JULIA EXTRA BAND 0274
plötzlich gehen wolltest, hat er versucht, dich zurückzuhalten.“
„Übersetzung?“
„Ich liebe dich. Ich habe dich vermisst. Ich möchte, dass du noch bleibst.“
Ein bitteres Lachen war die Antwort. „Nicht, dass ich dir diese alberne Theorie abkaufe, aber wie kommst du darauf?“
„Ich habe selbst einen Vater.“ Maddie schob den Teller zur Seite. „Er hat mir immer gesagt, ich sehe aus wie ein Fußballer, und ich fand das gemein. Ich wollte schließlich weiblich sein.“
„Was dir auch mit Bravour gelungen ist.“
Er unterstrich seine Worte mit einem anerkennenden Blick. Bei dem ungewohnten Kompliment und diesem Blick wurde Maddie warm ums Herz. Sie wünschte, sie könnte ihr Gefühl dem Wein zuschreiben, doch es war Jacks Aufmerksamkeit, die sie so elektrisierte. Und ängstigte. Aber ihr Herz durfte nicht noch einmal gebrochen werden.
„Ich habe mich damals bei meiner Mutter über ihn beschwert. Und sie hat mir erklärt, dass er mir damit seine Anerkennung ausdrücken wollte. Er wollte nur sagen, dass ich fit und stark bin.“
„Auch da kann ich nicht widersprechen.“ Jacks Blick strich einen Moment über ihren Körper.
Maddie zwang sich, die Augen nicht abzuwenden. „Damals habe ich angefangen, die männliche Sprache zu analysieren.“
„Faszinierend.“
„Ich bin überzeugt davon, dass dein Vater sich dir nähern wollte …“
„Schluss damit. Ich will nicht darüber sprechen.“ Er sprang auf. „Hast du noch Appetit auf ein Stück Apfelkuchen? Ich habe ihn extra machen lassen. Am besten, wir essen ihn dort drüben.“ Ruhig nahm er ein Stück Kuchen und ging mit dem Dessertteller zum Sofa.
Damit war die Unterhaltung für ihn beendet.
„In Ordnung.“
Maddie nahm sich das andere Stück Kuchen und folgte ihm. Der Teppich unter ihren nackten Füßen war dick und weich. Sie setzte sich in einiger Entfernung zu Jack auf das Sofa und aß den Kuchen.
„Der ist fast so gut wie der von meiner Schwester Susie“, schwärmte sie. Kindheitserinnerungen an Weihnachtsfeste kamen ihr in den Sinn, und sie musste lachen.
„Was ist?“ Jack stellte den Teller ab.
„Ich habe mich gerade daran erinnert, wie Susie und ich immer vor dem Essen schon Apfelkuchen stibitzt haben.“ Entspannt lehnte sie sich zurück. „Meine Mutter fand das damals gar nicht lustig.“ Das Kinn auf die Hand gestützt, sah sie Jack an. „Erinnerst du dich noch an dein schönstes Weihnachtsgeschenk?“
Jack grinste. „Ein Fahrrad. Monatelang habe ich es im Schaufenster angeschmachtet. Ich habe sogar ein Bild davon in meinem Zimmer aufgehängt. Und was ist mit dir? Was war dein sehnlichster Wunsch?“
„Ein Puppenhaus. Mit Möbeln.“ Sie seufzte. „Es war …“
„Was?“
„Du wirst es albern finden …“
„Nein“, schwor er.
„Gut. Ich war in dem Alter, in dem man noch an den Weihnachtsmann glaubt, aber schon ahnt, wer die Geschenke wirklich bringt.“
„Es gibt Gerüchte, aber man will sie nicht wahrhaben …“
„Genau. Es war wie bei dir mit dem Fahrrad. Ich wünschte mir dieses Puppenhaus so sehr, dass ich kaum an etwas anderes denken konnte. Aber ich wusste, dass meine Eltern es eigentlich nicht kaufen konnten. Meine Schwester hatte gerade eine Zahnspange bekommen, und wir brauchten einneues Auto. Deshalb waren wir knapp bei Kasse. Jedenfalls habe ich damals beschlossen, mit meinem Bruder Dan zusammen zu Santa zu gehen.“
„Dan glaubte noch an ihn?“
„Ja, aber er hatte Angst vor dem Bart und dem roten Mantel. Ich saß auf Santas Schoß, und Mom machte ein Foto.“
Jack lächelte. „Und du hast Santa gesagt, was du dir wünschst?“
„Ich wollte die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen und flüsterte es ihm ins Ohr.“ Gedankenverloren spielte sie mit einer Strähne ihres schönen Haars. „Albern, nicht wahr?“
„Überhaupt nicht …“ Jack legte seine Hand auf ihre.
Die Berührung war warm, stark und sanft zugleich. Maddies Herz schlug schneller. So hatte sie noch nie auf ihn reagiert.
„Hast du es bekommen?“
„Was?“, fragte sie verwirrt.
„Das Puppenhaus?“
„Oh. Nein. Aber …“ Sie entzog ihm ihre Hand. „Erzähl mir von dem Fahrrad.“
„Es war blau, und es kam nicht vom Weihnachtsmann.“
„Ich wusste, dass du dich über mich lustig machen würdest. Dabei war es so traurig, erwachsen zu werden.“
„Da hast du recht.“ Mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen sah er sie an. „Wenn du heute noch an den Weihnachtsmann glauben
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