JULIA EXTRA BAND 0261
neue Frühjahrsgarderobe viele Kundinnen an. Zwei von ihnen erkannte Tina von ihrem gemeinsamen Abendessen bei Nics Freunden Eleni und Dimitri wieder. Nach langem Zögern und ausgiebiger Beratung mit ihrer Begleiterin entschied Toula sich für ein teures Ensemble.
„Sicher gewähren Sie mir einen Preisnachlass?“
Tina machte sich auf Verhandlungen gefasst. Sie nannte den üblichen Kundenrabatt. Toula runzelte die Stirn.
„Aber wir sind Freunde. Dreißig Prozent sollten da schon drin sein.“
Freunde? Wir haben uns einmal gesehen. „ Die Kombination stammt aus der neuesten Kollektion“, erklärte sie ruhig. „Es ist keine Ausverkaufsware.“
„Im Schlussverkauf würden Sie doch mindestens zwanzig Prozent nachlassen, oder?“
„Wenn die Sachen im Januar immer noch hier hängen, gebe ich Ihnen gern zwanzig Prozent darauf.“
„Nehmen wir an, es ist Januar, und Sie lassen sie mir für weniger als dreißig Prozent. Zwanzig für den Ausverkauf, zehn Prozent Freundschaftsrabatt.“
Tina lachte auf und schüttelte lächelnd den Kopf, währendsie die Kleidungsstücke vom Kassentresen nahm und wieder auf die Bügel hängte. „Sie sind gut, Toula.“ Aber nicht gut genug. „Doch es bleibt bei dem genannten Prozentsatz.“
„Das ist nicht Ihr Ernst!“ Toula beugte sich vor. „Ich könnte Ihnen eine Menge neuer Kundinnen verschaffen.“
Höchste Zeit für harte Fakten, natürlich mit der gebotenen Höflichkeit. „In dieser Boutique bin ich lediglich Geschäftsführerin“, sagte sie. „Die Besitzerin hat die Nachlassprozente festgelegt.“
„Dann gehe ich woanders hin.“
„Wie Sie wünschen. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass Ihre Wahl ein Designerstück ist, für das wir die Exklusivvertriebsrechte besitzen.“
Toula schürzte die Lippen. „Schön, ich werde es mir überlegen.“
„Soll ich die Sachen für Sie reservieren? Sagen wir, eine Stunde?“ Sie schaute auf ihre Armbanduhr und lächelte freundlich. „Wenn Sie bis drei nicht zurückkommen, hänge ich sie zurück.“
„Einverstanden.“
„Sie kommt wieder“, prophezeite Lily, als die beiden Frauen den Laden verließen.
„Vielleicht.“
„Das Ensemble hat ihr gefallen, es steht ihr hervorragend, und sie hat Geld … Also wird sie es kaufen.“ Lily lächelte verschmitzt. „Der Latte macchiato nach der Arbeit geht auf mich, falls ich mich täuschen sollte.“
„Abgemacht.“
Genau eine Minute nach drei rauschte Toula herein und zückte an der Kasse ihre Kreditkarte. „Sie sind mir eine ganz harte Nuss.“
Täuschte Tina sich, oder schwang unterschwellig Respekt mit? „Ich bin geschäftstüchtig“, korrigierte sie liebenswürdig. „Sicher haben Sie passende Schuhe und eine Handtasche zu diesem Outfit“, fügte sie hinzu und lenkte Toulas Aufmerksamkeit auf die ausgestellten Stücke. „Aber diese hier sind bezaubernd, finden Sie nicht?“
Toula begutachtete beides und traf eine schnelle Entscheidung. „Wenn Sie mir die Schuhe in meiner Größe besorgen können, nehme ich sie.“
„Erlauben Sie mir, telefonisch nachzufragen.“
Fünf Minuten später hatte sie die Schuhe reserviert, mit Toula eine zufriedene Kundin gewonnen, und sie schuldete Lily einen Milchkaffee.
„Nichts geplant für heute Abend?“, fragte Lily, als sie nach Geschäftsschluss an einem kleinen Tisch im nahe gelegenen Café saßen.
Tina konnte schlecht sagen, dass sie keine Ahnung hatte, oder? „Ein ruhiges Abendessen zu Hause.“
Lily klimperte mit den Wimpern. „Ein bisschen Wein, was Nettes zu essen … und dann früh ins Bett?“
Tina antwortete vage.
„Und morgen ist Sonntag.“ Die Freundin lächelte verschwörerisch. „Ihr könnt im Bett bleiben, so lange ihr wollt.“ Ein tiefer Seufzer folgte. „Ich wette, er ist großartig.“
Wahrscheinlich. Aber um das Thema musste sie einen Bogen machen.
Nicht auszudenken, wenn sie eingestehen müsste, dass Sex zu ihrer Ehe nicht dazugehörte. Noch schlimmer, dass sie das Kind von Nics Bruder unter dem Herzen trug.
Tina Matheson, nach strengen moralischen Grundsätzen erzogen, bezahlte einen hohen Preis für einen einzigen dummen Fehler …
Sicher gäbe es manche, die dagegenhalten würden, dass Nic mit seinem Aussehen, seinem Vermögen und seiner gesellschaftlichen Position nicht zu verachten war. Wo ist dein Problem?, hörte sie die Neider fragen.
Weil ich nicht ich selbst bin, weil ich nicht so sein will.
Die Kellnerin brachte ihre Gläser, und Tina nippte an der schaumigen
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