JULIA EXTRA BAND 0261
der Richtige zum Heiraten gewesen, denn keiner konnte ihm das Wasser reichen.
Nur eines hatte sie ihm nicht geglaubt.
„Liebe auf den ersten Blick. Als ich im Zweiten Weltkrieg in Italien war, haben Lucia und ich das erlebt. Sie war die richtige Frau für mich, und wir waren immer glücklich miteinander. Dieses Glück wünsche ich dir auch. Du wirst wissen, wann es so weit ist und du den Richtigen getroffen hast.“
Diese Möglichkeit wies Rachel weit von sich. Denn sie schien ihr nichts als romantischer Unsinn zu sein.
Trotzdem konnte sie nicht leugnen, dass Luc Chartier sie tief berührt hatte.
„Rachel? Bist du noch da?“
Ihr Großvater hatte sich von seinem Hustenanfall erholt.
„Wo sonst? Was hat Dr. Lloyd heute denn gesagt?“
„Seiner Meinung nach bin ich auf dem Weg der Besserung.“
„Prima! Dann kann ich mich ja aufs Geschäft konzentrieren, ohne mir Sorgen zu machen.“
„Du weißt, wie gern ich mitgekommen wäre!“
„Ich würde dir gern eine Flasche von deinem geliebten Châteauneuf-du-Pape mitbringen, aber leider darfst du ja keinen Alkohol mehr trinken. Deshalb nehme ich dir eine Schachtel Trüffel mit.“
„Wie lieb von dir! Wie lange wirst du noch unterwegs sein?“
„Noch eine Woche.“
„Hast du Vincent von mir gegrüßt, als du dir die Rolland-Weinberge in St. Emilion angeschaut hast?“
„Ja, natürlich. Er lässt dich herzlich grüßen und lädt dich ein, ihn zu besuchen, sobald es dir wieder besser geht.“
„Das ist schön.“
„Sein Vater lässt dich ebenfalls grüßen und will unbedingt wieder Schach mit dir spielen.“
„Ja, er liebt es zu gewinnen. Wo bist d…?“ Aber bevor er den Satz beenden konnte, schüttelte ihn wieder ein Hustenanfall.
„In Thann.“ Sie kam seiner nächsten Frage zuvor. „Ich habe Louis Delacroix noch nicht getroffen, das mache ich morgen. Jetzt solltest du nicht mehr so viel reden. Ich rufe dich morgen Abend wieder an.“
„Alles Liebe, Rachel. Gu…gute Nacht!“ Erneut hustete er laut.
Rachel legte den Hörer auf und ging nach unten.
Als sie aus der Eingangstür kam, wartete Monsieur Chartier bereits auf sie. Bei seinem Anblick vergaß sie die Sorgen um ihren Großvater.
Auch er hatte sich umgezogen und trug jetzt ein gelbes Sporthemd und enge Jeans, die seine langen Beine betonten.
Sie versuchte, ihn nicht zu sehr anzustarren. Trotzdem trafen sich ihre Blicke für einen Moment. Rachel kam sich plötzlich wie ein Teenager vor, der sich zum ersten Mal rettungslos verliebt hat.
Während sie an ihm vorbeiging, um ins Auto zu steigen, war sie sich seiner Nähe überdeutlich bewusst. Das missfiel ihr. Schließlich war er nur ein Geschäftspartner, nicht mehr. Bestimmt war es gut, sich immer wieder daran zu erinnern.
Als sie die Stadt hinter sich ließen, sagte sie: „Auf dem Weg zum Kloster bin ich an Ihrem Weinberg vorbeigefahren. Erwirkte viel größer als die anderen Weinberge zwischen Colmar und Thann.“
„Sie sind eine scharfe Beobachterin. Im gesamten Elsass gibt es knapp sechstausend Weinberge. Viertausend von ihnen sind nur fünf Hektar groß, manche sogar weniger.“
„So klein?“
Er nickte. „Als das Elsass nach der deutschen Besatzung wieder an Frankreich fiel, mussten wir unsere Weinindustrie ganz neu aufbauen. Mein Großvater ist damals von Dorf zu Dorf gezogen und hat mal hier, mal dort mehrere Hektar angelegt. Heute gehören uns insgesamt fünfhundert Hektar Land, die auf sieben Dörfer verteilt sind. Der Weinberg, den Sie gesehen haben, erstreckt sich über dreihundert Hektar, aber das ist die Ausnahme.“
Nun erreichten sie das Kloster, doch er fuhr daran vorbei und bog ein paar Minuten später links auf einen Feldweg, der durch den Weinberg führte.
Inzwischen hüllte die Dämmerung Thann in ihr warmes Licht. Rachel kurbelte das Fenster herunter. Sofort erfüllte eine warme Brise, die der sonnengetränkten Erde entströmte, das Innere des Wagens.
Ihr Gastgeber hielt den Wagen an und stellte den Motor ab.
„Von hier aus gehen wir zu Fuß.“
Weil sie jede zufällige Berührung vermeiden wollte, stieg Rachel aus, ohne sich von ihm helfen zu lassen. Denn schon jetzt nahm er unverhältnismäßig viel Platz in ihren Gedanken ein.
Stumm folgte sie ihm durch die Reihen von Reben, die alle in Blüte standen.
Luc Chartier war so groß wie ihr Vater und ihr Großvater, doch sein Gang hatte etwas Geschmeidiges. Tatsächlich wirkte es, als wäre er vollkommen eins mit der Natur.
Während sie noch
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