JULIA EXTRA BAND 0274
er war, und dabei sollte es auch bleiben.
Sie musste die letzten neun Monate wirklich hinter demMond gelebt haben, denn sein Name wie auch sein Bild waren in allen Zeitungen erschienen. Nirgends konnte er hingehen, ohne angesprochen zu werden. Um dem Albtraum zu entkommen und in Ruhe arbeiten zu können, hatte er sich in dieses abgeschiedene Nest in England zurückgezogen, nur kam er leider überhaupt nicht voran. Immerhin, man ließ ihn in Frieden – oder hatte es bis jetzt wenigstens getan.
„Ich glaube, für heute haben wir Mr. Cole genügend ausgefragt, Scott“, kam Meg ihm jetzt zu Hilfe. „Außerdem wird es Zeit für dich, ins Bett zu gehen.“
„Noch nicht, Mummy“, protestierte der Kleine. „Du weißt doch, das Christkind kommt morgen, und da …“
„Deshalb musst du heute besonders früh schlafen gehen, damit du ausgeruht bist. Jetzt helfen wir Mr. Cole beim Abräumen, und dann wird gebadet.“ Fragend sah sie Jed an. „Sie haben doch warmes Wasser, oder?“
Er nickte. „Ja, sogar eine Dusche. Er stand auf. „Sie brauchen Ihr Gepäck, nehme ich an.“
„Ja … das heißt, wenn es Ihnen nichts ausmacht, noch mal hinauszugehen.“
Darauf hätte Jed zwar gern verzichtet, denn es schneite und stürmte mit unverminderter Heftigkeit. Aber die beiden brauchten ihre Schlafanzüge. Es wäre nicht gut, einer Meg, wie Gott sie schuf, zufällig auf dem Gang zu begegnen, wo ihm so schon derart verlockende Bilder von ihr durch den Kopf schwirrten …
„Was brauchen Sie?“
„Nur die Reisetasche aus dem Kofferraum.“
Er zog die Augenbrauen hoch. „ Eine Tasche, sonst nichts?“ Wenn seine Schwägerinnen mit den Kindern auf die Farm kamen, schleppten sie gewöhnlich ein halbes Dutzend Gepäckstücke mit sich.
„Wir bleiben nicht lange bei meinen Eltern, nur drei Tage.“
Drei Tage. Einen davon hatten sie durch den Unfall so gut wie verloren. Zwei Tage, um die Eltern zu sehen und Weihnachten zu feiern. Warum nicht länger?
„Wir fahren zu Grandma und Grandpa!“, verkündete Scott stolz.
Jed lächelte. Abgesehen von seinen Neffen und Nichten ging er Kindern gern aus dem Weg, doch dieser kleine Jungegefiel ihm. „Da freust du dich aber, wie?“
„Ja. Kennst du meine Grandma und meinen Grandpa?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, leider nicht.“
„Ich auch nicht“, erwiderte Scott treuherzig.
Jed sah, wie Meg sich auf die Lippe biss. Eigenartig, ging es ihm durch den Kopf. Der Kleine ist mindestens drei, wenn nicht älter, und hat seine Großeltern noch nie zu sehen bekommen.
Die Hamiltons waren in der Tat eine sonderbare Familie.
3. KAPITEL
„Störe ich?“ Zögernd blieb Meg in der Wohnzimmertür stehen.
Scott lag oben im Gästezimmer und schlief. Zum Glück hatten sie ein Doppelbett, denn er war ein unruhiger Schläfer. Sie hatte der Nacht mit ihm auf einer schmalen Matratze ohne viel Begeisterung entgegengesehen. Natürlich war das bei Weitem besser, als irgendwo am Straßenrand bei einem Schneesturm im Auto übernachten zu müssen.
Als sie keine Antwort erhielt, fügte sie hinzu: „Wenn Sie beschäftigt sind, kann ich auch gern woandershin gehen.“
Jed legte das Buch, in dem er geblättert hatte, beiseite und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Das Cottage ist nicht sehr geräumig“, erwiderte er ironisch. „Die Möglichkeiten, sich aus dem Weg zu gehen, sind ziemlich beschränkt.“
Meg spürte, wie sie rot wurde. Sie fühlte sich nicht sonderlich wohl, allein mit ihm in diesem kleinen Raum. Bisher hatte Scotts Anwesenheit eine allzu persönliche Unterhaltung verhindert, doch das war nun nicht mehr der Fall.
Und in ein Gespräch über die Beziehung zwischen ihr und ihren Eltern – von Sonia ganz zu schweigen – wollte sie sich nicht verwickeln lassen.
Sie schnitt eine Grimasse. „Ich kann in die Küche gehen und Geschirr spülen.“
„Ist bereits erledigt“, informierte ihr Gastgeber sie knapp. „Das Haus ist nicht gerade luxuriös, aber einen Geschirrspüler gibt es, ebenso wie eine Waschmaschine. Und sogar Zentralheizung“, fügte er trocken hinzu.
Dass das Kaminfeuer mehr als Zierde denn als Wärmespender diente, war Meg bereits aufgefallen. „War die schon installiert, als Sie das Cottage gekauft haben?“, fragte sie, weil ihr nichts Besseres einfiel. Unsicher betrat sie den Raum. Jed Cole brachte sie völlig aus dem Konzept.
Bei seinem Aussehen war das auch kein Wunder – jeder Frau musste in seiner Gegenwart das Herz höher schlagen: Seine
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