JULIA EXTRA BAND 0273
alles über deine Urgroßmutter erzählen, an das du dich noch erinnerst.“
„Leider habe ich sie nie kennengelernt“, sagte Charles bedauernd. „Sie starb, bevor ich geboren wurde. Und mein Vater hat kaum über sie gesprochen. Ich weiß nur deshalb etwas über sie, weil ich als Kind hier auf ihre Platten gestoßen bin.“
Voller Mitgefühl sah Laurel ihn an. „Das ist wirklich traurig. Aber auch wenn du Penny keine persönlichen Erinnerungen über ihre Vorfahren weitergeben kannst – immerhin kannst du ihr einige Platten vorspielen und alles erzählen, was du in Erinnerung hast. Diese Verbindung zu ihren Vorfahren ist bestimmt gut für sie.“
Ja, dachte Charles, denn ihn selbst hatte es sehr bereichert. „Du kannst, wie gesagt, gern morgen schon mit dem Vorspielen beginnen, dann muss Penny nicht länger warten.“
Sie sah ihm in die Augen. „Das werde ich tun.“
Charles erwiderte ihren Blick. „Gut.“
Eine Weile, die wie eine kleine Ewigkeit erschien, verging, während der er mit sich rang, Laurel zu bitten, bei ihm zu bleiben. Doch schließlich entschied er sich dafür, die Dinge auf sich beruhen zu lassen – aus Angst vor den Konsequenzen.
„Danke für alles, was du heute Abend getan hast“, sagte er und gab sich betont beschäftigt, indem er eine der Kisten zu durchsuchen begann. „Du warst mir wirklich eine wertvolle Hilfe. Penny hat großes Glück, dass du hier bist.“ Und ich auch, hätte er um ein Haar hinzugefügt, riss sich jedoch zusammen.
„Ich bin sehr froh darüber, hier zu sein.“ Laurel blickte ihm so tief in die Augen, dass Charles fast glaubte, sie würde seine Seele sehen können. Nach einem Moment fügte sie hinzu: „Ich gehe jetzt nach unten. Gute Nacht, Charles.“
Am liebsten hätte er sie nun doch gebeten zu bleiben, hätte jedoch keine gute Erklärung dafür vorbringen können, nur unendliche Sehnsucht und Verlangen. Und wohin sollte das führen?
„Gute Nacht, Laurel“, sagte er und genoss den Klang der Worte. „Bis morgen.“
14. KAPITEL
„Ich freue mich ja so, dich zu sehen!“ Zum unzähligsten Mal, seit sie in Roses Maisonettewohnung mit Blick über den Central Park waren, umarmte Lily ihre Schwester. Von der atemberaubenden Aussicht nahm sie allerdings gar nichts wahr, denn ihre gesamte Aufmerksamkeit war auf Rose gerichtet. „Wie geht es dir? Willst du dich nicht lieber hinsetzen? Du solltest dich nicht überanstrengen!“
„Mir geht es gut“, versicherte Rose lachend. „Ich bin schwanger, nicht aus Glas!“
In den vergangenen zwei Monaten, seit sie sich das letzte Mal getroffen hatten, war Rose förmlich aufgeblüht. Die Ehe mit Warren Harker schien ihr gut zu bekommen, denn sie strahlte vor Glück.
Am Anfang war Lily gegenüber dem Mann ihrer Schwester ein wenig skeptisch gewesen, doch er hatte sie ebenso schnell für sich eingenommen wie Rose selbst. Wie sich herausgestellt hatte, waren die beiden jungen Frauen und der millionenschwere Bauunternehmer einander gar nicht so unähnlich: Warren war in seiner Kindheit eine Weile im selben Waisenhaus gewesen. Er war zwar adoptiert worden, bevor sie einander hätten kennenlernen können, hatte das Heim jedoch nie vergessen. Wahrscheinlich war er deshalb sofort entschlossen gewesen, Laurel zu finden, als er erfahren hatte, dass es eine dritte Schwester gegeben hatte – die adoptiert worden war.
Die beiden Frauen plauderten eine halbe Stunde über Roses Schwangerschaft: wie sie den Test gemacht und Warren erst nach seiner Rückkehr von einer Geschäftsreise hatte vom Ergebnis erzählen wollen. Doch dann hatte sie es nicht einmal zehn Minuten für sich behalten können.
Schließlich kamen sie wieder auf das wichtigste Thema zu sprechen – und den Grund für Lilys Besuch.
„Erzähl mir alles über diese Laurel Midland“, bat Lily. „Hast du schon mit ihr gesprochen?“
„Nein.“ Plötzlich wirkte Rose ein wenig niedergeschlagen.
„Es klingt so, als hätte sie … Probleme.“
Das gefiel Lily gar nicht. „Was für Probleme?“, wollte sie wissen. „Was bedeutet das?“
„Ich weiß es auch nicht genau. Offenbar war es einfach zu viel für sie, als unsere Laurel starb. Sie ist sofort danach abgereist und in die USA zurückgekehrt.“
„Vielleicht konnte sie mit dem Schmerz nicht umgehen, weil die beiden so gut befreundet waren“, mutmaßte Lily. „Manche Menschen verhalten sich sehr merkwürdig, wenn sie trauern.“
Rose nickte. „Vielleicht hatte sie auch Angst um ihr eigenes
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