JULIA EXTRA Band 0281
Eine einzige heiße Liebesnacht mit ihm, und sie wusste, dass sie ihn immer noch liebte. Den Mann, der niemals mehr für sie empfunden hatte als „Wertschätzung“ …
Mit einem Mal wurde ihr das Ausmaß ihrer furchtbaren Situation bewusst. Joeys wegen würde sie sich niemals von Xander lösen können. Nie! Der Albtraum, den sie vor vier Jahren gefürchtet hatte, war Wirklichkeit geworden. Sie würde gezwungen sein, ihn zu sehen. Gezwungen, ihn höflich zu behandeln und immer wieder vorzugeben, dass er ihr nicht mehr wehtun konnte.
Jahrein, jahraus. Tagein, tagaus. Um Joeys willen musste sie es zulassen und ertragen.
„Clare … Was gestern Nacht passiert ist …“
Er brach ab und presste die Lippen aufeinander. Ausdruckslos sah sie ihn an. Ihr Blick war genauso, wie er sich fühlte: leer und verwundet. Dennoch kamen seine nächsten Worte wie aus heiterem Himmel.
„Wann ist deine nächste Periode fällig?“
„Bitte?“ Schockiert riss sie bei dieser Frage die Augen auf.
„Wann bekommst du deine nächste Periode?“, wiederholte er schroff.
Sie verstand immer noch nicht, worauf er hinauswollte.
„Vielleicht ist es dir ja entgangen“, fuhr er gepresst fort, „aber letzte Nacht haben wir uns nicht geschützt. Könntest du schwanger werden?“
Ein plötzlicher Schwindel überkam Clare, der sich bis in den letzten Winkel ihres Kopfes ausbreitete. Sie presste die Hände auf den Tisch, bemühte sich, ruhig zu bleiben.
Lieber Gott, tu mir das nicht an, flehte sie verzweifelt und voller Angst.
„Wann wirst du es wissen? Ich meine, ob du schwanger bist?“
„Ich …“ Sie zwang sich nachzudenken, welcher Tag heute war.
Bei all dem Aufruhr, der in ihrem Leben herrschte, war ihr Zyklus wirklich das Letzte, woran sie dachte.
„Ich glaube, Ende der Woche“, antwortete sie unsicher.
Abrupt erhob er sich. „Gib mir Bescheid“, sagte er kurz angebunden und ging fort.
Einen schier endlosen Moment lang saß Clare unbeweglich da. Mit einem erstickten Schrei schob sie ihren Stuhl zurück, sprang auf und begann zu laufen. Ihre Beine wollten nachgeben, doch sie zwang sich weiterzugehen.
Unter ihren nackten Füßen spürte sie den Rasen, den heißen Steinboden um den Pool herum. Als sie schließlich den weichen Sand unter sich fühlte, konnte sie nicht mehr. Sie knickte ein und sank auf den Sand.
Ihre Schultern bebten.
Xander hörte, wie ein Stuhl kratzend auf der Terrasse zurückgeschoben wurde, und erstarrte. Kam sie etwa hinter ihm her? Angespannt drehte er sich um.
Er wollte nicht, dass sie ihm zu nah kam. Er wollte nicht, dass sie mit ihm sprach. Nein, nicht einmal sehen wollte er sie.
Aber das war unmöglich. Wegen Joey. Seinetwegen würde er ihr immer wieder begegnen müssen. Und er konnte nichts dagegen tun.
Sie bedeutete für ihn eine lebenslange Haftstrafe.
Er konnte beinahe hören, wie die Gefängnistüren sich hinter ihm schlossen. Es gab kein Entrinnen.
Grimmig sah er, dass sie sich von ihm weg bewegte. Dass sie über den Rasen und am Pool entlang zum Strand lief. Er folgte ihr mit seinen Augen und presste die Lippen zusammen.
Christe mou … Mein Gott, kein Entrinnen!
Finster beobachtete er, wie sie sich mit seltsam unsicheren Schritten entfernte.
Dann sah er, wie sie strauchelte, ganz leicht schwankte und schließlich, mit einer plötzlichen ruckartigen Bewegung, zusammenbrach.
Ohne zu überlegen, lief er los.
10. KAPITEL
Clare fühlte sich wie in einem Albtraum gefangen. Ihre Schultern bebten. Ihr Körper wurde von einem qualvollen Zittern geschüttelt. Sie hatte das Gefühl, ihre Kehle sei wie zugeschnürt. Fest schlang sie die Arme um sich. Wo war sie überhaupt?
Mühsam versuchte sie die letzten Sekunden, Minuten – oder waren es gar Stunden? – zu sortieren. Obwohl sie ihre Arme fest um sich geschlungen hatte, hatte sie das Gefühl, sich aufzulösen. Sie wurde von unmenschlichen Krämpfen geschüttelt, die sie in Stücke reißen wollten.
In ihrer Beklemmung versuchte sie, tief durchzuatmen.
Aber dann kamen die Tränen.
Sie konnte sie nicht zurückhalten. Sie liefen ihr heiß über die Wangen. Das Salz ihrer Tränen schnürte ihr den Hals zu und brannte auf ihren Lippen. Eng zog sie die Beine an sich, schlang die Arme um ihre Knie und versuchte, sich unter Kontrolle zu bekommen.
Aber das ging nicht. Ihre Schluchzer schüttelten sie mit einer Gewalt, die nicht aufzuhalten war. In den vergangenen vier Jahren hatte sie nicht ein einziges Mal geweint, und jetzt konnte
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