JULIA EXTRA Band 0276
es ein Erbstück?“
„Diese Bezeichnung verdient der Anhänger wohl nicht.“
„Ich bin sozusagen Experte auf dem Gebiet, und ich würde dir nicht unbedingt zustimmen.“ Er rückte mit seinem Stuhl dichter an sie heran. „Darf ich mir das einmal näher anschauen?“
Bevor er ihr zu nahe kommen konnte, löste sie die Kette von ihrem Hals und reichte sie ihm. Sorgfältig drehte er den Anhänger in seinen gekrümmten Händen.
„Ja“, murmelte er schließlich, „wie ich dachte. Ein seltenes Stück, würde ich sagen. Einzigartig, um genau zu sein. Sollen wir den Kaffee auf der Terrasse einnehmen?“
Ihr entging nicht, wie nachdenklich der alte Mann wirkte. Aber sein plötzlicher Themenwechsel zwang sie und Mikos, sich zu fügen.
Auf der Fahrt zurück in die Stadt unterhielten sie sich über den Abend.
„Ich fand, es lief reibungslos“, bemerkte Mikos lachend. „Angelo schien von dir sehr angetan zu sein. Ich war richtig eifersüchtig. Was hältst du von ihm?“
„Er ist interessant, doch genau so habe ich ihn mir vorgestellt. Aber Mikos, hattest du nicht den Eindruck, dass er uns mit einem Mal loswerden wollte?“
Im Halbdunkel des Wagens sah sie, wie seine Miene ernst wurde. „Das hast du dir nicht eingebildet. Neuerdings wird er sehr schnell müde. Einen Moment ist er der Dreh- und Angelpunkt einer Party, und im nächsten nickt er über seiner Suppe ein. Im letzten Jahr ist er mehrfach während einer Geschäftsbesprechung eingeschlafen. Uns allen ist aufgefallen, wie stark seine Kräfte nachlassen, aber Angelo hat einen eisernen Willen und denkt gar nicht an den Ruhestand. Er ist der Chef. Und solange er noch einen Funken Leben in seinem Körper verspürt, wird er die Zügel niemand anderem in die Hand geben.“
„Mit niemandem meinst du wohl dich selbst?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich bin die engste Familie, die er hat. Und wie die Dinge momentan liegen, werde ich zwar Präsident der Firma werden, aber nicht seine absolute Verfügungsgewalt haben. Das will ich auch gar nicht.“
„Wieso nicht?“
„Die Kreuzfahrtindustrie interessiert mich nicht besonders, es sei denn, sie überschneidet sich mit meinem Fachgebiet.“
„Und was genau ist das?“
„Ich bin professioneller Sicherheitsbeauftragter, spezialisiert darauf, Sicherheitsprogramme und – abläufe zu entwickeln. Ich muss mögliche Risiken einschätzen und bewerten und darüber hinaus praktikable Notfallpläne erstellen. Die Männer in dunklen Anzügen, die die VIPs und andere hoch geachtete Persönlichkeiten abschirmen, werden von Leuten wie mir trainiert.“
„Auch der Secret Service?“
„Manche von ihnen. Andere sind private Bodyguards, die von Promis engagiert werden, die sich wichtig fühlen: Schauspieler, Rockstars und so weiter.“
„Oder Tycoons wie Angelo.“
„Richtig. Er ist einer der reichsten Männer der Welt, und das macht ihn natürlich zur Zielscheibe. Es ist meine Aufgabe, ihn vor jedem zu schützen, der es auf sein Leben oder sein Vermögen abgesehen hat.“
Sein Ton war gelassen, aber Gina ließ sich nicht täuschen. Sie nahm seine Worte sehr ernst. „Das klingt nach einem relativ gefährlichen Alltag“, bemerkte sie.
„Wir leben in einer gefährlichen Welt“, sagte er schulterzuckend. „Und da muss es überall Menschen geben, die sich bemühen, Gefahren in Schach zu halten.“
„Bist du auch sein Personenschützer?“
„Nicht mehr. Ich überwache das ganze Sicherheitsprogramm, und heutzutage bedeutet das im Grunde: viel Kommunikation mithilfe neuester Technologie. Aber wenn Angelo oder einer seiner höchsten Angestellten persönlichen Schutz brauchen, bestimme ich abhängig von Ziel und Absicht ihrer Reise, wer sie begleiten soll.“
„Angelo ist einmal entführt worden, richtig? Und der Mann, der die Verhandlungen geführt hat, wurde damals angeschossen.“
„Stimmt.“
„Warst du dieser Mann?“
„Ja.“
Ihr wurde eiskalt. „Hast du daher die Narbe an deiner Schulter?“
„Ja.“
„Du hättest sterben können.“
„Bin ich aber nicht.“
„Wie kannst du nur so gleichgültig darüber reden?“, fragte sie schockiert.
„Machst du dir jedes Mal darüber Gedanken, dass du überfahren werden könntest, wenn du die Straße überquerst?“
„Nein. Aber ich bin sehr vorsichtig, und sollte ich verletzt werden, wäre das ein unglücklicher Unfall. Dasselbe kannst du nicht gerade von deinem Beruf sagen. Stell dir vor, du wärst verheiratet. Es wäre grauenhaft für
Weitere Kostenlose Bücher