JULIA EXTRA BAND 0262
Mietwagen zu flüchten, den ihr Fahrer vor dem Terminal geparkt hatte.
„Wo soll ich Sie nun hinfahren?“, erkundigte sich der Fahrer, nachdem sie die Journalisten abgehängt hatten.
„Wohin?“, wiederholte sie und dachte fieberhaft nach. Sie könnte zu ihrer früheren Internatsleiterin Madame Delorme in die Schweiz fahren. Die Fahrt dauerte nur wenige Stunden, und dort würde sie bestimmt niemand vermuten!
„Keine Spur von ihr“, verkündete Ricardo am Nachmittag, doch Wilhelm zeigte hastig auf den Fernseher.
„Sieh mal, dort ist sie auf dem Flughafen in München“, rief er. „Aber dann steigt sie wieder in ihr Auto.“
„Wir müssen diesen Wagen umgehend ausfindig machen. Es ist alles so furchtbar“, stöhnte Ricardo. „Ich mag mir gar nicht vorstellen, was sie durchmachen muss und was sie jetzt denkt.“
„Das Schlimmste“, sagte Wilhelm kühl.
„Allerdings“, stimmte Constanza zu. „Und du bist im Moment wohl der letzte Mensch, den sie sehen will.“
„Das ist mir klar“, erwiderte Ricardo grimmig. „Ich will nur wissen, wo sie ist und wie ich sie dazu bringen kann, mir zuzuhören.“
„Beides wird nicht einfach werden.“ Constanza betrachtete ihren Bruder abschätzend. „Hast du versucht, sie mobil zu erreichen?“
„Etwa fünfzig Millionen Mal.“
Wilhelm reichte ihm einen Drink und legte eine Hand auf Ricardos Schulter. „Keine Sorge, mein Lieber! Wir werden sie schon finden.“
Es war ein seltsames Gefühl, in die Internatsmauern zurückzukehren, die sie vor nicht allzu langer Zeit mit einem erstklassigen Abschluss in der Tasche verlassen hatte. Aber Madame Delorme, eine elegante, ältere Frau mit grauer Hochsteckfrisur, nahm sie warmherzig und verständnisvoll auf, ohne allzu viele Fragen zu stellen.
Doch als sie später am Tag gemeinsam Tee tranken, klärte Gabriella die ältere Dame über den wahren Grund ihres Besuchs auf. Dabei verlor sie ihre angestrengt aufrechterhaltene Fassung und sah zum Schrecken von Madame Delorme noch elender aus als schon bei ihrer Ankunft.
„Nun beruhige dich, mein liebes Kind!“, tröstete sie beschwichtigend. „Du sagst also, dein Mann hat eine andere Frau geküsst, und das Foto ist überall in der Presse auf den Titelseiten?“
„Genau.“ Gabriella sammelte sich langsam. „Deshalb konnte ich einfach nicht bleiben, Madame. Eigentlich wollte ich nach Brasilien zurück, aber aus bestimmten Gründen kann ich im Augenblick keine so lange Reise auf mich nehmen.“
„Du kannst natürlich so lange hierbleiben, wie du willst“, versicherte die Internatsleiterin und drückte Gabriellas Hände. „Ich gebe dir ein freies Zimmer. Aber wie soll es dann für dich weitergehen?“
„Ich denke, wir werden uns trennen und in zwei Jahren eine Scheidung beantragen. Nur …“
„Nur was, mein Kind? Bitte vertrau mir und erzähle mir die ganze Wahrheit! Dir wird es danach mit Sicherheit besser gehen, und zudem können wir gemeinsam nach einer vernünftigen Lösung suchen.“
Nach kurzem Zögern vertraute Gabriella der älteren Dame an, dass sie ein Kind erwartete, und fühlte sich danach tatsächlich ein wenig erleichtert.
„Bist du denn sicher, dass er diese andere Frau liebt?“, fragte Madame Delorme mitfühlend.
„Ja, ich habe die beiden zusammen gesehen. Sie gehen sehr vertraut miteinander um. Man weiß es einfach.“
„Ich verstehe. Das ist wirklich ein Problem. Hast du ihm von dem Kind erzählt?“
„Nein.“ Gabriella schüttelte heftig den Kopf. „Kein Sterbenswort. Sicherlich würde er sich aufopfernd um mich kümmern, aber das ist nicht das, was ich von ihm will.“ Sie wandte sich ab und unterdrückte ein Schluchzen.
„Gabriella, darf ich dir eine ganz persönliche Frage stellen? Liebst du deinen Ehemann?“
Einen Moment lang hielt Gabriella die Luft an. Dann hob sie den Kopf und sah der anderen Frau direkt in die Augen. „Ja“, antwortete sie wahrheitsgemäß. „Ja, das tue ich. Vermutlich klingt das verrückt, nachdem wir nur aus Zwang Hals über Kopf geheiratet haben, aber ich liebe ihn sehr. Deshalb muss ich ihn verlassen, sonst würde ich uns beiden das Leben zur Hölle machen.“
Als Madame Delorme eine Stunde später allein in ihrem Arbeitszimmer saß, dachte sie über Gabriellas Schicksal nach. Sie wusste, dass sie über den Kopf ihrer ehemaligen Schülerin hinweg eine Entscheidung treffen musste. Zögerlich nahm sie ihr Telefonregister zur Hand und rief ihre alte Freundin Gräfin Elizabetta an.
„Bist du
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