JULIA EXTRA BAND 0274
Entscheidung traf.
„Okay, ich gehe.“ An der Tür wandte er sich noch mal um. „Du bringst mich noch um den Verstand, Meg.“
„Das tut mir leid.“
Er zuckte nur mit den Schultern und ließ sie allein.
Meg atmete auf: endlich! In den letzten Stunden war ihr Schlafzimmer die reinste Bahnhofshalle gewesen.
Aber es ist ja gar nicht mein Zimmer, dachte sie plötzlich. Es ist ein Gästezimmer wie jedes andere, und ich bin hier nur noch ein Gast.
Der Raum, in dem sie ihre Kindheit verbracht und bis zum Umzug nach London gelebt hatte, befand sich in einem anderen Teil des Hauses. Sie dachte an all die Schätze, die er damals enthielt: ihre Spielsachen, die heiß geliebten Bücher, die Trophäen von Reitturnieren … Wahrscheinlich verstaubten sie längst in irgendwelchen Kisten.
Ihre Augen wurden feucht: Wie einfach war das Leben damals gewesen, wie unbeschwert. Und jetzt …
Meg straffte die Schultern. Jed hatte recht: Je eher der Schnee schmolz und sie hier wegkamen, umso besser. Für alle.
Er hatte keine Ahnung, wie spät es war – er wusste nicht einmal, wo er war. Das Einzige, was zählte, war, dass er wieder schreiben konnte.
Was ihn inspiriert hatte, war ihm ein Rätsel. Aber gegen ein Uhr morgens, als er ruhelos in seinem Zimmer umherwanderte, in diesem Haus, in dem es vor Spannung nur so knisterte, fand er schlagartig, wonach er seit Monaten so mühsam gesucht hatte: die Story für sein nächstes Buch. Nicht eine vage Idee, sondern die ganze Geschichte, vom Anfang bis zum Ende. Er brauchte sie nur noch niederzuschreiben.
Davids Arbeitszimmer zu finden war nicht schwer gewesen. Er hatte sich an den Schreibtisch gesetzt, und seitdem schrieb er wie ein Besessener, eine Seite nach der anderen. Ein untrügliches Gefühl sagte ihm, dass dieses Buch ebenso gut werden würde wie „Das Rätsel“. Vielleicht sogar besser.
Hatte unerfülltes Verlangen seine schöpferische Kraft wieder zum Leben erweckt? Dieses unsinnige Verlangen nach Meg? Er begehrte sie wie noch keine Frau vor ihr – und er konnte sie nicht haben. Denn so viel wusste er mit absoluter Sicherheit: Sie ließ sich nicht so leicht erobern.
Wenigstens konnte er wieder schreiben, das war immerhin etwas Positives.
Er sah auf, als plötzlich das Licht ausging und er im Dunkeln saß.
„Verdammt …“
Sofort wurde es wieder hell. David, in Hausmantel und Schlafanzug, stand in der Tür.
„Oh, ich bitte um Entschuldigung. Ich dachte, dass jemand das Licht versehentlich angelassen hat.“ Er näherte sich dem Schreibtisch und warf einen neugierigen Blick auf die beschriebenen Blätter. „Ich wollte Sie nicht stören, Jed. Tut mir leid.“
„Das macht nichts.“ Jed lehnte sich zurück und dehnte die steifen Schultern. „Ich kann eine kleine Pause gut gebrauchen.“ Er schnitt eine Grimasse, als die Standuhr in der Vorhalle drei Uhr morgens schlug. Kaum zu fassen – jetzt schrieb er schon zwei Stunden, nachdem er monatelang kaum eine Zeile zu Papier gebracht hatte.
„Wie wär’s mit einem Kognak?“ David zeigte auf eine Kristallkaraffe, und als Jed nickte, nahm er zwei Schwenkgläser und schenkte ein.
„Eigentlich sollte ich keinen Alkohol trinken“, gestand er leicht beschämt, als sie es sich in den Lehnstühlen vor demKamin bequem machten. „Aber wenn ich jede Anweisung der Ärzte befolge, macht das Leben keinen Spaß mehr. Und das hier …“ Er hob das Glas. „… hilft manchmal, wenn ich nicht schlafen kann.“ Genießerisch trank er einen Schluck. „Schläft Meg?“
Jed zögerte, dann sah er den alten Herrn offen an. „Das weiß ich nicht. Wir … Manchmal ist nicht alles so, wie es den Anschein hat.“
„So etwas Ähnliches hat mir meine Tochter vor dem Dinner auch gesagt“, erwiderte David schmunzelnd.
„Und was hat sie sonst noch gesagt?“
„Ich stelle meinen Töchtern keine indiskreten Fragen, Jed.“
„Und ihren Begleitern?“
„Das kommt darauf an. Keine Angst …“ Beschwichtigend hob er die Hand. „… es liegt mir fern, Sie ins Verhör zu nehmen. Meg ist alt genug, um zu wissen, was sie tut.“
Jed wünschte, er könne von sich dasselbe behaupten.
Einerseits wollte er so schnell wie möglich hier weg, andererseits hätte er sich am liebsten eine Woche lang mit ihr im Schlafzimmer verbarrikadiert, damit sie sich ungestört lieben konnten.
Doch das brauchte David Hamilton nicht zu wissen.
Der alte Herr erhob sich. „So, und jetzt gehe ich schlafen. Ich erinnere mich noch gut, wie früh kleine
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