JULIA EXTRA BAND 0262
stützte ihn und warf Ricardo einen panischen Blick zu. „Was ist mit dir, Daddy?“
Sofort eilte Ricardo an die Seite des alten Mannes und sah, wie dieser blass wurde. „Wir müssen ihn auf das Sofa legen“, rief Ricardo und trug Gonzalo auf die weichen Kissen der Couch.
„Daddy, was ist los?“, rief Gabriella panisch und ergriff die Hand ihres Vaters.
Gonzalo schloss die Augen und atmete schwer. Dann bewegte er seine Lippen. „Versprich es mir!“, wisperte er mit schwacher Stimme. „Gib mir deine Hand!“, forderte er Ricardo im nächsten Augenblick auf.
Ricardo runzelte die Stirn, reichte dem alten Mann seine Hand und spürte, wie er sie auf Gabriellas legte. „Ich verlasse dich, Kleines“, flüsterte Gonzalo. „Ich möchte, dass ihr mir versprecht, innerhalb eines Monats zu heiraten.“
Erschrocken riss Gabriella die Augen auf und sah Ricardo an.
„Aber du kannst nicht gehen. Du kannst mich nicht allein lassen, Daddy“, rief sie, und Tränen der Angst liefen über ihre Wangen.
Sie hatten für ihre Entscheidung nur einen Sekundenbruchteil Zeit. Als Ricardo vom Vater zur Tochter sah, erkannte er die Qual in den Augen des alten Mannes und in denen des jungen Mädchens. Ihm wurde bewusst, dass er keine Wahl hatte.
„Ich verspreche es“, sagte er laut und deutlich.
„Meine liebste Kleine“, raunte Gonzalo und wurde von Sekunde zu Sekunde schwächer. „Antworte mir!“
„Ich … Daddy, lass mich nicht allein!“ Gabriella schluchzte.
„Versprich es mir, mein Liebling! Bitte!“
„Ich … ich verspreche es dir“, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme. Dann ließ sie ihren Kopf hängen.
Ricardo sah, wie Gonzalo seinen letzten Atemzug tat und seine Augen dabei schloss. Gabriella weinte hemmungslos, und ihr Gesicht war hinter ihren langen Haaren verborgen. Es vergingen mehrere Minuten, bis Ricardo Gabriella hochzog und sie schweigend in seinen Armen hielt. Er war sich dessen bewusst, dass er gerade das größte Versprechen seines Lebens gegeben und damit vielleicht auch den größten Fehler seines Lebens begangen hatte …
3. KAPITEL
„Wir können nicht heiraten“, sagte Gabriella nachdrücklich zum wiederholten Mal. „Das ist absurd. Wir standen unter Druck. So kann Daddy das nicht gewollt haben. Er war eben nicht mehr …“ Sie brach ab und drehte sich um.
Drei Wochen waren seit Gonzalos Beerdigung vergangen, und sie befanden sich in Ricardos Privatflugzeug auf dem Weg nach Maldoravien.
Mittlerweile war er seit einem Monat nicht mehr dort gewesen. Nun musste er entscheiden, wie es weitergehen sollte. Das war keine leichte Aufgabe, angesichts der Tatsache, dass Gabriella die letzten Wochen über kaum ansprechbar gewesen war. Sie hatte all ihre persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten ihm überlassen.
Einige Tage hatten sie in der Präsidentensuite des Copacabana Palace Hotels verbracht, und Ricardo war damit beschäftigt gewesen, sich in Gonzalos Sinn mit Rechtsanwälten und Treuhandverwaltern auseinanderzusetzen. Während dieser Besprechungen fand er heraus, dass er nach Gonzalos Testament an Gabriella gebunden war.
Der gerissene alte Mann hatte tatsächlich dafür gesorgt, dass sein Wille erfüllt wurde! Gabriella bekam in ihrer Trauer kaum etwas davon mit, was um sie herum geschah. Sie tat Ricardo unendlich leid, und er machte sich auch ernsthafte Sorgen um sie. Ihr Leben hatte sich im Handumdrehen verändert, und das war für niemanden einfach. Zudem war ihm aufgefallen, dass sie abgenommen hatte, und er fragte sich ständig, wie er sie dazu bringen konnte, mehr als nur ein paar Blätter Salat zu essen.
„Gabriella, ob es dir gefällt oder nicht: Wir haben einem Mann, der im Sterben lag, ein Versprechen gegeben. Wir müssen zu unserem Wort stehen.“
„Das war eine emotionale Erpressung“, widersprach sie heftig und verschränkte ihre Arme. „Das war weder dir noch mir gegenüber fair.“
„Trotzdem, ich wäre kein Ehrenmann, wenn ich nicht mein Wort halten würde“, setzte Ricardo seufzend dagegen. Während der letzten Tage hatten sie diese Diskussion schon oft geführt.
„Das ist doch Blödsinn, und das weißt du auch. Du könntest dich genauso gut um meinen weiteren Lebensweg kümmern, wenn du es darauf beruhen ließest.“
„Lies dir das Testament doch durch!“, erinnerte er sie. „Du erhältst nichts – keinen Unterhalt oder irgendeinen Teil deines Erbes – bis unsere Hochzeit vollzogen ist. Warum machst du es dir nicht leichter? Ist
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