JULIA EXTRA BAND 0273
seiner Meinung überzeugt wie sie von ihrer. Er schüttelte den Kopf. „Nein, es geht nicht.“
„Ach Charles, geben Sie sich doch mal einen Ruck!“, platzte Laurel heraus, bevor sie nachdenken konnte.
Erstaunt blickte er sie an. Doch was er davon hielt, dass sie ihn mit Vornamen angesprochen hatte, sagte er nicht.
Das merkte Laurel sich. Alles, was zumindest ein wenig dazu beitrug, dass sie einander mehr auf Augenhöhe begegneten, war hilfreich. Denn sie spürte instinktiv, dass sie noch oft darüber streiten würden, was gut für Penny war und was nicht. Merkwürdigerweise empfand sie Charles inzwischen jedoch als weitaus weniger kalt und einschüchternd. Je mehr Auseinandersetzungen sie hatten, umso mehr liebenswerte Dinge bemerkte sie an ihm.
„Und wie wäre es, wenn Sie einen Leibwächter engagieren, der uns begleitet?“, schlug Laurel vor, obwohl ihr die Vorstellung, von einem Muskelmann verfolgt zu werden, nicht gerade gefiel. „Vielleicht geht das so unauffällig, dass Penny den Ausflug trotzdem genießen kann – und Sie müssten sich keine Sorgen um ihre Sicherheit machen.“
Charles sah sie an, als hätte sie ihn aufgefordert, Penny in eine Löwengrube zu werfen. „Ich werde auf keinen Fall einen Security-Dienst beauftragen, nur damit Sie meine Tochter in eine möglicherweise gefährliche Situation bringen können. Schutz durch Leibwächter kann durchaus hilfreich sein, einRestrisiko bleibt jedoch immer.“
„Aber …“, wollte Laurel einwenden.
„Die Antwort lautet nein“, schnitt Charles ihr energisch das Wort ab. Dann sah er zur Uhr, die auf dem Kaminsims stand. „Müssen Sie nicht langsam los, um Penny von der Schule abzuholen?“
Auch Laurel blickte auf die Uhr. Charles hatte recht.
„Können wir danach noch einmal über die Angelegenheit sprechen?“
„Nein.“
„Dann nach dem Abendessen?“
„Nein.“
Unwillkürlich musste Laurel über seine Entschlossenheit lachen. „Also gut. Morgen vielleicht?“
Charles sah sie an. Der kühle Blick seiner grünen Augen schien sie zu durchdringen, aber auch etwas tief in ihrem Innern zu wärmen. Ganz deutlich sah sie ein feines Aufflackern von Humor.
„Nein.“
Der Mann war einfach unmöglich. Warum also verspürte sie den Wunsch, in seiner Nähe zu bleiben und das Gespräch mit ihm fortzusetzen?
„Dann werde ich besser aufhören, weiter zu fragen …“
„Gut.“
„… aber ich hoffe trotzdem, dass Sie zumindest noch einmal darüber nachdenken werden“, sagte Laurel und ging hinaus. Ihr war klar, dass Charles Gray niemals nachgeben würde. Ich aber auch nicht, dachte sie.
6. KAPITEL
Penny war absolut begeistert vom River Witch Festival.
Das Fest war genau so, wie Laurel es erwartet hatte: voller Familien mit kleinen Kindern, die auf Ponys mit goldfarbenen Sätteln ritten und lustige Kutschfahrten machten, Liebesäpfel und Unmengen buntes Candy Corn aßen. Mit anderen Worten, es gab alles, was Kinder glücklich machte – ein Halloween wieaus dem Bilderbuch.
Bis Laurel den Mann bemerkte, der ihnen folgte.
Zuerst dachte sie sich nichts weiter dabei, denn es waren viele Erwachsene unterwegs, die mit ihren Kindern von einer Attraktion zur nächsten gingen. Doch dann musste Penny auf die Toilette. Und als Laurel mit ihr wieder herauskam, sah sie denselben Mann neben den Picknickbänken stehen, den sie zuvor schon beim Wurfspiel bemerkt hatte. Noch mehr beunruhigte es sie, dass er kein Kind bei sich hatte.
Vielleicht wartet er nur auf sein Kind, redete sie sich ein, während sie Penny ungewöhnlich eilig mit sich zog, zurück zu den Ständen.
Als der Mann ihnen folgte, krampfte sich Laurel vor Furcht der Magen zusammen. Haben sie mich gefunden, überlegte sie angstvoll. Hatten sie ihr Geheimnis entdeckt und waren ihr bis hierher gefolgt, um sich an ihr zu rächen? Doch das konnte nicht sein. Schließlich hatten Pete und sämtliche anderen Arbeitskollegen beim American Help Corps versprochen, ihr Geheimnis sorgsam zu hüten. Sie waren Laurels Freunde, denen sie vertraute … sie hatte sozusagen ihr Leben in ihre Hände gelegt.
Oder hatte Charles doch recht gehabt, und jemand wollte Penny entführen, um Lösegeld zu erpressen?
„Aua!“, rief Penny. „Das tut weh!“
Laurel blickte zu ihr hinunter und bemerkte, wie fest sie die Hand des Kindes hielt. Sie lockerte den Griff ein wenig, ohne jedoch ganz loszulassen. „Entschuldigung, Darling.“
„Hast du etwas Gruseliges gesehen?“, fragte Penny aufgeregt und
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