Julia Extra Band 0258
kurze weiße Leinenhose und ihre bestickte Jacke.
„Worüber sprachen wir gerade?“, nahm sie den Faden wieder auf und ging weiter. Dabei humpelte sie etwas. Schließlich sollte der Wadenkrampf glaubhaft wirken.
„Vielleicht haben Sie sich eine Zerrung geholt“, meinte er besorgt. „Vielleicht sollte ich Sie tragen?“
„Nein“, sagte sie entschieden. „Mir geht es gut.“ Das hatte sie nun von ihrer Idee!
„Sie arbeiten auch, wenn Sie verletzt sind? Auch das ist im Preis inbegriffen?“, scherzte er. „Ich bringe Sie besser nach Hause.“
„Lassen Sie nur, Jake“, bat sie ihn und kam sich wie ein hilfloses Weibchen vor. Doch es kam noch schlimmer. Im nächsten Moment hatte er sie auf die Arme gehoben.
Sollte sie ihm erzählen, dass sie den Wadenkrampf nur vorgetäuscht hatte?
Aber nein, das wäre zu peinlich. Sie deutete auf den Schürfplatz, der vor ihnen lag und meinte: „Die Arbeiter warten doch schon auf uns. Bis wir da sind, ist alles wieder okay mit meinen Beinen.“
Wie konnte sie ihn nur dazu bringen, dass er sie wieder herunterließ? Ihr wollte partout nichts einfallen. Seine Nähe verwirrte sie immer mehr.
„Sind Sie sicher, dass Sie zur Mine gehen möchten?“, vergewisserte er sich.
Sein sorgenvoller Blick raubte ihr den Atem. Trotzdem sagte sie tapfer: „Alles in Ordnung. Ich will da hin.“
Sie wandte den Blick ab. Am liebsten hätte sie seinen Nacken gestreichelt, stattdessen kreuzte sie die Arme über ihrer Mappe. Für den Moment hatte sie ja wohl schon genug Körperkontakt zu ihm – wenn auch irgendwie unfreiwillig.
„Wie lief es denn mit dem Schachspiel gestern Abend?“, wechselte er schließlich das Thema.
Sie hob die Schultern und vermied es, ihn anzusehen. „Ich musste ihn dreimal schlagen, bevor er aufgab.“
„Sie nehmen mich nicht auf den Arm?“, fragte er lächelnd.
Gegen ihren Willen sah sie ihn nun doch an. Sein Lächeln war einfach unwiderstehlich. Sie musste es einfach erwidern. Dann sagte sie: „Er muss mich wohl mögen. Er warf mit den Figuren, passte aber auf, dass er mich dabei nicht traf.“
„Sie haben sich nach links weggeduckt?“
„Jedes Mal.“
Jake lachte herzhaft und ignorierte Susans Bitten, sie nun endlich wieder abzusetzen.
Doch so schnell gab sie nicht auf. „Sehen Sie mal, Jake“, sie wand sich und drückte mit dem Ellenbogen gegen seinen Brustkorb. „Der Krampf hat aufgehört. Es gibt keinen Grund, mich zu tragen.“ Sie zwang sich, ihm in die Augen zu sehen. Er sollte wissen, dass es ihr ernst war. „Das macht mich verlegen, lassen Sie mich bitte runter.“
Er blieb stehen und schien über ihre Forderung nachzudenken.
Der Schürfplatz lag direkt vor ihnen zwischen Felswänden in einer Senke. Die Arbeiter waren konzentriert dabei, das Gestein abzutragen und nach Smaragden zu suchen. Deshalb war sich Susan ziemlich sicher, dass es bisher niemandem aufgefallen war, dass Jake sie trug.
Trotzdem sagte sie zu ihm: „Wie würde es Ihnen gefallen, wenn ich Sie tragen würde und alle das sehen könnten?“
Er lachte erneut laut auf, und sie bekam Schmetterlinge im Bauch. Oh, wie sie das hasste!
„Das wäre doch mal was!“, meinte er.
„Es wäre Ihnen peinlich“, widersprach sie. „Und mir gehtes genauso.“
Seine Miene zeigte, dass er da irgendwo einen Unterschied sah, aber weil sie ernst blieb, stellte er sie endlich auf die Füße. „Ach, ich hätte mir gern mal die Reaktionen der Männer angeschaut, wenn Sie mich da den Berg zu ihnen hinuntertragen würden“, meinte er.
„Das stimmt nicht“, murmelte sie. „Niemand sieht gern wie ein Idiot aus.“
Sie machten mehrere Probebohrungen. Die Zeit flog nur so dahin, und Susan hatte wenig Gelegenheit, ständig an Jake zu denken. Wenn sie etwas Abstand zu ihm hielt und ihn nicht ständig direkt vor Augen hatte, konnte sie ihren Job zügig erledigen. Und dafür wurde sie schließlich bezahlt.
Gegen Mittag brachte die Küche Verpflegung für alle herbei. Zu Susans Erleichterung verschwand Jake für eine Weile in seinem Büro. So konnte sie sich eine Weile von seiner aufregenden Nähe erholen.
Susan kletterte auf eine Anhöhe und aß ein Thunfisch-Sandwich. Dabei schaute sie zu, wie die Wellen den Strand tief unter ihr wieder und wieder überspülten. Das war herrlich beruhigend. Schon bald fühlte sie sich herrlich erfrischt und geradezu heiter.
Sie trank ihre Cola aus und stieg den Felsen hinauf, von dem man eine wunderbare Aussicht auf das stattliche Herrenhaus
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