JULIA EXTRA BAND 0274
Anziehungskraft war unverkennbar, der intensive Blick der blauen Augen mehr als verwirrend –, noch dazu in diesem abgeschiedenen Cottage, während draußen ein Schneesturm tobte. Dieser Mann brachte Meg zum Bewusstsein, dass sie in den letzten drei Jahren wie eine Nonne gelebt hatte.
Jed schüttelte den Kopf. „Das Cottage gehört mir nicht, ein … Bekannter hat es mir vorübergehend zur Verfügung gestellt.“
„Arbeiten Sie in der Gegend?“
„Nein.“
„Besuchen Sie Freunde?“
„Auch nicht.“
Gesprächig konnte man ihn wirklich nicht nennen. Meg fühlte sich immer unbehaglicher, sie wusste nicht, ob sie stehen bleiben oder sich setzen sollte. Unter den Umständen war es wohl besser, ihn allein zu lassen.
„Dann will ich Sie nicht weiter stören.“ Sie machte einen Schritt in Richtung Tür.
„Bleiben Sie! Jetzt bin ich mit dem Fragen dran.“ Er musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. „Warum kennt Scott seine Großeltern noch nicht?“
Sie hatte geahnt, dass er darauf zu sprechen kommen würde, dennoch schockierte sie seine Direktheit. Ein höflicher Mensch hätte Scotts unschuldiges Eingeständnis bei Tisch diskret überhört, aber Höflichkeit gehörte anscheinend nicht zu Jed Coles Tugenden.
Er stand auf, wobei er sich automatisch duckte, um nicht an den Deckenbalken zu stoßen. „Ich wollte mir gerade ein Glas Rotwein einschenken. Möchten Sie auch eins?“
Warum nicht? Der Tag war lang und ermüdend gewesen, und wie es den Anschein hatte, würde der Abend kaum erholsamer sein.
„Vielleicht …“ Er blieb vor ihr stehen und sah sie an. „… fällt Ihnen in der Zwischenzeit eine passende Antwort auf meine Frage ein.“
Ein Kribbeln lief ihr über den Rücken, sie war sich Jeds Nähe viel zu sehr bewusst. Und das war nicht gut, denn was immer dieser Mann über alleinstehende Mütter dachte, auf sie traf es nicht zu. Sie machte sich nichts aus Männern, die nur eine flüchtige Affäre im Sinn hatten – auch nicht, wenn sie attraktiv waren und als Helfer in der Not auftraten.
Und was seine Frage anging – darauf gab es keine Antwort. Anscheinend vermutete er das auch, denn er verzog süffisant die Lippen, bevor er sich umdrehte und in der Küche verschwand.
Warum Scott seine Großeltern noch nicht gesehen hatte, konnte sie Jed nicht sagen, ohne ihre Eltern in ein schlechtes Licht zu setzen. Und das wollte sie nicht. Es war nicht so einfach, den Sohn einer unverheirateten Tochter als Enkel willkommen zu heißen.
„So, da wären wir.“ Jed kam mit einer Flasche Rotwein und zwei Gläsern zurück. „Warum setzen wir uns nicht und machen es uns bequem, hm?“ Er füllte die beiden Gläser und reichte ihr eins.
Widerstrebend nahm sie in einem der Sessel Platz. Jed Cole legte keinen Wert darauf, für die Bequemlichkeit anderer zu sorgen, so viel wusste sie bereits. Dafür war er zu selbstsicher, zu zynisch – und gleichzeitig viel zu attraktiv.
Meg gab sich keinen Illusionen hin: Dieses letzte Attribut verwirrte sie am meisten, und dass sie so stark auf ihn reagierte, beunruhigte sie zutiefst.
„Nun? Ist Ihnen etwas eingefallen?“
Was dem Menschen allerdings völlig abging, waren gute Manieren.
„In England stellt man gewöhnlich nicht so … so indiskrete Fragen.“ Sie musterte ihn abweisend, in der Hoffnung, ihn in seine Schranken zu verweisen, doch er ließ sich nicht einschüchtern. Schulterzuckend erwiderte er: „Das mag sein, aber die Situation ist wohl eher ungewöhnlich, finden Sie nicht?“
Womit er allerdings recht hatte. Unter normalen Umständenwürde ein Mann wie er kaum mit jemandem wie ihr zusammensitzen und Rotwein trinken. Zu seinem New Yorker Bekanntenkreis gehörten mit Sicherheit keine alleinstehenden Mütter.
Was wiederum die Frage aufwarf, warum er jetzt nicht in New York war, sondern hier in dieser gottverlassenen Gegend.
Sie hob das Glas an die Lippen und trank ein Schlückchen. „Was ich gern wüsste, warum sind Sie eigentlich …“
„Oh nein, meine Liebe. Sie haben mich heute Abend bereits genug ausgefragt. Wie gesagt, jetzt bin ich an der Reihe.“ Entspannt lehnte er sich zurück. „Möchten Sie, dass ich meine Frage wiederhole?“
„Danke, das ist nicht nötig.“ Sie schwieg.
„Ich warte“, erinnerte er sie sanft.
Um sich Mut zu machen, nahm Meg noch einen Schluck. „Wie soll ich es Ihnen erklären? Um meine Eltern zu verstehen, müssten Sie die beiden kennen.“
„Davon bin ich überzeugt.“ Es klang
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