JULIA EXTRA BAND 0264
ihm die Antwort nur auf Italienisch ein. Was war nur mit ihm los?
Gebannt beobachteten Kinder und Erwachsene die Szene. In diesem Moment wäre man in dem sonst von Kinderlärm erfüllten Zimmer in der Lage gewesen, eine Stecknadel fallen zu hören.
Der Kleine nahm ihm den Ferrari ab und lächelte.
Es war sein, Enricos Lächeln. Ihm war, als blickte er in sein Spiegelbild ⦠Instinktiv strich er dem Jungen über die dunklen Locken und meinte, sein eigenes Haar zu spüren. Behutsam berührte er den kleinen blauen Fleck auf der Wange. Und dann umfasste er Nickys Schultern, zog den Jungen an sich. Küsste vorsichtig die Verletzung und dann den herzförmigen Mund.
Es war der Kuss eines Vaters. Enricos Herz zog sich zusammen. So begrüÃte ein italienischer Vater seinen Sohn. Er bemerkte, wie Freya, die sie beobachtete, mit den Tränen kämpfte. Wie, so fragte sie sich, würde ihr Sohn darauf reagieren, von einem Fremden geküsst zu werden?
Wir sind uns gar nicht fremd, dachte Enrico. Selbst der Zweijährige, der zwar etwas erstaunt war, so unvermittelt geküsst zu werden, spürte offenbar das unsichtbare Band zwischen Vater und Sohn.
Jetzt lieà Nicky zögernd eine Hand durch Enricos Haar gleiten und streichelte ihm die Wange, wie sein Vater es bei ihm getan hatte.
Freya konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Es tat ihr weh, dass ihr kleiner Liebling plötzlich einer anderen Person seine Zärtlichkeit schenkte. Ich bin ja eifersüchtig, dachte sie entsetzt. Und sie hatte Angst, weil sie nicht wusste, was dies alles zu bedeuten hatte.
Und dann lächelte Enrico so frech, wie Nicky ihr zuvor zugelächelt hatte. Es nahm seinem Gesicht die Strenge.
Nicky erwiderte das Lächeln, dann löste der Kleine sich von seinem Vater und lief davon.
Enrico stand auf und sah um sich. Er bemerkte Freyas Tränen, blickte Fredo in die Augen und betrachtete flüchtig die Kindergärtnerin, die offensichtlich nicht wusste, was sie von der Situation zu halten hatte.
Das werde ich dir schon zeigen, dachte Enrico entschlossen, bevor er Freya seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmete. Instinktiv umfasste er ihre Schultern und zwang Freya, ihn anzusehen. Auf seinen Instinkt konnte er sich verlassen, er hatte Enrico stets in die Lage versetzt, seinen Konkurrenten immer einen Schritt voraus zu sein.
Enrico neigte den Kopf und flüsterte Freya ins Ohr: âEr ist mein Sohn, und damit ist dein Schicksal besiegelt.â
Als er sich wieder aufrichtete, bebte sie. Er sah, wie blass sie war und wie ihre vom Küssen geschwollenen Lippen bebten. âDu hast genau zehn Minuten, um dich von hier zu verabschieden und unseren Sohn mitzunehmen, mi amoreâ, erklärte er rau. âDie Zeit ist knapp, und wir müssen unsere Hochzeit planen, bevor wir nach Mailand fliegen.â Er küsste sie auf den Mund und verlieà den Raum, wo er eine völlig aufgelöste Freya zurücklieÃ.
5. KAPITEL
Freya stand vor Enricos Bürotür und hoffte inständig, dieses Mal die Nerven zu behalten.
Nicky war in der Kinderkrippe gut aufgehoben. Nachdem Cindy ihre Freundin Freya mit Fragen nach Enrico überschüttet hatte, die sie alle ausweichend beantwortet hatte, wurde nun Fredo ins Kreuzverhör genommen. Fredo war unten geblieben, um auf Nicky aufzupassen.
Die ganze Situation hatte Freya unendlich wütend gemacht. Was bildete Enrico sich eigentlich ein, vor versammelter Mannschaft zu verkünden, dass er sie, Freya, heiraten würde? Hatte sie da nicht auch noch ein Wörtchen mitzureden? Sie hatte eine Viertelstunde im Waschraum verbracht, um sich wieder herzurichten. Das Haar trug sie jetzt wieder in einem Knoten gebändigt, und die Kostümjacke war inzwischen auch richtig zugeknöpft. Es war Freya sehr peinlich gewesen, als Cindy sie diskret darauf aufmerksam gemacht hatte, dass die Jacke falsch zugeknöpft sei. Cindy hatte sich natürlich ihren Teil gedacht. Wahrscheinlich wusste inzwischen die gesamte Belegschaft, was Freya und der neue Boss im Büro getrieben hatten â¦
Inzwischen war ihr das aber gleichgültig. Innerhalb weniger Stunden hatte Enrico ihr Leben auf den Kopf gestellt und sie praktisch wehrlos gemacht. Doch eine Waffe hatte sie noch â¦
Sie könnte Enrico erzählen, dass Luca Nickys Vater sei. Allerdings wurde ihr bei der Vorstellung, so eine dreiste Lüge vorzubringen, schwindlig. Nein, das konnte
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