JULIA EXTRA BAND 0262
…“ Sie schluckte und wandte sich ab. Doch dann hob sie ihr Kinn und zuckte mit den Achseln.
„Es ist nicht meine Art, jungen Frauen die Unschuld zu rauben“, sagte er sarkastisch und ließ seine Arme fallen. Eilig schwamm er zum Ufer des Sees und stieg aus dem Wasser. Dann zog er sich an und sprang auf sein Pferd. „Wenn du in dieser Weise mit Männern spielst, kann ich dir nur den Rat geben, etwas vorsichtiger zu sein. Eines Tages könnte dir einer über den Weg laufen, der sich nicht so sehr unter Kontrolle hat wie ich.“ Mit diesen Worten drehte er sein Pferd um und ließ Gabriella allein im Wasser stehen.
Sie atmete ein paar Mal tief durch und geriet dabei ins Stocken. Heiße Tränen der Verzweiflung strömten über ihr Gesicht.
Was habe ich mir nur dabei gedacht?, wütete sie innerlich. Es war alles so verworren. Ihr Vater wollte sie unbedingt verheiraten und damit verhindern, dass sie zum Modeln nach London zog, was sie eigentlich vorhatte. Ihr Leben war ein einziges Chaos. Und jetzt stellte sich auch noch heraus, dass der Mann, den sie eigentlich verabscheuen wollte, der bezauberndste und interessanteste Mann war, den sie sich vorstellen konnte. Das war einfach nicht fair!
Einige Minuten lang saß sie noch am Ufer und zog sich dann mit zitternden Händen an. Dabei fragte sie sich ununterbrochen, wie sie sich nur ausziehen und all dies hatte zulassen können … Mit hochrotem Gesicht schloss sie die Augen und stellte sich vor, was Ricardo nun für einen Eindruck von ihr haben musste. Vermutlich hielt er sie für einen leichten Fang oder zumindest für ein aufdringliches Flittchen. Ob er ihr überhaupt glaubte, dass sie noch Jungfrau war?
Wie in Zeitlupe stand sie auf und pfiff nach ihrer Stute Belleza. Dann warf sie ihre übrigen Kleider über den Pferderücken und schwang sich in den Sattel.
Wahrscheinlich ist Ricardo mittlerweile zu Hause, überlegte sie. Was würde er tun? Würde er ihrem Vater alles erzählen? Bestimmt nicht! Aber wie sollte sie ihm beim Abendessen gegenübertreten? Ihr war alles so unbeschreiblich peinlich. Und das Schlimmste an der Sache war: Es war ihre eigene Schuld.
Ricardo war klar, dass er unmöglich in der gleichen Nacht noch verschwinden konnte. Aber am nächsten Morgen wollte er sich eine Entschuldigung einfallen lassen und augenblicklich abreisen. Die ganze Situation war aus den Fugen geraten. Ihm hätte klar sein müssen, dass hier ein Kind mit dem Feuer gespielt hatte. Und er machte seine eigene Leidenschaft für das verantwortlich, was geschehen war. Sie wusste doch nicht, was sie tat.
Leider war es für ihn unmöglich, ihre natürliche, leidenschaftliche Wirkung auf ihn zu vergessen. Diese heiße, charismatische Anziehung, die zwischen ihnen bestand … Während er duschte, bemühte sich Ricardo darum, seine Fassung wiederzuerlangen. Es war nur eine rein körperliche Angelegenheit, das sagte er sich immer wieder, als er sich für das Abendessen ankleidete.
Gabriella wählte ihre Garderobe sehr sorgfältig. Sie entschied sich für ein blassblaues Chiffonkleid, das sie in Mailand gekauft hatte, und hochhackige Satinsandalen. Anstatt ihre Haare diesmal offen zu lassen, band sie sich einen festen Pferdeschwanz, der sie eher elegant als sexy aussehen ließ. An ihren Ohrläppchen funkelten Diamanten.
Ricardo erhob sich, als sie den Raum betrat. Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu und hatte insgeheim Angst vor seiner Reaktion. Doch zu ihrer Überraschung verhielt er sich, als hätte es den heutigen Nachmittag niemals gegeben. Gabriella empfand unwillkürlich Erleichterung und Dankbarkeit. Seufzend setzte sie sich neben ihren Vater, nahm seine Hand in ihre und umarmte ihn dann. An seiner Seite fühlte sie sich sicher; er würde sie beschützen, was immer auch geschah.
„Also, Liebes“, sagte er gütig und tätschelte ihre Wange. „Hattet ihr beide einen netten Nachmittag?“
„Ja, sehr nett, danke“, entgegnete sie zurückhaltend.
Ricardo beobachtete sie und unterdrückte ein Grinsen. Ihr törichtes Verhalten war vergessen, und er konnte es nur noch als Selbstüberschätzung abtun. Offenbar hatte sie keine Ahnung davon, wie sexy sie eigentlich war. Gabriella tat ihm fast leid, als sie sich so Hilfe suchend an ihren Vater schmiegte. Trotz ihres Outfits und ihrer eher strengen Frisur wirkte sie ausgesprochen jung.
Das Abendessen wurde angekündigt, und alle erhoben sich. Doch plötzlich stockte Gonzalo und griff sich an die Brust.
„Daddy?“ Gabriella
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