JULIA EXTRA Band 0281
robuster als ihr Gatte war. „Das werden Sie noch bereuen! Der Preis für die Unterschrift auf dem Sorgerechtsentscheid steigt unter diesen Umständen selbstverständlich von Minute zu Minute. Mit hunderttausend Pfund werden Sie jetzt nicht mehr hinkommen.“
Tamsin warf ihrer Schwägerin einen entsetzten Blick zu. „Du hast meine Schwester verkauft?“
„Warum nicht? Von ihrem Vermögen ist schließlich kaum noch etwas übrig. Außerdem hätte ich andernorts noch wesentlich mehr für sie bekommen können. Was glaubst du wohl, was so ein kleines blondes Mädchen einem Mann wie Aziz wert ist?“, fragte sie zynisch.
Tamsin stockte der Atem. „Hast du denn überhaupt kein Herz? Kein Gewissen?“
„Und ob ich das habe! Zumindest wird mir das jeder vor Gericht abnehmen, wenn ich ihnen mit tränenerstickter Stimme bei meinem Leben schwöre, dass ich die Kleine wie mein eigenes Fleisch und Blut liebe. Und besonders dann, wenn ich der Presse auch noch die pikanten Details eurer schmutzigen Affäre erläutere …“
Tamsin suchte verzweifelt Marcos’ Blick, der Camilla die ganze Zeit über nicht aus den Augen gelassen hatte und ihren unglaublichen Ausführungen anscheinend gelassen lauschte. Warum sagte er nichts? Warum unternahm er nichts gegen diese … diese widerwärtige Hexe?
Camilla studierte zufrieden ihre langen roten, sorgfältig manikürten Fingernägel.
„Immerhin trifft es keinen Armen“, stellte sie maliziös fest. „Zwei Millionen Pfund war der Preis … jetzt hat er sich um hunderttausend Pfund erhöht. Und je länger Mr. Ramirez meine kostbare Zeit in Anspruch nimmt, desto …“
„Sind Sie eigentlich der gleichen Ansicht wie Ihre Frau, Sheldon?“, fragte Marcos gelassen.
„Nun, natürlich würde ich Nicole nie an einen Harem oder so etwas verkaufen, das wäre wirklich absolut barbarisch und …“
„Halt den Mund!“, wies ihn seine Gattin angewidert zurecht. Sofort sackten seine Schultern nach vorn, und nach einem Schluck Scotch versank Tamsins Halbruder erneut in tiefem Schweigen.
„Ich verstehe …“, murmelte Marcos und fixierte Camilla aus kalten Augen. „Ich mache Ihnen ein neues Angebot.“
„Noch besser?“, fragte sie eifrig.
„Ich denke schon.“
„Na, dann schießen Sie los.“
„Sie mögen vielleicht Ihre junge Schwägerin einschüchtern können, aber ich bin weder süße dreiundzwanzig, noch habe ich ihr gutes Herz“, erläuterte er mit einem Seitenblick auf Tamsin, der sie nicht unberührt ließ. „Ich bin ein Monster wie Sie. Wahrscheinlich noch schlimmer. Also, ich biete Ihnen zwei Möglichkeiten. Die erste besteht darin, dass Sie beide wegen Kindesmisshandlung ins Gefängnis wandern. Beweise, die jedes Gericht der Welt davon überzeugen würden, habe ich genügend zusammengetragen. Der Skandal würde Winter Cosmetics den Todesstoß versetzen, denn keine Frau kauft Kosmetika, die von einer Firma stammt, deren Name mit Kindesmisshandlung im Zusammenhang steht. Das war übrigens mein versöhnlicheres Angebot …“
„Das muss ich mir nicht anhören!“, wies Camilla mit wutverzerrter Miene zurück. „Sheldon, wir gehen!“
Sie wollte sich erheben, doch Marcos’ flammender Blick hielt sie davon ab.
„Und nun zu meinem zweiten Vorschlag“, fuhr er gleichmütig fort, als habe es keine Unterbrechung gegeben. „Der ist natürlich nicht so großzügig. Wie Sie wissen, habe ich Tamsin entführt. Das war eine leichte Übung. Ich kann Sie beide auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen. Keiner wird je erfahren, was mit Ihnen geschehen ist. Sie werden nicht mehr als ein paar zusätzliche gebleichte Knochen sein, die Archäologen der kommenden Jahrhunderte eines Tages ausgraben.“
Camilla biss sich auf die Unterlippe und knetete nervös ihre Prada-Tasche.
„Sie … Sie ängstigen meine Frau“, protestierte Sheldon schwach.
„Sie sollten derjenige sein, der Angst hat, Winter.“ Marcos’ ansonsten sonore Stimme klang plötzlich eisig. „Zwanzig Jahre habe ich von dem Tag geträumt, an dem ich mit Ihnen abrechnen werde.“
„Abrechnen? Mit mir?“ Sheldon klang aufrichtig erstaunt. „Ich weiß, dass Sie irgendeine alte Rechnung mit Aziz zu begleichen haben, aber wir beide sind uns doch nie zuvor begegnet.“
„Vor zwanzig Jahren haben Sie die Anti-Aging-Formel gekauft, die Aziz meinem Vater gestohlen hatte. Ihre Anwälte suchten und fanden einen korrupten Patentanwalt, der Ihnen alle Rechte für die Vermarktung sicherte. Damit war mein Vater
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