JULIA EXTRA BAND 0269
zufrieden, so als wäre ihm klar, dass er Caroline da hatte, wo er sie haben wollte. Und damit hatte er recht. Sie wusste, dass sie ihm nicht widerstehen konnte.
Ihre Nachbarin Nicolette war eine attraktive Frau. Sie war Anfang vierzig, geschieden und auf der Suche nach einemdritten Ehemann. Deshalb studierte sie die Heirats- und Kontaktanzeigen in der Lokalzeitung immer sehr genau. Caroline konnte sich gut vorstellen, dass sie Jack bereitwillig alles erzählt hatte, was er wissen wollte. Doch obwohl Caroline sich durch seine Gegenwart ganz überwältigt fühlte, war sie an diesem Abend nicht bereit, über die Vergangenheit zu reden, falls er das vorhatte. Das war ihr zu gefährlich, denn sie war ihm nicht gewachsen.
Caroline presste ihre Handtasche an sich und runzelte die Stirn. „Was willst du, Jack? Fass dich bitte kurz, ich friere in dem kalten Wind“, erklärte sie kühl.
„Warum bittest du mich nicht ins Haus?“ Er sah sie erwartungsvoll an. Dann hob er die Hand und strich sich das Haar aus der Stirn.
Während Caroline ihn resigniert ansah, triumphierte er insgeheim. Sekundenlang hatte er geglaubt, sie würde Nein sagen. Doch die knisternde Spannung zwischen ihnen war mit den Händen zu greifen, und er verstand es glänzend, Caroline zu manipulieren. Ihm war nicht entgangen, wie nervös sie in seiner Gegenwart war, und das nutzte er schamlos aus.
„Okay, du kannst mit hereinkommen, aber nur für einen Moment.“
Im Haus war es wunderbar warm. Es wirkte einladend, und der Duft von Carolines Parfüms hing in der Luft. Von so einem Zuhause hatte Jack als Kind und Jugendlicher geträumt. Es strahlte Beständigkeit und Behaglichkeit aus. Er folgte Caroline in die Eingangshalle und beobachtete sie dabei, wie sie die warme Jacke aufhängte und das wunderschöne blonde gelockte Haar aus dem Rollkragen des grünen Pullovers hervorzog. Es fiel ihr über den Rücken, und Jack musste sich sehr beherrschen, ihr nicht mit den Händen durch die Locken zu fahren und einige Strähnen besitzergreifend um seine Finger zu wickeln.
Sie drehte sich zu ihm um und ahnte natürlich nicht, was in ihm vorging. „Möchtest du einen Tee oder etwas anderes?“
Zu gern hätte er sie geneckt und gefragt, was sie mit „etwas anderes“ meinte. Doch als er ihr schönes Gesicht und ihre arglose Miene betrachtete, erinnerte er sich plötzlich daran, wie glühend und innig er sie geliebt hatte – und dass sie seine Liebemit einer einzigen unverzeihlichen Handlung zerstört hatte.
„Jack?“
Ich hätte nicht herkommen dürfen, schoss es ihm durch den Kopf. Doch er hatte der Versuchung nicht widerstehen können, Caroline aufzusuchen. Er spielte ein gefährliches Spiel, das nur in einer Katastrophe enden konnte. Andererseits konnte ihm nichts mehr passieren, denn er hatte vor langer Zeit schon alles verloren, was ihm wirklich wichtig gewesen war.
„Ich nehme gern eine Tasse Tee“, antwortete er, ohne zu lächeln.
Caroline ahnte, dass ihn die Vergangenheit genauso beschäftigte wie sie, und dass das, was damals geschehen war, immer zwischen ihnen stehen würde. Deprimiert wandte sie sich ab. „Hoffentlich hast du nichts dagegen, ihn in der Küche zu trinken“, sagte sie betont munter und ging vor ihm her durch die große Eingangshalle.
5. KAPITEL
„Du bist bestimmt nicht ohne Grund hier, Jack. Warum kommst du nicht zur Sache?“
Sie saßen am Küchentisch, und Caroline umfasste die Tasse mit dem heißen Tee. Sie wollte endlich wissen, was Jack vorhatte. Siebzehn Jahre lang hatte sie sich mit ihren Schuldgefühlen herumgequält und war nicht fähig gewesen, sich auf eine neue Beziehung einzulassen. Jedes Mal, wenn sie jemanden kennenlernte, der ihr gefiel und der sich für sie interessierte, hatten die schrecklichen Schuldgefühle und ihre Ängste schon nach kurzer Zeit jede Hoffnung auf eine dauerhafte Beziehung zerstört. Und dann war alles zu Ende, ehe es richtig angefangen hatte.
Eigentlich habe ich mich lange genug mit Selbstvorwürfen und meinem Schmerz gequält, dachte sie. Sie sehnte sich danach, jemanden lieben zu können, ohne Angst davor haben zu müssen, ein ähnlich traumatisches Ende dieser Liebe erleben zu müssen wie damals. Aber Jacks verächtlicher Blick sagteihr, dass er der Meinung war, sie hätte noch längst nicht genug gelitten.
„Wohnst du allein hier?“, fragte er, ohne auf ihre Aufforderung einzugehen.
„Ja.“
„Ich habe damals oft überlegt, wie das Haus von innen aussieht.“ Er blickte
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