JULIA EXTRA BAND 0263
entgegen allem, was sie behaupten mochte, der engste Freund, den sie jemals gehabt hatte. In letzter Zeit musste sie oft an ihn denken. Etwas an Anna und Gianni brachte Erinnerungen an ihn zurück.
Sie träumte auch wieder öfter … erotische Träume, in denen sie noch einmal die Gefühle durchlebte, die sie in jener schicksalhaften Nacht vor sechs Jahren in seinen Armen empfunden hatte.
Es war schwer genug gewesen, ihn an Liana zu verlieren und lernen zu müssen, ohne ihn zu leben. Maggie verstand nicht, warum das alles jetzt wieder aufgerührt wurde, und ihr behagte es noch weniger, diesen Kummer noch einmal durchmachen zu müssen.
Entschlossen, nicht mehr an die Vergangenheit und den damaligen Schmerz zu denken, versuchte sie sich auf den Bildschirm zu konzentrieren. Doch selbst die Hollywoodromanze schaffte es dieses Mal nicht, ihre Gedanken aus der Vergangenheit zurückzuholen …
Nervös strich Maggie sich den Rock glatt. Die Anzeige hatte um informelle Kleidung für das Interview gebeten, dennoch wollte sie einen guten ersten Eindruck machen.
Also hatte sie ihr langes blondes Haar zu einem Knoten aufgesteckt, in der Hoffnung, so ein wenig älter auszusehen als ihre zarten achtzehn Jahre. Sie trug eine weiße Bluse zu einem knielangen Rock und hatte das einzige Paar schlichte Pumps, das sie besaß, auf Hochglanz poliert. Auf Make-up hatte sie verzichtet. Den Lippenstift hätte sie sich doch nur nervös abgekaut.
Sie brauchte diesen Job. Das Gehalt war zwar nicht königlich, aber da Unterkunft und Verpflegung gestellt wurden, würdedas Geld ausreichen, um ihr Studium zu finanzieren.
Sie klingelte und trat hastig einen Schritt zurück, als die Tür fast sofort aufgezogen wurde. Der Mann, der dort stand, war wesentlich jünger als erwartet, um genau zu sein, er konnte nicht viel älter sein als sie. Schwarze Locken und blaue Augen, dazu ein Gesicht und eine Statur wie von Michelangelo erschaffen.
„Es muss sich wohl um ein Missverständnis handeln. Ich muss an der falschen Adresse sein.“ Sie riss den Blick von diesem umwerfenden Mann los und sah die Straße hinunter zu den anderen Häusern.
„Sind Sie hier wegen der Haushälterinnenposition?“ Die tiefe Stimme schickte ihren Magen auf eine Achterbahnfahrt.
„Äh … ja.“
Er musterte sie von Kopf bis Fuß. „Ich hatte gedacht, Sie wären älter.“
„Ja, ich auch.“
„Sie dachten, Sie seien älter?“ Ein amüsiertes Funkeln trat in die blauen Augen.
„Nein, ich dachte, Sie seien älter.“
Er trat beiseite, um sie einzulassen. „Dann sind wir wohl beide überrascht worden.“
„Scheint so.“
„Ich bin Tom Prince. Sie müssen Maggie Thomson sein.“
„Richtig. Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Prince.“
„Tom, bitte.“
„Nun gut.“ Sie folgte ihm ins Wohnzimmer und nahm ihm gegenüber auf dem Sofa Platz.
„Sie haben Erfahrung im Haushalt?“
Wenn sie an all die Jahre dachte, in denen sie den Haushalt und die Kinder ihrer kränkelnden Pflegemutter versorgt hatte, konnte sie nur nicken. „Ja, sehr viel sogar.“ Da ihr klar wurde, dass das als Antwort kaum reichte, beschrieb sie ihre Pflichten.
Tom runzelte die Stirn. „Sie haben sich um das Haus, die Kinder und Ihre Pflegemutter gekümmert, während Sie noch einem Nebenjob nachgegangen sind?“
„Ich bin gut darin, mehrere Sachen auf einmal zu organisieren.“ Das sprach doch sicherlich für sie.
„Und jetzt, mit achtzehn, sind Sie ausgezogen?“
„Mit achtzehn fällt man aus dem Pflegesystem heraus. Helen erhält keine Zuwendungen mehr für mich. Ich musste gehen,damit sie ein anderes Pflegekind aufnehmen kann.“
Es tat weh zu erfahren, dass Maggie für ihre Pflegemutter nicht mehr als eine Einkommensquelle war, nach allem, was sie für sie getan hatte. Das sagte sie Tom allerdings nicht.
Doch er war empfindsam genug, um auch zwischen den Zeilen zu lesen. Dennoch fragte er nur: „Das geringe Gehalt schreckt Sie nicht ab?“
„Nein. Um ehrlich zu sein, es wäre ein Geschenk des Himmels. Mein Stipendium reicht nicht für die Lebenshaltungskosten.“
„Sie erhalten ein Stipendium für Ihre Universitätsausbildung? Das bekommen nur die Besten.“
Maggie zuckte unbeteiligt die Schultern. Ihre Intelligenz hatte sie immer als gegeben angenommen. Wäre sie nicht fähiger als andere, hätte sie schon auf der Highschool versagt, einfach, weil ihr bei all den anderen Pflichten keine Zeit geblieben war, um zu lernen.
„Was ist Ihr
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