JULIA EXTRA BAND 0273
Großeltern. Mein Vater hatte ein uraltes Grammofon, auf dem sich nichts anderes abspielen ließ.“ Tief in Erinnerungen versunken, dachte sie an Lucinda Morellis unvergessliche Stimme, die ein Teil ihrer Kindheit gewesen war. „Hast du Platten von ihr? Und ein Gerät, auf dem man sie abspielen kann?“
„Irgendwo bestimmt.“
Laurel drehte sich wieder zu Penny um. „Ist das nicht toll? Du wirst hören können, wie deine Ururgroßmutter singt!“
„Oh ja!“, rief Penny begeistert. „Können wir das gleich machen, wenn wir zu Hause sind?“
Fragend blickte Laurel Charles an. „Wie schnell kannst du sie finden?“
Als er vor einer Ampel hielt, sah sie ihn im roten Licht die Stirn runzeln. „Ich bin ziemlich sicher, dass die Platten auf dem Dachboden sind.“ Er warf einen Blick in den Rückspiegel und fügte lächelnd hinzu: „Du kannst sie also wahrscheinlichnachher noch hören.“
Penny, die ganz aus dem Häuschen war, klatschte vor Freude in die Hände. Ihr Missgeschick auf der Bühne schien schon wieder vergessen zu sein. „Können wir dann gleich nach Hause fahren und lieber morgen Eis essen gehen?“, fragte sie. „Ich möchte so gern hören, wie meine Ururgroßmutter singt!“
Laurel musste darüber lächeln, dass Penny das Eisessen auf die Zukunft verschob, statt gänzlich darauf zu verzichten. „Das ist eine gute Idee“, fand sie.
Eine Stunde später hatte Penny sich gewaschen, die Zähne geputzt und einen Schlafanzug angezogen, doch Charles war immer noch auf dem Dachboden.
Penny gähnte. „Ich bin so müde! Meinst du, er kommt bald?“
„Bestimmt“, erwiderte Laurel zuversichtlich. „Leg dich doch einfach schon einmal hin und ruh dich aus“, schlug sie vor. „Wenn du einschläfst, hören wir uns die Platten eben morgen früh an.“
„Muss ich denn nicht zur Schule?“
Laurel schüttelte den Kopf. „Nein, es ist doch Samstag.“
„Ach so.“ Penny gähnte noch einmal, legte sich hin und zog sich die Decke bis zum Kinn. Innerhalb von Sekunden hatte sie die Augen geschlossen und atmete tief und regelmäßig.
Lächelnd beugte Laurel sich hinunter und küsste das schlafende Kind auf die Wange.
13. KAPITEL
Der Dachboden erinnerte an einen jener geheimnisvollen, verzauberten Orte, wie sie in Kinderbüchern oft beschrieben werden: voller Staub, Spinnweben und einem leicht modrigen Geruch.
Als Kind war Charles immer gern hergekommen und hatte all die alten Dinge betrachtet. Es war der Besitz mehrerer Generationen, und manches stammte sogar noch aus dem Bürgerkrieg. Oft hatte er sich vorgenommen, eines Tages – wenn er einmal viel Zeit hatte – all diese Schätze zu sortieren. Bestimmt war auch wirklich Wertvolles darunter.
Doch leider konnte er das, wonach er suchte, einfach nicht finden: eine Holzkiste mit Platten von sämtlichen Opernauftritten Lucinda Morellis. Den alten Plattenspieler hatte er bereits aufgespürt.
„Charles?“
Er schrak zusammen, als plötzlich Laurels Stimme zu hören war, denn er war noch nie mit einem anderen Menschen auf dem Dachboden gewesen, und früher hatte er immer halb damit gerechnet, hier einem Gespenst zu begegnen.
„Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe“, sagte Laurel und ging zu ihm. „Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass es nicht eilt – Penny ist nämlich vor lauter Erschöpfung eingeschlafen. Es war ja auch ein aufregender Tag für sie.“
Sie blickte sich um. Im Licht einer einsamen Glühbirne, die von der Decke hing, warfen die vielen Gegenstände bizarre Schatten. „Ganz schön unheimlich ist es hier!“
Charles nickte. „Ich könnte einfach jemanden engagieren, der hier einmal für Ordnung sorgt, Neonröhren installiert, Schränke aufbaut und so weiter, aber eigentlich möchte ich es so belassen.“
„Das verstehe ich gut“, sagte Laurel, denn der Dachboden hatte eine ganz eigene Atmosphäre. „Irgendwie wirkt es wie aus einer Gespenstergeschichte. Allein würde ich mich hier nicht gern aufhalten!“
„Das habe ich früher ganz oft getan.“
„Wirklich?“ Sie versuchte sich das auszumalen, doch es fiel ihr schwer.
„Als Kind“, erklärte Charles. „Es war ein ganz toller Zufluchtsort.“
„Ja, das kann ich mir vorstellen“, erwiderte Laurel wahrheitsgemäß. Sie strich mit der Hand über den alten Plattenspieler, eine Victrola, und pustete den Staub von ihren Fingern. „Die ist wohl länger nicht mehr benutzt worden“, stellte sie fest und öffnete den Deckel des alten Geräts. „Innen
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