JULIA EXTRA BAND 0273
schwer, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Irgendwie gelang es ihr trotzdem. Scheinbar gelassen verfolgte Kate, wie Francesca das hübsche weiße Pony bewunderte.
„Daddy, Daddy! Hast du mir das mitgebracht, Daddy?“, fragte sie aufgeregt.
Ich werde Francesca verlieren. Kate konnte kaum die Fassung wahren. So ein Unsinn, du verlierst sie nicht, korrigierte sie sich fest. Wir schauen uns nur auf einer Pferdekoppel ein Pony an, das ist alles.
Santino legte Francesca einen Arm um die Schultern und sagte: „Es heißt Beppo.“
Als er lächelte, fühlte Kate sich so stark zu ihm hingezogen wie in seinem Arbeitszimmer. Inständig musste sie sich daran erinnern, dass sein Lächeln natürlich nicht ihr, sondern Francesca galt.
Um ihrer Tochter den Gefallen zu tun, bemühte Kate sich,fröhlich zu sein. Denn es war richtig, Francesca zu unterstützen. Auch wenn es große Kraft kostete, das Richtige zu tun.
„Ich wünsch mir schon ganz lang ein Pony.“ Francesca schaute ihren Vater sehnsüchtig an.
„Ein Pony wie Beppo?“, fragte Santino.
„Ja! Genau so eins!“ Francesca war hellauf begeistert. Sie warf Kate einen triumphierenden Blick zu, bevor sie sich ihrem Vater wieder zuwandte und fragte: „Wohnt Beppo auch hier?“
„Zumindest denkt er darüber nach, hier einzuziehen“, erwiderte er.
Kate sah, dass sich Francesca vor Begeisterung kaum noch bremsen konnte. Und offensichtlich war Santino gerade drauf und dran, den Coup seines Lebens zu landen.
„Aber weißt du denn auch, wie man sich um ein Pony wie Beppo kümmert, Francesca? Ich meine nur, falls du eins hättest.“
„Ich kann es lernen“, erwiderte sie ernst und nickte zur Bestätigung nachdrücklich.
„So ein Pony macht viel Arbeit, weißt du. Man muss es zum Beispiel zweimal am Tag füttern, die Box muss saubergemacht werden. Und striegeln muss man es auch.“
Die Vorfreude verflüchtigte sich aus Francescas Miene, während sie die Hindernisse bedachte. „Wenn ich noch zu klein bin, kann ich ja vielleicht auf einen Stuhl klettern, und dann zeigt mir jemand, wie es geht?“
„Ja, vielleicht … aber nur, wenn deine Mutter einverstanden ist.“
Überraschter hätte Kate nicht sein können. Noch ehe sie sich erholt hatte, fuhr er auch schon fort: „Aber dein Pony wäre Beppo erst, wenn ich ganz genau weiß, dass du dich wirklich gut um ihn kümmerst. Und während du in England bist, brauchen wir jemanden, der die Aufgaben für dich übernimmt. Solange du hier bist, darfst du niemals vergessen, ihn zu füttern oder …“
„Ganz bestimmt nicht“, beteuerte Francesca leidenschaftlich. „Und Mummy ist ja auch noch da. Sie kann mich immer dran erinnern.“
Francesca bemerkte weder die Stille, die ihren Worten folgte, noch die Traurigkeit in den Augen ihrer Mutter.
„Ich schlage vor, dass ihr beide euch mal ein bisschen mit Beppo anfreundet.“ Santino übergab Kate die Zügel, dann deutete er mit dem Kopf auf die Tür zum Zeugraum und fuhr fort: „Lasst euch Zeit. Wenn ihr fertig seid, bringt ihr Beppo bitte rüber zum Oberstallburschen. Er soll ihn sich anschauen, bevor wir vielleicht beschließen, ihn zu kaufen. Wir sehen uns dann beim Abendessen.“
Kate konnte nichts anderes tun als zustimmend nicken.
13. KAPITEL
„Hast du Daddy lieb?“
Wenn Kate die Möglichkeit gehabt hätte, Fragen auf eine schwarze Liste zu setzen, diese wäre die allererste. Glücklicherweise unterhielt sich Santino gerade angeregt mit Meredith und bekam es nicht mit.
„Ja“, antwortete sie wahrheitsgemäß, aber leise.
„Und warum können wir dann nicht noch hierbleiben? Du kannst mir ja zeigen, was ich mit dem Pony alles machen muss“, entgegnete Francesca hoffnungsvoll und stützte sich auf dem Esstisch ab.
„Ich bin sicher, dass dein Daddy das bald tun wird.“ Kate schnürte es vor Traurigkeit der Hals zu. Genau so fing es an. Mit winzig kleinen Lügen. Auch wenn sie sich bisher gegenüber Francesca noch so sehr um Aufrichtigkeit bemüht hatte – um ihrer Tochter Kummer und Schmerz zu ersparen, würde Kate in Zukunft doch immer wieder gezwungen sein, Tatsachen zu verdrehen.
„Und warum macht ihr es nicht alle beide?“, schlug Francesca vor.
„Das geht nicht, weil wir am Wochenende wieder nach Hause fahren. Und wenn du das nächste Mal kommst, wirst du mit deinem Daddy allein sein.“
„Ich will aber nicht.“ Vehement schüttelte sie die schwarzen Locken. „Ich will, dass du auch mitkommst. Und Tante Meredith.“
Kate
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