JULIA EXTRA BAND 0262
antwortete, wusste sie, dass es nur Lysander sein konnte. Vielleicht hätte sie doch lieber warten und gleich mit ihm reden sollen, als so feige wegzulaufen. Dann könnte sie längst ihre Ruhe haben. Das Schlimme war nur, dass sie sich wieder von ihrer Angst bestimmen ließ. Eleni hatte einfach nicht nachgedacht, sondern panisch reagiert, was sie jetzt schon wieder bereute.
„Hier ist Lysander. Mach bitte die Tür auf, Eleni. Ich möchte mit dir reden.“
Ich könnte mich noch einmal mit Migräne entschuldigen, schoss es ihr durch den Sinn, doch sie verwarf den Gedanken gleich wieder. Das war auch keine Lösung, sondern nur ein Aufschub.
„Einen Moment.“
Eleni schwang die Beine über die Bettkante und erschauerte wohlig wegen des luxuriösen Gefühls, das der kühle Marmorboden unter ihren nackten Füßen ihr immer wieder vermittelte. Die Luft im Zimmer war stickig – kein Wunder, da die Wirtin Eleni nachdrücklich ihre Einstellung zu diesen monströsen, modernen Klimaanlagen dargelegt hatte, die historische Gebäude nur aufs Schlimmste verschandelten.
„Warum hast du nicht auf mich gewartet?“, begrüßte Lysander sie. „Hast du wirklich Kopfschmerzen?“ Eleni nickte schwach, ohne ihm eine direkte Antwort zu geben, dann schloss sie die Tür hinter ihm.
Nur unvollkommen gelang es ihm, seine Verstimmung darüber zu verbergen, dass er hoffnungsvoll in dem kleinen Restaurant auftauchte, nur um von einem dreisten Kellner erklärt zu bekommen, dass seine Ladyfreundin sich entschuldigen lasse und mit Kopfschmerzen in ihrem Hotel liege, während ihm der Blick des jungen Mannes überdeutlich sagte: Was hast du ihr angetan, du Schuft!
Lysander war gleich davon überzeugt gewesen, dass Eleni die Kopfschmerzen nur vorschützte, aber warum? Wenn sie ihre Meinung bezüglich des Abends geändert hatte, brauchte sie es ihm doch einfach nur zu sagen.
Gut, allein dieser Gedanke hatte ihn natürlich auch frustriert und seinem Ego einen ordentlichen Hieb versetzt, aber er war ein Mann von Welt und konnte damit umgehen.
„Tut mir leid, dass es hier drin so heiß ist, aber die Hotelbesitzerin hält nicht viel von Klimaanlagen“, murmelte Eleni mit einem nervösen Lächeln und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
Angesichts dieser unbewusst erotischen Geste stockte Lysander fast der Atem, und sein Groll schmolz wie Schnee in der Sonne. Nie zuvor in seinem Leben war er so spontan erregt gewesen.
„Und es tut mir auch leid, dass ich nicht im Restaurant auf dich gewartet habe. Das war sehr unhöflich. Normalerweise bin ich nicht so. Aber … die Wahrheit ist, ich hatte plötzlich das Gefühl, mich in eine Situation zu manövrieren, die mich überfordert. Weiß du, ich bin hierhergekommen, um mein Leben zu ordnen und über meine Zukunft nachzudenken. Doch wenn ich mit dir zusammen bin, scheint das alles nicht mehr zu zählen. Das ist kein Vorwurf an dich!“, fügte sie rasch hinzu. „Ich denke nur, ich sollte für eine Weile meine eigenen Wege gehen. Es ist sehr schön und interessant, die Zeit mit dir zu verbringen, aber …“
Als sie Lysanders forschenden Blick bemerkte, versagte ihre Stimme. Er sah aber auch unverschämt gut aus in den eleganten schwarzen Hosen und dem blütenweißen Hemd. Wie sollte sie dabei ihre fünf Sinne zusammenhalten können?
In Eleni breitete sich eine Sehnsucht aus, wie sie sie noch nie zuvor empfunden hatte. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Machte sie gerade den größten Fehler ihres Lebens? Würde sie es später nicht doch bereuen?
Sie sah, wie Lysander nickte, als sei ihm plötzlich etwas klar geworden. Dann lächelte er. Er spielte definitiv nicht fair!
„Zunächst, hier fehlt auf jeden Fall eine leistungsfähige Klimaanlage … vielleicht sollte ich mal mit der Hotelmanagerin reden. Zweitens ist es keine gute Idee, allein zu sein, wenn einem Gedanken durch den Kopf gehen, die offensichtlich sehr belastend sind. Manchmal hilft es, zu reden. Ich denke, du solltest mit mir nach Hause kommen, damit ich dich ein wenig verwöhnen kann. Dort ist es auch kühler und komfortabler, was jegliche Konversation, besonders über unser Verhältnis zueinander, viel einfacher macht. Ja?“
Eleni war davon überzeugt, dass sein lakonisches Ja am Ende seiner wohlgesetzten Rede so etwas wie die Vorgabe der von ihr erwarteten Antwort sein sollte. Doch mit der schlichten Arroganz seines Monologs hatte Lysander genau den falschen Knopf bei ihr gedrückt. Zu sehr
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