JULIA EXTRA BAND 0261
schließlich nur zu gut, wie solche Geschichten meistens ausgingen.
Wir müssen uns mal unterhalten, wenn ich zurückkomme, hatte Max gesagt. Was aber, wenn er gar nicht zurückkehrte?
„Trink doch erst etwas, Abby!“, bat Dorothy.
Automatisch griff Abby nach dem Glas Wasser. Sie war wie betäubt und merkte gar nicht, dass sie es leerte. „Was wollen die Terroristen denn?“, fragte sie verstört.
„Ja, was sie immer fordern.“ Dorothy seufzte. „Eine bessere Regierung. Das Ende der Tyrannei. Die Freilassung der politischen Gefangenen. Aber all das werden sie natürlich nicht dadurch erreichen, dass sie Geiseln nehmen. Denn das Militär wird irgendwann wieder Herr der Lage sein und dann einen neuen Präsidenten ausrufen, der zu ihrem Lager gehört. Schon geht alles wieder von vorn los.“
Abby fuhr sich über die trockenen Lippen. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. „Aber was wird nun aus Max?“, stammelte sie.
Dorothy seufzte. „Wie gesagt. Sie halten ihn fest. Er ist ihr Unterpfand – so wie auch schon einige andere Geiseln.“
Aber die westlichen Länder verhandeln doch nicht mit Terroristen!, dachte Abby voller Entsetzen. Das haben sie jedenfalls bisher nicht gemacht …
Sie schluckte. Nichts war mehr so, wie es noch vor wenigen Minuten gewesen war. Alles war verändert. Natürlich hatte sie oft genug im Fernsehen miterlebt, wie andere Familien in diese Situation geraten waren. Sie hatte das Schicksal der Geiseln und ihrer Angehörigen immer voller Mitleid verfolgt. Aber sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass das auch einmal dem Menschen passieren könnte, den sie liebte.
Wer rechnete auch schon damit, dass so etwas Furchtbares jemandem zustieß, der einem lieb und teuer war!
„Abby, Max lässt dir ausrichten, dass mit ihm alles okay ist. Er bat speziell darum, dass man dich informiert.“ Dorothy hockte sich vor Abby hin und nahm ihre Hand in ihre.
Abby sah sie verwundert an. „Ehrlich?“
Dorothy nickte. „Ja, so ist es. Du kannst es mir glauben.“
„Aber was ist mit Kate?“ Obwohl sie kaum klar denken konnte, kam ihr sofort die Frau in den Sinn, die anscheinend eine wichtige Rolle in Max’ Leben spielte.
„Kate?“ Ihre Patentante wirkte erstaunt. „Wer ist das? Ich weiß nichts von ihr. Er ließ nur dir ausrichten, dass es ihm gut geht.“
Na ja, vielleicht ging es ihm im Moment gut. Noch hatten die Terroristen ja auch keine Forderungen gestellt. Noch waren die nicht abgelehnt worden. Was dann passierte, wusste man doch nur zu gut. Dann brachten sie ihre Geiseln meistens um …
Oh Gott!, dachte Abby entsetzt.
Wie unwichtig waren dagegen die Missverständnisse zwischen ihnen. Sie hatte auch völlig vergessen, dass sie sich seiner Gefühle noch gar nicht sicher gewesen war. Jetzt ging es nur um Max und darum, dass er wohlbehalten zurückkehrte!
Und es ging um Kate.
So schlimm wie es für sie, Abby, war, dass Kate Mayhew eine wichtige Rolle in Max’ Leben spielte – es täte ihr doch leid, wenn die Frau erst aus den Nachrichten erfahren würde, in welcher Gefahr ihr Geliebter sich befand. Das würde sie nicht zulassen. Schließlich hatte Kate schon genug durchgemacht.
Jemand musste ihr also erzählen, dass Max in Schwierigkeiten steckte. Und das würde sie selbst sein.
„Entschuldigen Sie bitte, sagten Sie meiner Haushälterin nicht, dass Sie Annie Freeman heißen?“ Kate lächelte Abby freundlich an.
Die beiden Frauen standen im Salon von Kates Haus in London. Die Fensterfront zeigte zur Südseite, und der Raum war von goldenem Sonnenlicht durchflutet.
„Abby!“, korrigierte Abby sie.
Es war für sie sehr wichtig gewesen, jetzt mit einem Menschen zusammen zu sein, dem Max genauso am Herzen lag wie ihr selbst. Inzwischen war sie aber nicht mehr so sicher, ob daseine so gute Idee gewesen war, Kate zu besuchen. Ihr Haus war sehr gediegen und elegant. Überall hingen Fotografien von ihrer Familie. Viele zeigten auch ihren verstorbenen Ehemann Rory Mayhew.
Und es war auch nicht gerade hilfreich, dass Kate Mayhew umwerfend schön war.
Sie war schlank und groß und hatte glänzendes kastanienbraunes Haar. An der Seite ihres Mannes war sie bei öffentlichen Auftritten immer eine echte Attraktion gewesen. In den letzten zwei Jahren hatte sie sich dann aber völlig ins Privatleben zurückgezogen. Es kam Abby jetzt aber so vor, als wenn Kate in dieser Zeit noch attraktiver geworden war. Sie trug eine perfekt sitzende Designerjeans und ein T-Shirt. Die
Weitere Kostenlose Bücher