JULIA EXTRA Band 0276
uns wenigstens in Ruhe unterhalten, ohne unterbrochen zu werden.“
In Ruhe unterhalten? Worüber? überlegte Charlie alarmiert. Irgendwie hörte es sich für sie viel zu intim an.
„Ist sicher das Beste, gleich durchzufahren. Immerhin sind wir beide hundemüde und werden früh zu Bett wollen.“
„In der Tat … das könnte passieren“, murmelte Marco, und erst jetzt fiel Charlie die Zweideutigkeit ihrer wohldurchdachten Zurückweisung auf. Prompt wurde sie rot.
„Müssen wir nicht noch irgendwo anhalten und Lebensmittel kaufen?“, fragte sie mit abgewandtem Kopf.
„Nein, meine Haushälterin Rita kümmert sich um alles.“
Das beruhigte Charlie. So waren sie wenigstens nicht allein im Haus, wie sie es bereits befürchtet hatte.
„Rita ist eine patente Frau“, fuhr Marco zufrieden fort. „Sie erledigt die Einkäufe für mich, putzt das Haus und hat sicher auch unser Zimmer vorbereitet und den Kamin angezündet.“
Hat er unser oder unsere Zimmer gesagt? schoss es Charlie durch den Kopf. Vielleicht lag es ja an seinem Akzent, dass sie ihn nicht richtig verstanden hatte. Er konnte doch wohl nicht als gesichert annehmen, dass sie willig in seine Arme und in sein Bett kommen würde?
Die Landstraße wurde immer schmaler, wand sich aus dem Tal heraus und in engen Serpentinen einen ziemlich steilen Berg empor. Gegen den nachtblauen Himmel konnte Charlie die schwarzen Silhouetten der schmalen, hohen Zypressen ausmachen, die in unregelmäßigen Abständen den Weg säumten. Dazwischen erfassten die Scheinwerfer ab und zu ein Haus, aber nicht lange genug, als dass Charlie mehr als schlichte ockergelb oder weiß gekalkte Fassaden erkennen konnte.
Schließlich bog Marco in einen noch steileren Kiesweg ein, der zu einem flachen Plateau führte. Kurz darauf hielt er vor einem großen Gebäude aus Granit.
„Da wären wir!“ Er stellte den Motor aus, lief um den Wagen herum und öffnete schwungvoll die Beifahrertür. Charlie stieg aus und schaute um sich. Am Tag musste man von hier oben eine spektakuläre Aussicht haben. Doch momentan konnte sie nur vage dunkle Umrisse vor einem sternenklaren Himmel ausmachen, und das einzige Geräusch, das die Stille durchdrang, war das Zirpen der Grillen.
Marco drückte ihr den Schlüssel für die Haustür in die Hand. „Hier, geh du schon mal vor, ich kümmere mich um das Gepäck.“
Durch die schwere Eichentür trat Charlie in eine riesige, geflieste Eingangshalle, die durch mehrere kleine Lichtquellen schwach erleuchtet war. Auf einem dunklen Holztisch stand eine Vase mit frischen Lilien, deren Duft den ganzen Raum erfüllte. Durch eine offene Tür konnte sie einen riesigen Kamin sehen, in dem ein flackerndes Feuer brannte. Auch hier warfen Lampen ihren warmen Schein auf den glänzenden Marmorboden und die kostbaren antiken Möbel.
„Es ist wunderschön“, stellte Charlie völlig aufrichtig fest, als Marco neben ihr auftauchte.
„Danke. Komm, ich zeige dir das Obergeschoss.“
Leicht benommen folgte sie ihm die breite, gewundene Treppe hinauf, die zu einer langen Galerie führte, von der mehrere Zimmer abgingen. Marco öffnete eine Tür und ließ Charlie den Vortritt.
Das Erste, was ihr ins Auge fiel, war ein riesiges Doppelbett, dessen schneeweiße Leinendecke einladend zurückgeschlagen war. Auch hier gab es einen altertümlichen offenen Kamin mit einem schmiedeeisernen Ofengitter, in dem ein gemütliches Feuer brannte. Gleich daneben stand ein rustikaler Korb mit einigen Pinienholzscheiten, die wohl für den frischen, würzigen Duft im Raum verantwortlich waren.
„Wie wundervoll! Danke.“ Charlie beobachtete, wie Marco ihren Koffer abstellte. Dann richtete er sich auf und schaute sie an. Warum musste er nur so verflixt attraktiv aussehen? Viel zu schön für einen Mann! Und wieder fühlte sie sich hin und her gerissen zwischen dem Wunsch zu fliehen und sich einfach in seine Arme zu werfen. Plötzlich schien nicht nur das Holz im Kamin, sondern auch die Luft zwischen ihnen zu knistern.
Marco entging keineswegs der wachsame Blick in ihren sprechenden Augen, ebenso wenig wie ihre zitternden Hände und die fast unmerkliche Bewegung, mit der sie vor ihm zurückwich.
„Falls es dich interessiert“, sagte er gedehnt. „Mein Zimmer liegt deinem direkt gegenüber.“
„Oh … warum sollte mich das interessieren?“
Marcos Antwort war ein wissendes Lächeln, das heiße Röte in ihre Wangen trieb.
„Natürlich musst du nicht in diesem Zimmer bleiben“, fuhr
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