JULIA EXTRA BAND 0269
strahlend an, während sie aufstand und sich verführerisch an ihn lehnte. Ihr Parfüm war etwas zu aufdringlich. Warum begreifen so viele Frauen einfach nicht, dass sie mit etwas mehr Zurückhaltung mehr erreichen, egal ob sie viel Geld haben oder nicht?, überlegte er. Klasse konnte man nicht kaufen, man hatte sie, oder man hatte sie nicht.
Sogleich dachte er wieder an Caroline und gestand sich ein, dass sie eine Klasse für sich war. Das war sie schon mit siebzehn gewesen. Es hatte nichts damit zu tun, dass sie zu der oberen Gesellschaftsschicht gehörte. Ihre Anmut, Schönheit und Unschuld hatten Jack, wenn er mit ihr zusammen war, das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein, obwohl er das seiner Meinung nach gar nicht war.
„Ich möchte dich nicht beleidigen, doch es war falsch, dich anzurufen. Ich kann mich nicht auf die Unterhaltung mit dir konzentrieren. Zu viele andere Dinge, die ich dringend erledigen muss, gehen mir im Kopf herum. Verzeihst du mir?“
„Das kommt darauf an, um was für Dinge es sich handelt, Jack.“ Amanda wickelte sich seine Krawatte um den Finger und zog leicht daran. „Wenn es um deine Arbeit geht, kann ich gut verstehen, warum du so zerstreut bist. Für mich ist die Karriere ja auch wichtiger als alles andere. Aber wenn du wegen einer anderen Frau so zerstreut bist, bin ich vielleicht ein ganz klein wenig verärgert.“
Jacks Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Er zog ihr die Krawatte vom Finger und küsste Amanda flüchtig auf die Stirn. „Ich werde nicht vergessen, dass ich dir ein Abendessen schulde“, erklärte er, ehe er sich umdrehte und verschwand.
Er nahm sich vor, ihr am nächsten Tag einen großen Blumenstrauß zu schicken, um sie ein klein wenig dafür zu entschädigen, dass er ihr den Abend verdorben hatte. Als er einen Blick über die Schulter warf, lächelte er amüsiert. Amanda stand an der Bar und unterhielt sich angeregt mit dem jungen attraktiven spanischen Barkeeper.
Nachdem Nicholas gegangen war, fuhr Caroline ans Meer und lief in Wind und Regen zu der kleinen Bucht. Sie war ganz allein unterwegs, niemand sonst kam auf die Idee, in der Dunkelheitund im strömenden Regen am Strand entlangzuwandern – und so ließ sie ihren Tränen freien Lauf.
Nach Nicholas’ überraschendem und unwillkommenem Heiratsantrag war ihr klar geworden, dass ihr ganzes Leben seit Tagen in Aufruhr geraten war. Irgendwie spürte sie, dass nichts so bleiben würde, wie es war. Sogar die guten Erinnerungen an Jack wurden durch die Emotionen, die seine Rückkehr in ihr auslösten, getrübt. Sie war so verzweifelt, dass sie hemmungslos weinte. Nachdem ihr Vater sie gezwungen hatte, ihr Kind abtreiben zu lassen, war sie fast außer sich gewesen vor Kummer und Schmerz. Und dann hatte auch noch Jack, der Mann, den sie grenzenlos liebte, sie verlassen. Er würde nie verstehen, warum sie keine andere Wahl gehabt hatte, und er würde ihr auch nie verzeihen.
Als sie schließlich nach Hause zurückkam, war sie völlig durchnässt und zitterte vor Kälte. Rasch lief sie nach oben, zog die nassen Sachen aus und den warmen Morgenmantel an, ehe sie sich ein heißes Bad einlaufen ließ. Eine halbe Stunde später saß sie im Morgenmantel vor dem Kamin im Sessel und trank einen Becher heiße Milch. Zu ihrer Erleichterung hatte sich ihre Stimmung etwas aufgehellt. Die Wärme, die das im Kamin brennende Feuer verbreitete, und ihr gemütliches Zuhause linderten den Schmerz ein wenig.
Während sie in das Feuer blickte, kam sie zu dem Schluss, dass sie lernen musste, sich zu verzeihen, was damals geschehen war. Und sie musste auch Jack verzeihen, dass er ihr an allem die Schuld gab und ihr die heftigsten Vorwürfe machte. Anders konnte sie die Vergangenheit nicht bewältigen und sich nicht auf die Gegenwart und eine glücklichere Zukunft konzentrieren. Vielleicht sollte sie doch versuchen, sich als Malerin und Künstlerin ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Es war noch nicht zu spät. Nebenher konnte sie weiterhin Kunstunterricht erteilen und talentierte junge Menschen wie Sadie Martin fördern und unterstützen.
Wenn Nicholas ihr jetzt die Freundschaft aufkündigte, wäre das auch keine Katastrophe. Sie hatte andere Freundinnen und Freunde, auf die sie sich verlassen konnte, und sie würde neue finden. Aber ihr war klar, dass sie an sich selbst arbeiten musste, wenn sie wirklich glücklich sein wollte. Sie durftesich nicht auf die Hilfe anderer verlassen, sonst würde sie immer in einer
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