JULIA EXTRA BAND 0263
junge Mann hatte etwas an sich, das die Luft zum Prickeln brachte. Sie zwang sich dazu, in die Wirklichkeit zurückzukehren.
Neben ihm saß ein großer Mann mittleren Alters namens John Bridge, der unablässig auf seine Uhr sah und missbilligende Geräuschevon sich gab. Und neben diesem sah Jane zu ihrer Bestürzung Mrs. Callam sitzen, eine ältere Witwe, die von einer Rente lebte, die täglich weniger wert war. Sie vertraute in rührender Weise darauf, dass Jane alle ihre Probleme lösen konnte.
Offensichtlich standen die Dinge heute noch schlechter als sonst, denn Mrs. Callam sprang auf, hielt Jane am Arm fest und begann, ihre Sorgen herauszusprudeln. Mr. Bridge bemerkte sofort bissig: „Sie vergessen wohl, dass wir uns hier in einer Schlange befinden!“
„Oje“, jammerte Mrs. Callam. „Es tut mir leid, aber sehen Sie …“
„Ich hasse Leute, die sich vordrängeln.“ Mr. Bridge hatte eine laute, misstönende Stimme und eine mürrische Art, mit der er die Leute gegen sich aufbrachte, auch wenn er tatsächlich im Recht war.
„Ich sehe hier niemanden, der sich vordrängelt“, bemerkte der dunkelhaarige Mann sanft.
„Ich war an der Spitze der Schlange und habe der Dame angeboten, die Plätze zu tauschen. So, sehen Sie?“ Er erhob sich und ging zu dem Sitz auf der anderen Seite von John Bridge, den die alte Dame gerade verlassen hatte. Er lächelte Mrs. Callam freundlich zu. „Alles in Ordnung.“
„Oh, vielen, vielen Dank“, sagte sie weinerlich. Sie umklammerte Janes Arm noch fester und begann, drauflos zu reden. „Es tut mir so leid – ich hatte nicht vor zu überziehen, und als ich dann die Gebühren sah …“ Sie war den Tränen nahe.
„Nun ja, wir müssen eine Rücküberweisungsgebühr erheben, wenn eine Zahlung nicht ausgeführt werden kann“, erklärte Jane freundlich. „Aber für eine so langjährige und geschätzte Kundin wie Sie … Harry, könnten Sie bitte kurz herkommen? … Harry regelt das für Sie, Mrs. Callam.“
„Oh, danke vielmals …“ Daraufhin folgte sie Harry zum Schalter.
Jane drehte sich um und stellte fest, dass der Mann mit den Locken sie mit einem kleinen Lächeln ansah. Er lächelte nicht nur mit den Lippen, sondern auch mit den Augen, die von einem unglaublichen Dunkelblau waren.
„Wollen Sie mich noch länger warten lassen?“, erkundigte sich John Bridge.
„Bitte, Sie dürfen jetzt hereinkommen, Mr. Bridge“, erwiderteJane kühl. „Obwohl ich wirklich nichts für Sie tun kann, wie ich Ihnen schon in meinem Brief erklärt habe.“
Es folgte eine zähe Viertelstunde, in der John Bridge versuchte, sie dazu zu überreden, seinen Überziehungskredit zu erhöhen, der ohnehin schon höher war, als er es verkraften konnte. Sein Scheitern ließ ihn wütend und ausfällig werden.
„Ich werde an die Zentrale schreiben und mich über Sie beschweren“, zischte er, als Jane ihn zur Tür begleitete.
„Das ist sicher eine gute Idee“, stimmte sie gelassen zu. „Guten Tag, Mr. Bridge.“ Sie lächelte dem mysteriösen Fremden zu. „Ich bin gleich für Sie da.“
„Keine Eile“, erwiderte er gutmütig. „Ich bin vollkommen zufrieden.“ Er deutete auf Mrs. Callam, die wieder neben ihm saß und nun erheblich munterer wirkte als vorher.
Bevor sie ihn hereinbat, erledigte sie noch schnell einen Anruf. „Mr. Grant, bitte“, sagte sie. „Kenneth? Ich habe deine Nachricht bekommen.“
Kenneth Grant war ein Geschäftsmann, mit dem sie in letzter Zeit öfter ausgegangen war.
„Ich wollte mich nur noch einmal vergewissern, dass es bei unserer Verabredung für heute Abend bleibt. Ich habe einen Tisch in deinem Lieblingsrestaurant bestellt.“
„Mm, ich freue mich schon darauf.“
„Dann hole ich dich um sieben ab.“
„Ich werde pünktlich fertig sein.“
„Ich weiß. Das gehört zu deinen sympathischsten Eigenschaften, Liebling. Du lässt mich nie warten.“
Sie lachte leise in sich hinein. „Ich hoffe, das war ein Scherz.“
„Nein, bestimmt nicht. Du bist immer pünktlich.“
„Ja, aber … was ich meinte …“ Sie gab auf. Sie hatte Kenneth sehr gern, aber er konnte manchmal etwas schwerfällig sein. Es würde ihm gar nicht in den Sinn kommen, dass man das Herz einer Frau nicht unbedingt dadurch eroberte, dass man ihre Pünktlichkeit lobte. Mit einem ironischen Lächeln beendete sie das Gespräch.
Jane öffnete die Tür und lächelte dem jungen Mann zu. „Jetzt können Sie hereinkommen.“
Er stand auf, trat in ihr Büro und setzte
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