JULIA EXTRA Band 0281
Daumen zu haben“, sagte sie und hielt ihn hoch. „Na ja, eigentlich ist er blau“, stellte sie dann fest, denn er war voller Farbe von ihrem Bild. „Was könnte das bedeuten?“
„Dass Ihre Pflanzen den Blues haben?“, schlug er vor.
Zum ersten Mal lächelte sie, wobei ihre Augen funkelten und ihre Wangen sich zart röteten. „Da könnten Sie recht haben, Tom. Und wie ist es nun? Machen Sie auch Gartenarbeit?“
„Ja, sicher. Rasenmähen und Jäten sind meine Spezialität. Gelegentlich bessere ich auch Gartenwege aus. Und jetzt“, er ging näher an das scheinbar undurchdringliche Dickicht heran, „kann ich mir einen lang gehegten Traum erfüllen und mit einer Sense arbeiten.“
„Wie schön, dass ich Ihnen das bieten kann“, sagte sie. „Und wie lange, glauben Sie, wird es dauern?“
„Das kann ich vermutlich erst heute bei Feierabend abschätzen.“
„Okay. Dann überlasse ich Sie jetzt der Arbeit, Tom. Neben dem Haus ist ein Schuppen. Vielleicht finden Sie darin Gartengeräte, die Sie brauchen können. Sense ist allerdings keine da.“
„Wie können Sie hier ohne eine überleben?“, fragte er scherzend und lächelte sie strahlend an.
Leider erwiderte sie das Lächeln nicht.
„Indem ich literweise Kaffee trinke“, antwortete sie, ohne die Miene zu verziehen, kühl.
Wahrscheinlich überlegte sie nun, ob sie jemanden wie ihn überhaupt in ihrer Nähe ertragen konnte.
Unter ihrem Blick wurde ihm seltsam zumute. Und dann drehte sie sich ohne ein weiteres Wort um und ging ins Haus.
Tom blieb sich und seiner überaktiven Fantasie überlassen.
2. KAPITEL
Einige Stunden später blickte Maggie in ihren Becher mit dem speziellen jamaikanischen Kaffee, der zwischen ihren Malsachen stand, und stellte fest, dass er nicht nur kalt geworden, sondern auch mit Farbpartikeln bedeckt war.
Sie ging, nachdem sie sich die nackten Füße am Laken auf dem Boden abgeputzt hatte, in die Küche, um sich neuen Kaffee zu machen.
Während sie darauf wartete, dass das Wasser zu kochen anfing, lehnte sie sich an den Tisch und versuchte, die verspannten Nackenmuskeln zu lockern. Hätte sie noch in Melbourne gelebt, wäre sie jetzt zu Maurice gefahren, um sich eine belebende Massage zu gönnen. Damals hatte sie sich das auch noch leisten können. Jetzt besaß sie ein rapide schwindendes Bankguthaben und ein riesiges Haus, auf dem eine kolossale Hypothek lastete. Deshalb würde sie sich später mit einer warmen Kompresse begnügen müssen, um die Verspannung zu lindern.
Plötzlich fuhr sie hoch, als das Knacken brechender Zweige die Stille durchbrach. Zuerst dachte sie, es wäre Smiley, der sich Abenteuer suchend im Garten herumtrieb. Dann fiel ihr der „Mann für alles“ ein, und sie wandte sich dem Fenster zu, um zu sehen, was er machte. Doch er war nicht zu entdecken. Wahrscheinlich war er irgendwo unterhalb des Hauses.
Eigentlich hatte sie einen rüstigen Rentner erwartet, der sich nebenbei Geld fürs Bingo verdiente. Und sie hatte sich vorgestellt, der alte, aber rüstige Tom Campbell würde nach einem Blick auf das Gestrüpp erklären, es zu roden wäre unmöglich.
In dem Fall hätte sie es als weiteres Signal angesehen, dass ihre Zeit hier in Portsea zu Ende ging. Die anderen Signale waren: kein Geld auf der Bank, keine Schaffensfreude beim Malen und folglich keine neuen Meisterwerke, und vor allem das Gefühl, dass sie niemals hierherpassen würde, sosehr sie es sich auch wünschte.
Tom Campbell war eine Überraschung gewesen, schon deshalb, weil er pünktlich erschienen war. Außerdem war er alles andere als ein Rentner. Er war ungefähr Mitte dreißig und hatte keine grauen, sondern schwarze, etwas zu lange Haare. Außerdem war er muskulös, kräftig und gesund. Und er hatte ein herzerwärmendes Lächeln.
Noch mehr als durch sein Aussehen hatte er sie durch die Behauptung überrascht, er könne das scheinbar undurchdringliche Dickicht roden. Anscheinend brauchte er Geld noch dringender als sie.
Nun war sie sich nicht sicher, ob es sie freute, die Entscheidung noch etwas aufschieben zu können. Bestimmt kostete es sie eine ziemliche Summe, die Büsche entfernen zu lassen, und was erwartete sie dahinter? Schroffe Felsen? Mit ein bisschen Glück ein schmaler Sandstreifen?
Wenn Tom es schaffte, zum Strand vorzudringen, dann würde sie es schaffen, mit dem Geld so lange auszukommen.
Als das Wasser kochte, machte Maggie sich frischen Kaffee und ging damit auf die Veranda. Sie stützte die Ellbogen auf
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