JULIA EXTRA BAND 0269
tragen“, erklärte sie und wollte es wieder ausziehen.
„Nein, behalt es an. Du hast eine fantastische Figur und solltest sie nicht immer verbergen.“
Eine fantastische Figur? Angie errötete vor Verlegenheit. Sie fand es gemein, dass er sie immer wieder verspottete. „Du bist grausam. Weshalb musst du dich über meine Figur lustig machen? Auf meine Gefühle nimmst du überhaupt keine Rücksicht.“ Sie befürchtete, jeden Moment in Tränen auszubrechen.
„Du hast wirklich eine schlechte Meinung von dir, stimmt’s?“
Hatte er etwa die Bemerkung ernst gemeint? Nein, das war unmöglich. Angie wusste genau, dass sie keine fantastische Figur besaß.
Eine Stunde später saß sie neben Nikos am Tisch und wagte nicht, sich umzusehen. Alle Gäste musterten sie neugierig, dessen war sie sich sicher. Schweigend fing sie an zu essen und fragte sich, warum Nikos, wenn sie sich geliebt hatten, noch gereizter war als zuvor, obwohl er doch immer behauptete, Sex diene ihm zur Entspannung.
Nein, wir haben uns nicht geliebt, sondern nur Sex gehabt, korrigierte sie sich sofort. Ihr Zusammensein war in keiner Weise romantisch, es hatte bestimmt nichts mit Liebe zu tun. Es war etwas sehr Primitives.
Sie errötete und legte die Gabel hin. Dass es ihr Spaß gemacht hatte, mit ihm in so einer unbequemen Stellung Sex zu haben, war erschreckend. Wieso ließ sie so etwas zu?
Nikos unterhielt sich angeregt mit seinem Tischnachbarn auf der anderen Seite. Plötzlich tat ihr der Mann leid, der links neben ihr saß. Wahrscheinlich hatte er gehofft, den Abend neben einer schönen jungen Frau zu verbringen. Stattdessen musste er mit ihr, Angie, vorliebnehmen. Verzweifelt suchte sie nach einem unverbindlichen Gesprächsthema.
In dem Moment fragte der Mann: „Sie sind Engländerin, nicht wahr? Leider spreche ich nicht besonders gut Englisch.“
„Ich bin sicher, Sie sprechen perfekt Englisch. Aber wirkönnen uns auch gern auf Griechisch unterhalten“, erwiderte sie und war froh, dass er überhaupt etwas gesagt hatte. Als sie seine überraschte und erleichterte Miene bemerkte, entspannte sie sich etwas. „Arbeiten Sie mit Nikos zusammen?“
Der Mann verzog das Gesicht. „Nein, Mrs. Kyriacou.“ Er trank einen Schluck Wein. „Ich bin Dimitri Vassaras und arbeite für die Regierung, in der Abteilung Kultur und Wissenschaft. Ich bin dafür verantwortlich, unser kulturelles Erbe für die Nachwelt zu erhalten. Momentan sind wir damit beschäftigt, die Ausgrabungsstätten vor Plünderern zu schützen. Aber das ist für eine so schöne Frau wie Sie sicher sehr langweilig.“
„Nein, im Gegenteil.“ Angie vergaß ihre Hemmungen und antwortete begeistert auf Griechisch: „Dieses Thema interessiert mich sehr. Die Plünderungen führen dazu, dass antike Kunstwerke nicht registriert und später, wenn sie irgendwo auftauchen, nicht mehr genau zugeordnet werden können.“ Als ihr bewusst wurde, wie verblüfft der Mann sie ansah, verstummte sie.
Er räusperte sich. „Interessieren Sie sich wirklich für Archäologie?“
Plötzlich fiel ihr ein, dass Nikos ihr geraten hatte, lieber zu schweigen. Sie wollte eine ausweichende Antwort geben, doch in dem Moment mischte er sich ein.
„Meine Frau ist qualifizierter, als du ahnst, Dimitri. Trotz deiner strengen Maßstäbe ist sie dir auf deinem Fachgebiet ebenbürtig“, erklärte er. „Dass sie unsere Sprache fließend beherrscht, ist ein weiteres Plus.“
Da sie ihm nie verraten hatte, dass sie Griechisch sprach, sah sie ihn nachdenklich an. War er zornig? Oder irritiert? Angie konnte es beim besten Willen nicht sagen. Es war sehr schwierig, ihn zu durchschauen.
„Es freut mich sehr, mich mit jemandem zu unterhalten, der etwas von unseren antiken Kunstwerken versteht.“ Dimitri nahm ihre Hand und hob sie an seine Lippen.
„Ich halte es für sehr wichtig, historische Funde zu erhalten“, sagte Angie und errötete leicht unter seinem anerkennenden Blick, während sie die Unterhaltung fortsetzten.
„Über die Einstellung Ihres Mannes sind Sie sicher sehrfroh“, stellte Dimitri schließlich freundlich fest. „Es gibt nur wenige Männer seines Ranges, die die Bedeutung historischer Stätten begreifen und gern bereit sind, finanzielle Opfer zu bringen, um unser kulturelles Erbe zu erhalten.“
„Gern bin ich dazu nicht bereit, Dimitri“, wandte Nikos spöttisch ein. „Vergiss nicht, dass ich mich beschwert habe. Aber ich glaube, du hast damals gar nicht zugehört.“
„Doch.
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