer und frustrierter Miene an den Armen fest. “Hast du denn gar nicht gesehen, dass ich meine sämtlichen Energien darauf verwandt habe zu versuchen,
dich
glücklich zu machen, Kendal?”
Ja, aber das war, bevor er Lauren interessanter fand … “Die Dinge ändern sich leider mit der Zeit”, antwortete sie spröde.
“Von wegen!” Gänzlich unverhofft presste er den Mund auf ihre Lippen.
Kendal entfuhr unkontrolliert ein lautes Stöhnen.
“Siehst du?”, murmelte er provokant gelassen. “Wir gehören zusammen, Kendal, egal, was du dir zusammenreimst.”
O herrje … Gerade hatte sie verraten, wie es um ihre wahren Gefühle stand.
Aus seinem Gesicht war ein Verlangen abzulesen und gleichzeitig Entschiedenheit. “Falls du mit diesem Typ und Matthew vor mir weglaufen wolltest – vergiss es! Außerdem kämest du früher oder später sowieso zu mir zurück, das weiß ich, Kendal … Und beim nächsten Mal, wenn ich hier erscheine, möchte ich meinen Sohn hier vorfinden.” Er klopfte mit einer Faust auf den Tisch. “Hier bei seiner Mutter, wo er hingehört – wenigstens bis auf Weiteres. Kommende Woche bin ich geschäftlich unterwegs, doch nächsten Freitag um vierzehn Uhr stehe ich wieder hier auf der Matte. Sieh zu, dass du dann anzutreffen bist, mit Matthew selbstverständlich. Ich habe vor, ihn dann zu mir mitzunehmen, und zwar so lange, wie ich das für angemessen halte. Und du wirst ebenfalls mitkommen!”
“Nein!” Panik überkam Kendal schon bei dem Gedanken an sein Ansinnen. Natürlich durfte er Matthew sehen, aber auf keinen Fall würde sie
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