JULIA EXTRA BAND 0273
hatte, rief sie Penny und fuhr mit ihr zum Einkaufen, um „für alle Fälle“ Lebensmittel im Haus zu haben.
„Für alle Fälle“ begann um etwa halb zwei nachmittags am Thanksgiving-Tag, als riesige Schneeflocken vom Himmel fielen. Zum Glück fanden sich unter den eingekauften Vorräten ein sechzehn Pfund schwerer Truthahn, ein Netz Idaho-Kartoffeln, vier riesige Süßkartoffeln, eine Tüte Marshmallows, tiefgefrorene grüne Bohnen und Röstzwiebeln, dazu Hühnerbrühe, Pilzsuppe, Aufbackbrötchen und Kürbiskuchen. Laurel war zwar geschickt und konnte gut kochen, traute sich jedoch nicht zu, innerhalb weniger Stunden ganz allein ein komplettes Thanksgiving-Dinner zuzubereiten.
Wie sie gehofft hatte, wurde das Schneetreiben im Laufe des Nachmittags immer stärker. Und es sah nicht so aus, als würde es in absehbarer Zeit besser werden. Laurel war unendlich erleichtert.
Als sie gerade alle Zutaten für das Essen bereitstellte, kam Miles in die Küche. „Es wird einen Schneesturm geben“, berichtete er. „Soll ich noch schnell etwas für Sie einkaufen, bevor ich ins Wochenende fahre?“
„Nein, vielen Dank, Miles. Wir haben alles da, was wir brauchen.“
„Sieht ja ganz so aus, als würden Sie ein großes Festmahl planen“, stellte Miles fest.
Laurel ließ den Blick über die Zutaten gleiten und nickte. „Ich fürchte, das ist viel zu viel für zwei Personen.“
„Ist doch nicht weiter schlimm. Aus den Überresten macht man eben Truthahnsandwichs.“ Er lachte.
Laurel stimmte mit ein. „Und die reichen dann für zwei Wochen.“
„Madam hat nie gekocht“, sagte Miles plötzlich zu ihrer Überraschung. „Mrs. Gray ist nicht einmal in die Nähe der Küche gekommen.“ Er sah Laurel aufmerksam an. „Mr. Gray wird sicher beeindruckt sein, wenn er von Ihren Kochkünsten erfährt.“
Laurel spürte, wie ihr Gesicht warm wurde. „Meinen Sie?“
Miles nickte energisch. „Ich arbeite nun schon seit fünfzig Jahren hier und habe eine Menge Leute kommen und gehen sehen: Bedienstete, Kinder, Ehefrauen“, erwiderte er. „Aber in dieser ganzen Zeit habe ich noch nie so etwas erlebt wie bei Mr. Gray, wenn er Sie ansieht – wenn Sie mir die Bemerkung verzeihen mögen.“
Ihr stockte der Atem. „Sie müssen sich irren, Miles. Für Mr. Gray bin ich eine ganz normale Angestellte, nichts anderes.“
Wieder lachte der alte Mann. „Oh nein, Miss Laurel, ganz sicher nicht.“ Noch immer leise lachend, nickte er ihr zu. „Happy Thanksgiving“, sagte er, bevor er hinausging.
„Happy Thanksgiving.“ Während Laurel ihm nachblickte, fragte sie sich, was sie von seinen Worten halten sollte.
Sie glaubte nicht, dass Miles sie necken wollte. Woher sollte er auch wissen, wie viel es ihr bedeuten würde, ein wenig Freude in Charles’ Leben zu bringen. Doch das schien ein unerfüllbarer Wunsch zu sein.
Also beschloss Laurel, so wenig wie möglich daran zu denken und sich auf die Vorbereitungen für den Feiertag zu konzentrieren. Schließlich wollte sie Penny das schönste Thanksgiving ihres Lebens bereiten! Über Charles konnte sie sich später immer noch Gedanken machen – und angesichts der vergangenen schlaflosen Nächte würde sie es sicher auch tun.
Um viertel vor zwei rieb Laurel den Truthahn mit Butter, Salz, Pfeffer und Selleriesalz ein und schob ihn in den Ofen. Um halb drei, als der köstliche Bratenduft durch die Küche zu ziehen begann, rief sie im ‚Chez Rousse‘ an und machte die Reservierung rückgängig. Penny, von den leckeren Gerüchen angezogen, beobachtete sie aufmerksam bei der Arbeit.
Um halb vier standen die Töpfe mit Kartoffelbrei mit Sahne und Edelpilzkäse sowie mit den grünen Bohnen, die Laurel schmoren würde, bereit.
„Haben die Pilgerväter auch so Thanksgiving gefeiert?“, wollte Penny wissen und stibitzte einen der gegrillten Marshmallows.
„So ungefähr“, erwiderte Laurel und nahm sich auch einen. „Die Stimmung war bestimmt dieselbe.“
„Sie hatten aber keine Marshmallows, oder?“
„Nein“, bestätigte Laurel. „Allerdings hätten sie bestimmt gern welche gehabt.“
„So etwas habe ich noch nie zu Thanksgiving gegessen“, erzählte Penny aufgeregt. „Sonst esse ich immer gratinierte Zwiebelsuppe und ‚Filet mignon‘.“
Laurel schüttelte den Kopf. „Nein, zu Thanksgiving sollte es genauso sein wie jetzt.“
Und das stimmte. Sie waren zwar nur zu zweit, doch als sie gemeinsam die leicht angebrannten Marshmallows aßen, fand Laurel, dass sie
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