JULIA EXTRA BAND 0274
es nicht, ich weiß es.“
„Du irrst dich!“ Unruhig begann sie, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Ist es meine Schuld, dass ich anders bin als du?“, fragte sie erregt. „Willst du mich denn nicht verstehen?“
„Ich verstehe dich sehr gut, Sonia“, versicherte Meg kühl. Sie gab sich große Mühe, nicht zu zeigen, wie sehr dieses Gespräch sie innerlich aufwühlte. Sie und Sonia sprachen nicht mehr über dieses Thema, es war seit Langem tabu. Warum fing sie jetzt wieder davon an? „Du hast, was du wolltest: Erfolg und einen reichen Mann.“ Meg seufzte. „Dass wir uns hier begegnet sind, gefällt mir ebenso wenig wie dir. Es wird nicht noch einmal vorkommen, verlass dich drauf.“ Nicht wenn ich es vermeiden kann.
Sonia blieb stehen und sah ihrer Zwillingsschwester ins Gesicht. „Du fehlst mir so“, stieß sie hervor. In ihren Augen schimmerten Tränen.
Meg erstarrte – dann holte sie tief Atem. Dieses Eingeständnis traf sie völlig unvorbereitet. Was konnte sie darauf erwidern? Auch sie vermisste ihre Schwester, mehr, als sie wahrhaben wollte. Gewiss, sie waren grundverschieden, schon von klein auf. Sonia war die Draufgängerin, sie die Ruhige. Sonia hatte die Streiche ausgeheckt, und Meg war gefolgt, als kleines Mädchen und auch später noch als Teenager. Ein Gefühl der Zusammengehörigkeit hatte sie von Anfang an verbunden, und das war noch immer so. Aber es hatte auch für die Kluft gesorgt, die sie heute trennte.
Sie zuckte mit den Schultern. „Du hast eine Wahl getroffen, Sonia. Mehr ist dazu nicht zu sagen.“
„Und ich bedauere sie nicht. Du etwa?“
„Nein“, entgegnete Meg, ohne zu zögern.
„Dann … dann verstehe ich nicht, weshalb du … Warum kann es nicht wieder so wie früher zwischen uns sein, Meg?“, stöhnte sie. „Daddys Krankheit war ein Schock für uns alle. Sie beweist, wie schnell es zu Ende gehen kann. Das Leben ist zu kurz für Streit und Bitterkeit“, fügte sie fast flehend hinzu.
Meg schwieg. So hatte sie sich dieses Gespräch wirklich nicht vorgestellt.
„Was ich getan habe “, fuhr Sonia fort, „war nicht richtig. Ich weiß, ich bin egoistisch, und ich habe dich verletzt. Aber das wollte ich nie, glaub mir. Es … es ist einfach passiert.“ Sie sah zu Boden. Dann fuhr sie fort: „Meg … es ist Weihnachten, der beste Moment, zu verzeihen und zu vergessen, meinst du nicht?“
Nein, so hatte Meg sich dieses Gespräch ganz und gar nicht vorgestellt. Was sollte sie sagen? Was tun?
Sie atmete tief ein. „Ich habe dir schon längst verziehen“, sagte sie leise. „Ich glaube, es wird Zeit, dass du dir verzeihst.“
Eine Träne rollte über Sonias Wange. „Ich … ich bemühe mich, glaub mir. Manchmal vergehen Tage, ohne dass ich daran denke, was geschehen ist. Aber eins weiß ich …“ Sie sah auf. „Ich würde heute genau dieselbe Entscheidung treffen wie damals.“
Meg schluckte mühsam. „Vielleicht ist Ehrlichkeit mit sich selbst auch eine Art von Verzeihung.“
„Ich möchte, dass wir wieder Schwestern sind, Meg. Und mehr als alles andere möchte ich endlich Scotts Tante werden.“ Sie sah ihrem Zwilling fest in die Augen.
„Du hast nie aufgehört, meine Schwester zu sein, Sonia. Und du bist Scotts Tante.“
„Dann … dann … Heißt das, wir können wieder richtige Schwestern sein? So wie früher? Willst du es nicht versuchen – mir zuliebe?“
Meg war völlig durcheinander. Was passiert war, ließ sich nicht ungeschehen machen. Und vergessen konnten sie es auch nicht. Wäre es nicht besser, es bei der jetzigen Situation bewenden zu lassen?
„Bist du glücklich, Sonia?“, fragte sie mit einem forschenden Blick auf die Schwester. „Ich meine, versteht ihr euch, Jeremy und du?“
„Oh ja“, bestätigte Sonia sofort. „Ich weiß natürlich, was jeder von uns denkt – Frühling und Herbst oder Vater und Tochter.“ Sie lächelte ein wenig ironisch. „Die Leute glauben, ich habe ihn aus materiellen Gründen geheiratet und er mich, um eine attraktive junge Frau zum Vorzeigen zu haben. Aber das stimmt nicht. Wir lieben uns wirklich, unser Leben könnte nicht besser sein.“
„Dann ist alles in Ordnung. Was die anderen denken …“ Sie verstummte mitten im Satz, als die Tür aufging und Jed ins Zimmer kam. Hatte sie ihm nicht ausdrücklich gesagt, vorher anzuklopfen?
„Hohoho, hier kommt der Weihnachtsmann.“ Mit einem schiefen Lächeln zeigte er auf den Riesensack mit den Geschenken, der an seiner Schulter hing.
Meg
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