JULIA EXTRA BAND 0269
heiraten. Bist du damit einverstanden, Caroline?“, fuhr er unbeirrt fort.
Sie stand auf. „Meinst du das ernst, Nicholas?“, fragte sie und versuchte, ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
„O ja, sehr ernst sogar.“
„Aber es kommt … sehr überraschend. Ich bin schockiert.“
„Hoffentlich ist es eine angenehme Überraschung für dich. Oder vielleicht doch nicht?“ Er blieb sitzen, obwohl sie vermutet hatte, er würde auch aufstehen. Offenbar glaubte er, aufgrund seines Alters, seiner Erfahrung und seines Berufs hätte er das Recht, sich ihr gegenüber kleinere Unhöflichkeiten zu erlauben.
Caroline versuchte sich vorzustellen, mit diesem Mann, in dem sie nie etwas anderes als einen guten Freund der Familie gesehen hatte, verheiratet zu sein. Wenn sie ihn liebte, wäre ihr der Altersunterschied egal. Doch einen Mann, für den sie nichts als freundschaftliche Zuneigung empfand, konnte sie nicht heiraten, auch wenn sie sich noch so einsam und allein fühlte. Nicholas liebte sie auch nicht, er wollte sie nur heiraten, um die Lücke zu füllen, die der Tod seiner Frau hinterlassen hatte. Vielleicht hatte er sie wirklich gern, aber er wollte in Wahrheit nur eine Haushälterin haben, die für ihn kochte und sein Heim in Ordnung hielt, und eine Gesellschafterin, die da war, wenn er abends nach Hause kam, und ihm zuhörte.
Bei der Vorstellung, mit ihm zu schlafen, schauderte ihr vor Unbehagen. Wie sollte sie mit einem Mann, den sie weder liebte noch begehrte, eine intime eheliche Beziehung führen können? Hinzu kam, dass sie gerade erst dem Mann, dem sie vor langer Zeit ihr Herz geschenkt hatte, wiederbegegnet war.
Plötzlich erinnerte sie sich daran, wie verbittert und dennoch voller Verlangen Jack sie heute geküsst hatte. Der Gedanke regte ihre Fantasie an. Caroline war geradezu bestürzt über ihre heftige Reaktion. Sie ärgerte sich darüber, dass ihr dieser leidenschaftliche Kuss nach Jacks grausamer und zutiefst verletzender Frage überhaupt in Erinnerung geblieben war.
„Ich … weiß, wie sehr du Meg geliebt hast und wie viel sie dir bedeutet hat“, erwiderte sie schließlich. „Deshalb fühle ich mich sehr geschmeichelt, dass du mich bittest, dich zu heiraten, Nicholas.“ Sie verschränkte die Arme. Sie wollte ihn nicht verletzen, und er sollte auch nicht bereuen, sie gefragt zu haben. Denn auf seine Freundschaft wollte sie eigentlichnicht verzichten. Aber sie musste ihm klarmachen, dass eine intime Beziehung mit ihm für sie nicht infrage kam. „Ich möchte jedoch lieber weiterhin mit dir befreundet sein. Falls die Ehe scheitern würde, wäre auch die Freundschaft zerstört. Das wäre schade.“
Jetzt stand auch Nicholas auf. Er nahm ihre Hände und streichelte sie mit den Daumen. Obwohl er Caroline zärtlich und liebevoll ansah, empfand sie nichts für ihn. Mit Jacks heißen glühenden Blicken waren Nicholas’ Bemühungen sowieso nicht zu vergleichen.
„Warum nimmst du an, es würde unsere Freundschaft zerstören, wenn wir uns verloben und heiraten?“ Er ließ die eine Hand los und strich ihr eine golden schimmernde Strähne aus der Stirn. „Aus anfänglicher Freundschaft entwickeln sich oft die besten Ehen. So war es auch bei Meg und mir, wir waren zuerst nur befreundet. Zwischen dir und mir besteht eine starke Bindung. Ich bewundere dich und mag dich sehr. Es gibt keine andere Frau, mit der ich lieber verheiratet sein möchte, Caroline. Denk wenigstens darüber nach. Tust du mir den Gefallen? Ich habe sowieso nicht damit gerechnet, dass du dich sofort entscheidest. Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst.“
„Es tut mir leid, Nicholas, aber ich brauche nicht darüber nachzudenken. Mir ist bewusst, wie schwer es dir gefallen sein muss, dein Anliegen zur Sprache zu bringen. Deinen Heiratsantrag betrachte ich als Kompliment. Doch ich kann ihn nicht annehmen.“ Sie löste sich aus seinem Griff, durchquerte den Raum und blieb an der angelehnten Tür stehen. Es behagte ihr gar nicht, dass die Atmosphäre zwischen ihnen durch sein Verhalten plötzlich seltsam persönlich wurde. Das passte nicht zu der platonischen Freundschaft, die sie jahrelang verbunden hatte. „Möchtest du einen Tee?“
Nicholas war sichtlich verblüfft. Er schüttelte den Kopf. „Nein, vielen Dank. Im Moment möchte ich bestimmt keinen Tee. Ich versichere dir, ich wollte dich nicht beleidigen, Caroline.“
Sie wünschte, er würde sie allein lassen, und befürchtete, vor lauter Anspannung jeden Augenblick
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