JULIA EXTRA BAND 0264
zwischen den Fingern. Ja, es war eine Erleichterung zu wissen, dass sie bald gehen konnte. Aber es mischte sich auch ein Gefühl von Trauer in die Erleichterung. Die Jahre mit Laurence waren groÃartig gewesen, er hatte ihr so viel gegeben, hatte sie so vieles gelehrt. Sie würde ihm Passion, ihre Kollektion, widmen. Es würde ihr Abschiedsgeschenk sein.
âIch bin froh, dass du endlich Vernunft angenommen hast.â Ruby drehte den Kopf mit einem Ruck herum und sah Zane hinter sich stehen. Triumph blitzte in seinen Augen, seine ganze Körperhaltung drückte Sieg aus. Doch er war nicht der Einzige, der siegreich aus diesem Streit gegangen war.
Sie richtete sich in ihrem Stuhl auf. âDu hast meine E-Mail also erhalten.â
Er kam wortlos näher, und plötzlich schien Ruby die Luft im Raum zu drückend zum Atmen. So viel also zu dem Gewitter, das angeblich abgezogen war.
âWas ist das?â, fragte er, als er neben ihr stand und auf das Schmuckstück in ihrer Hand blickte.
Instinktiv schloss sie die Finger noch fester darum. Würde er erkennen, was das Innere enthielt? Doch dann setzte ihr Verstand ein, und sie öffnete die Hand. âDas Prunkstück der Kollektion, der Anhänger. Er ist fertig.â
Zane blickte mit gerunzelter Stirn darauf und konnte nicht fassen, was er sah. âDas ist der fertige Anhänger? Von dem ich die Zeichnung gesehen habe?â
Sie nickte und lieà ihn den Anhänger aufnehmen. Die Hitze seiner Haut strahlte auf ihre Finger über. Er hielt das Stück ins Licht, drehte und wendete es und erkannte das Bild im Inneren.
Zwei Liebende, eng umschlungen!
Ruby hatte ein Konzept in die Realität umgesetzt, hatte Leidenschaft in einem Kunstwerk festgehalten. Seine Haut begann zu prickeln, als die Illusion ihn einholte â der perlmutterne Schimmer langer GliedmaÃen in leidenschaftlicher Umarmung. Ein provokantes Bild, das ihn berauschende Dinge sehen lieà â¦, fiebrig, gefährlich, verboten â¦
Dann wandelte sich die Faszination in Ekel. Die Kollektion wurde Laurence gewidmet. Wer sonst hätte Ruby wohl inspiriert! Dieses Bild, das er hier erkannte, war eine Erinnerung an die Beziehung der beiden, gemacht für die Ewigkeit.
Zane legte Ruby den Anhänger wieder in die Hand zurück und eilte zur Tür, angewidert von sich selbst. O ja, die Präsentation würde ein Erfolg werden, daran zweifelte er nicht länger.
âZane?â
Als sie ihn rief, drehte er sich um. â Was ist?â
âDer Anwalt â¦â, sie runzelte die Stirn. âWann treffen wir uns mit ihm?â
Erst jetzt erinnerte er sich wieder, weshalb er überhaupt gekommen war. âFinlayson ist im Urlaub. Einen ganzen Monat lang. Ich wollte diese Angelegenheit nicht von seiner Vertretung erledigen lassen, sondern habe den erstmöglichen Termin bei ihm gemacht â¦, am Tag nach der Präsentation.â
Nach diesem Morgen verbesserte sich ihre Zusammenarbeit. Beide wussten, was bis zur Präsentation noch zu erledigen war, und waren sich auch bewusst, was danach folgen würde. Zu wissen, dass alles bald vorüber sein würde, vereinfachte den Umgang miteinander.
Ruby konzentrierte sich auf die Organisation für die Weiterreise der Kollektion nach Sydney, New York und London. Zane hatte bereits beschlossen, zwar nach Sydney mitzukommen, Ruby aber nicht nach Ãbersee zu begleiten. Sie würde ihm also früher entkommen können als erwartet, und dieser Gedanke gab ihr Auftrieb.
Die Tage und Wochen vergingen. Ruby konnte sich überzeugen, wie gut Zane die Aufgaben auf der Managementseite erledigte. Natürlich behielt sie ihn im Auge, noch war sie schlieÃlich gleichberechtigter Partner der Firma. Aber er hatte ein auÃergewöhnliches Händchen fürs Geschäft, so blieben groÃe Meinungsverschiedenheiten aus.
Während der Tag der Präsentation näher rückte, blieb das Einzige, was Ruby noch Sorgen machte, das Wetter. Die Enthüllung der aufsehenerregendsten Stücke der Kollektion sollte zeitgleich mit dem Mondaufgang und dem berühmten Phänomen der âStairway to the Moonâ erfolgen.
Das war das Einzige, was sie nicht kontrollieren konnte. Wenn alles glattging, würde der Mond wie eine riesige Perle am Nachthimmel über Roebuck Bay aufsteigen, sein Licht würde sich in den flachen Wassern, die die Ebbe zurückgelassen hatte, spiegeln und die
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