JULIA EXTRA BAND 0273
Haar, schiefe Zähne oder irgendetwas Unvollkommenes an sich gehabt, dann wäre er ihr vielleicht etwas … etwas menschlicher vorgekommen.
Laurel fühlte sich furchtbar eingeschüchtert von ihm. Ihr war jedoch klar, dass sie es sich auf keinen Fall anmerken lassen durfte. Sie hatte die Stelle angenommen, weil sie überzeugt davon war, sich gut um das Kind kümmern zu können. Die Kinderin Lenovien hatten sie schließlich alle gemocht, und auch sie hatte sehr an den Kleinen gehangen. Im Umgang mit Kindern war Laurel also schon recht erfahren.
Sie musste zwar zugeben, dass Penny kein ganz einfaches Mädchen war. Doch da die Kleine sich ganz offenbar nach Liebe sehnte und nach einem Menschen, der das Eis brechen würde, war es für Laurel sonnenklar gewesen, dies zu versuchen.
Das war eine Herausforderung: Gerade dann, wenn sie es am wenigsten erwartete, verhielt Penny sich abweisend. So bat sie Laurel zum Beispiel, zu ihr ins Kinderzimmer zu kommen, drehte ihr dann plötzlich den Rücken zu und weigerte sich, mit ihr zu reden. Trotzdem war Laurel klar, wie sehr das Kind sich nach Nähe sehnte und diese brauchte. Ihr selbst ging es ja nicht anders.
Denn Laurel hatte in ihrer Kindheit und Jugend kein sehr enges Verhältnis zu ihrer Familie gehabt. Ihre Mutter war sehr distanziert gewesen und ihr Vater immer sehr erschöpft vom vielen Arbeiten.
Trotz allem fühlte Laurel sich verantwortlich für ihn und wollte ihn unterstützen, so gut sie konnte. Und das bedeutete, dass sie die Stelle bei Charles und Penny Gray unbedingt behalten musste.
5. KAPITEL
„Bisher habe ich noch keine belastenden Informationen über diese Laurel Midland herausgefunden“, teilte Brendan Brady seinem Auftraggeber mit. Er klang ein wenig enttäuscht.
Trotz seiner Erleichterung blieb Charles vorsichtig, denn nach wie vor kam ihm an Laurels Geschichte irgendetwas merkwürdig vor. „Was haben Sie denn herausfinden können?“
„Sie hat keine eigene Familie. Ihre Mutter ist vor Kurzem eines natürlichen Todes gestorben. Onkel und Tanten leben ebenfalls nicht mehr. Sie war fünf Jahre in Lenovien, aber …“
„Moment mal“, unterbrach Charles ihn. „Fünf Jahre?“ Er hätte beschwören können, dass Laurel von zwei Jahren gesprochen hatte.
„Genau, fünf. Davor hat sie studiert, und zwar an der University of Iowa. Sie hatte die üblichen Freundschaften und Beziehungen, scheint aber mit niemandem in Kontakt geblieben zu sein.“
Wie hatten Laurels Partner und Freunde nur eine so tolle junge Frau einfach loslassen können? Das kam Charles sehr merkwürdig vor. „Und was für Kontakte hatte sie in Lenovien?“
„Tja, diese Frage war ziemlich schwierig zu beantworten“, erwiderte Brady. „Ihr damaliger Chef, ein gewisser Peter Lucian, war äußerst vorsichtig und hat mir erst einmal eine ganze Reihe Vertraulichkeitsbestimmungen aufgezählt.“
Das überraschte Charles nicht. Es hätte ihn eher verwundert, wenn der frühere Leiter des American Help Corps bereitwillig Auskunft über eine ehemalige Mitarbeiterin gegeben hätte.
„Haben Sie denn zumindest irgendetwas herausbekommen?“
„Ja, eine Sache hat er mir verraten, allerdings weiß ich nicht, ob das von Bedeutung ist“, erwiderte Brady. „Offenbar ist eine enge Freundin von Laurel bei einem Unfall ums Leben gekommen. Ihr Tod hat Miss Midland so verstört, dass sie umgehend gekündigt hat.“
Interessant, dachte Charles. „Hat Mr. Lucian Ihnen auch gesagt, wie diese Freundin hieß?“
„Nein. Fast sofort nach dieser Offenbarung beendete er das Gespräch. Aber ich bin der Angelegenheit nachgegangen und habe herausgefunden, dass die Freundin ebenfalls Laurel hieß – Laurel Standish.“
„Sie leisten wirklich gute Arbeit, Brady“, stellte Charles lächelnd fest. „Was haben Sie noch über die junge Frau in Erfahrung bringen können?“
Brendan Brady lachte zufrieden und trug seine Informationen über Laurel Standish vor: „Waisenkind aus dem Barrie-Kinderheim, im Alter von zweieinhalb Jahren adoptiert. Hatte zwei Schwestern – es waren Drillinge. Ist auf dem Land aufgewachsen und hatte mehrere Sekretariatsstellen, bevor sie vor einigen Jahren im Auftrag des American Help Corps nach Lenovien ging. Davon abgesehen nichts Ungewöhnliches, wirklich rein gar nichts.“
Charles runzelte die Stirn. „Laurel hat also ihre beste Freundin bei einem Autounfall verloren. Das könnte erklären, warumsie so verschlossen wirkt. Vielleicht trauert sie einfach
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