JULIA EXTRA Band 0276
weiches Fell. Der Pudelmischling war ihr liebster Gefährte, wenn sie mal eine treue Seele an ihrer Seite brauchte. „Der Gedanke ist einfach fürchterlich, ein armes unschuldiges Kind in diese Lage zu bringen und …“
„Er ist ein Waisenkind, Mama“, erinnerte Max sie sanft. „Ich weiß zwar nicht, unter welchen Bedingungen er in Australien lebt, aber was du anfangs sagtest, stimmt schon. Wenn Monte Estella erst einmal wieder zum Leben erweckt, die Wirtschaft angekurbelt und die Menschen wieder voller Hoffnung sind, bedeutet es für den Jungen die Chance seines Lebens.“
„Wohlhabend zu sein, meinst du?“, flüsterte Charlotte. „Berühmt? Max, ich dachte wirklich, ich hätte dir andere, höhere Werte vermittelt.“
„Natürlich hast du das“, sagte er zerknirscht. „Ich wollte es dir doch nur leichter machen. Soweit ich weiß, hat der Junge keine Familie in Australien, nur die Frau, die sich um ihn kümmert und ihn vielleicht doch nicht loswerden will. Sie könnte mit hierherkommen und ihm das Einleben erleichtern. Und falls nicht, finden wir das beste Kindermädchen der Welt. Wir werden für ihn sorgen“, versicherte Max noch einmal.
„Aus der Ferne …“
„Es wird alles gut werden.“
„Wenn die Frau das Kind herausgibt.“
„Warum sollte sie nicht?“, fragte ihr Sohn aufrichtig erstaunt.
„Vielleicht hat sie ja mehr Verstand, als ich es vor vierzig Jahren bewiesen habe“, murmelte Charlotte kaum hörbar.
„Du warst damals blutjung, Mama. Viel zu jung, um zu heiraten.“
„Wann ist man denn deiner Meinung nach alt genug dafür?“
Der milde Spott in ihrer Stimme entlockte ihm ein Lächeln. „Achtzig, vielleicht …? Oder niemals. Heirat bedeutet für mich nicht mehr als ein unberechenbares Risiko. Wie im Leben soll man je wissen, ob man nicht wegen des Geldes oder des Titels genommen wird?“ Das Lächeln war von seinen Lippen verschwunden. „Genug davon. Lassen wir die Dinge einfach auf uns zukommen.“
„Wirst du nach Australien fliegen?“
„Die notwendigen Formalitäten kann ich auch von hier aus in die Wege leiten.“
„Du wirst nach Australien fliegen.“ Das war ein Befehl. Und wenn seine Mutter in diesem Ton mit ihm sprach, dann wusste Max, dass es keinen Sinn hatte, mit ihr zu diskutieren.
1. KAPITEL
Direkt vor seinem Wagen hatte sich offenbar ein Lieferwagen festgefahren.
Galt Australien nicht als sonnenverwöhnter Kontinent? Maxime de Gautier, zukünftiger Prinzregent von Monte Estella, befand sich erst seit sechs Stunden auf australischem Boden und hatte den starken Verdacht, dass sich das ganze Land um ihn herum in einen Binnensee verwandelte.
Endlich war es ihm gelungen, die gesuchte Farm aufzuspüren, die sich aber ganz anders als erwartet präsentierte. Vor seinem inneren Auge hatte er eine Anlage mit einem soliden Haupthaus und etlichen Nebengebäuden und Stallungen gesehen, umgeben von üppigen grünen Weiden, die mindestens bis zum Horizont reichten.
Doch die Gegend hier war karg und steinig, das Tor zur Farm hing lose in den Angeln, und auf einem verblichenen Schild war zu lesen DREAMTIME. Im strömenden Regen und angesichts der deprimierend aussehenden Umgebung erschien ihm der Name wie purer Hohn. Und jetzt konnte er auf dem holprigen Weg nicht einmal mehr weiterfahren. Vor dem festgefahrenen Lieferwagen sah er ein Metallgitter, das nicht mehr richtig in seinem Rahmen lag und den Weg versperrte. Es gab kein Durchkommen.
Das bedeutete wohl, er musste den Rest zu Fuß gehen … oder schwimmen.
Oder er konnte im Auto sitzen bleiben, bis es aufhörte zu regnen. Aber dann war ja immer noch dieses ramponierte Fahrzeug im Weg.
Nach dem vierundzwanzigstündigen Flug hatte er einen Mercedes gemietet, der ihn in fünf Stunden Fahrt sicher und bequem bis hierher gebracht hatte. Doch leider konnte auch ein Mietwagen der Luxusklasse weder fliegen noch war er ein Amphibienfahrzeug.
Ob es eine Hintereinfahrt zur Farm gab? Falls dieser Truck dauerhaft hier abgestellt war, musste es wohl so sein. Max griff nach der Gebietskarte, die ihm der Detektiv in die Akte über das gesuchte Kind gesteckt hatte, und entfaltete sie. Sie wies aber nur eine Zufahrt zur Farm aus.
Max seufzte frustriert. Aber jetzt war er seinem Ziel zu nahe, um aufzugeben.
Dann würde er eben klatschnass werden, auch wenn das wenig fürstlich war. Unverhofft meldete sich sein ausgeprägter Sinn für Humor. Wo waren sie denn, die treuen Vasallen, die verhinderten, dass „gekrönte
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