JULIA EXTRA BAND 0262
eine Ehe mit mir tatsächlich ein so grauenhafter Gedanke für dich?“ Er hob eine Augenbraue, und ein amüsiertes Flackern durchzog seinen Blick.
„Es geht nicht um dich“, widersprach sie. „Ich möchte überhaupt niemanden heiraten. Jedenfalls noch nicht. Ich bin erst neunzehn. Ich will leben und nicht von einem Ehemann eingesperrt werden.“
Trotz ihrer wenig schmeichelhaften Worte hatte Ricardo Mitleid mit ihr. Während der letzten Zeit hatte er sich oft gewünscht, Gonzalos Tod hätte nicht so plötzlich ihrer beider Leben auf den Kopf gestellt. Aber es war geschehen, und jetzt gab es kein Zurück mehr.
„Ich kann dich gut verstehen“, beruhigte er sie. „Aber das ändert nichts an unserer Verpflichtung, Gabriella. Ich habe mein Wort gegeben und du ebenfalls. Außerdem gibt es Verfügungen im Testament deines Vaters, die uns binden. Was nach der Eheschließung geschieht, ist eine andere Geschichte.“
„Wie meinst du das?“, fragte sie verwundert.
„Nun, ich meine, wir können nach unserer Hochzeit Arrangements treffen, die uns ermöglichen, miteinander zu leben, ohne dass … wie soll ich mich ausdrücken?“ Schon jetzt bereute er seine Worte. „Ohne dass wir einander zur Last fallen müssen.“
„Vielleicht könntest du das etwas genauer erklären“, hakte sie nach, und ihre Augen wurden schmal. „Ich verstehe dich nicht so ganz.“
„Ist jetzt auch nicht so wichtig. Ich hoffe, ich kann dich dennoch glücklich machen“, setzte er schnell hinzu.
„Nein, das kannst du nicht.“ Sie schüttelte vehement den Kopf und lehnte sich mit blitzenden Augen nach vorn. „Ich weiß genau, was du willst. Ich habe es hundert Mal bei den Freunden meines Vaters gesehen. Du willst mich heiraten und mir eine Kinderschar anhängen. Und wenn ich dann in deinem blöden Palast sitze und deinen Nachwuchs großziehe, amüsierst du dich mit deinen sexy Bikinimädchen. Hältst du mich für vollkommen naiv?“ Sie stand auf und warf ihre Haare zurück. „Meinst du, ich weiß nicht, wie Männer deines Schlags ihr Leben fristen? Ich habe Neuigkeiten für Sie, Eure Hoheit. Ich werde mich keinem Arrangement fügen, das du oder mein Vater für mich entworfen habt. Ich habe andere Pläne für mein Leben, und ganz bestimmt will ich keine Zuchtstute werden.“
„Das habe ich auch nie gesagt“, verteidigte sich Ricardo. Er hatte zwar mit Widerstand gerechnet, aber nicht mit einem derartigen Wutausbruch.
„Du hast es aber angedeutet.“
„Nein, auch das nicht“, entgegnete er beherrscht und presste dabei die Zähne aufeinander. „Ich nehme nur die Institution Ehe sehr ernst. Und ich will auch keine unwillige Braut heiraten.“
„Dann heirate mich nicht“, sagte sie schlicht. „So einfach ist das.“
„Ich bin aber von nun an für dich verantwortlich. Den Treuhändern des Erbes habe ich versichert, dass wir wie geplant heiraten werden. Glaube mir“, fuhr er eilig fort. „Ich will diese Zwangsehe genauso wenig wie du.“
„Danke.“ Missmutig setzte sie sich wieder hin und verschränkte die Arme. Dann starrte sie stumm aus dem Fenster hinaus.
„Gabriella, stell meine Geduld bitte nicht weiter auf die Probe! In den letzten Wochen habe ich versucht, dir so viel Trost wie nur möglich zu geben. Aber ganz ehrlich, du benimmst dich unmöglich. Warum versuchen wir nicht einfach, das Beste aus der Situation zu machen? Wir werden das schon hinbekommen.“
„Ach, denkst du das wirklich?“ Ihre Unterlippe zitterte leicht. „Ich habe den wichtigsten Menschen meines Lebens verloren. Ohne meinen Vater wird nichts mehr so sein wie früher. Aber das kannst du vermutlich nicht nachvollziehen.“
„Natürlich kann ich das“, antwortete Ricardo etwas sanfter und nahm ihre Hand. „Mir ist klar, dass dir das Leben momentan unberechenbar und furchtbar vorkommt. Aber gemeinsam könnten wir die Situation in den Griff bekommen. Immerhin ist dies eine Zweckehe, und ich erwarte nicht mehr von dir, als du zu geben bereit bist. Aber du musst dich dem fügen, was wir beide versprochen haben.“
Gabriella zuckte die Achseln, schluckte schwer und sah auf ihre Hand hinunter, die in seiner lag. Ein Kribbeln kroch ihren Arm hinauf, und sie versuchte standhaft, das ungewohnte Gefühl in ihrer Magengegend zu ignorieren.
Wie kann ich ihm sagen, dass eine Ehe mit ihm unter diesen Umständen die Hölle wäre?, dachte sie verzweifelt. Schließlich heiratete er sie nur, weil er einem sterbenden Mann sein Ehrenwort gegeben hatte.
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