JULIA EXTRA Band 0287
Ticket ist auf einen Mr. Gino Bortelli ausgestellt.“
„Jordan, ich …“
„Ich nehme an, das ist dein wahrer Name?“, unterbrach sie ihn sofort. „Bortelli? Nicht Salieri, wie du mir vor zehn Jahren gesagt hast?“
Gino versuchte ruhig zu bleiben, doch er bewegte sich am Rande einer Panik. „Salieri ist der Mädchenname meiner Mutter. Ich habe ihn zeitweilig angenommen, um in Sydney ungestört leben zu können.“
„Ungestört leben zu können?“, höhnte sie verächtlich. „Als was hätten dich die Leute denn sonst erkannt? Als untergetauchten Rockstar?“
„Nein, als Gino Bortelli.“
„Tut mir leid, Gino, aber ich bin kein bisschen schlauer.“
„Meine Familie spielt eine ziemlich bedeutende Rolle im Baugewerbe. Als ich nach Sydney kam, wollte ich deshalb nicht bevorzugt behandelt werden. Es war noch nicht lange her, dass ich mein Ingenieursdiplom in Rom gemacht hatte, und ich …“
„Wie bitte?“, fauchte sie. „Du bist ein studierter Ingenieur? Ich dachte, du wärst nur ein einfacher Arbeiter!“
„Als ich dich kennengelernt habe, war ich auch nur ein einfacher Arbeiter.“
Jordan wirkte vollkommen fassungslos. „Aber warum? Das wäre ungefähr so, wie wenn ich noch als Kellnerin arbeiten würde anstatt als Anwältin.“
Gino seufzte und griff nach dem zweiten Bademantel, der an der Tür hing. Es schien sinnlos zu sein, noch weiter nackt herumzulaufen. Zu einer leidenschaftlichen Nacht, wie er sie geplant hatte, würde es heute nicht mehr kommen.
„Können wir nach nebenan gehen?“, sagte er, nachdem er den Mantel angezogen hatte. „Ich könnte einen Drink vertragen.“
Er ging an ihr vorbei und steuerte direkt auf die Minibar zu.
„Möchtest du ein Glas Wein?“, fragte er und schaute kurz über die Schulter zu Jordan, die ihm widerwillig gefolgt war. „Es gibt da eine halbe Flasche Rotwein, die gar nicht mal so übel ist.“
„Nein, vielen Dank“, entgegnete sie knapp. „Was ich vielmehr wissen möchte, ist, weshalb du mich in so vielen Punkten angelogen hast.“
„Was hältst du davon, wenn wir uns hinsetzen?“, schlug er vor und deutete auf das Sofa gegenüber dem Fernseher.
Jordan ignorierte den Vorschlag und stellte sich stattdessen ans Fenster, wo sie die Arme über der Brust verschränkte und ihn misstrauisch ansah.
Gino schenkte sich ein Glas Wein ein und nahm einen großen Schluck, ehe er sich zu ihr umdrehte.
„Nachdem ich jahrelang studiert hatte, fühlte ich mich erschöpft. Ich hatte es satt, dass meine Eltern mich ständig dazu antrieben, überall der Beste zu sein. Obwohl dieses Phänomen in italienischen Familien häufig genug auftritt. Ich verlangte ein Jahr ganz allein für mich. Ich wollte mein eigenes Geld verdienen, absolut unabhängig sein. Ein einfacheres, stressfreieres Leben führen. Deshalb habe ich mich entschieden, mit der Kraft meiner Hände zu arbeiten und meinen Namen zu ändern. Ich wollte nicht, dass mein Chef mich aufgrund meines Namens anders behandelte.“
Jordan runzelte die Stirn. „Man würde den Namen Bortelli sogar hier in Australien erkennen?“
Das war der Moment, vor dem sich Gino gefürchtet hatte. Doch die Wahrheit musste heraus – besonders, wenn er Jordan wiedersehen wollte. Und das wollte er unbedingt.
„Ich fürchte, dass du eine Kleinigkeit missverstanden hast vor all den Jahren“, begann er vorsichtig. „Von Rom aus bin ich nicht direkt nach Sydney gekommen. Nach meinem Abschluss bin ich zuerst zu meiner Familie gefahren.“
„Und wo in Italien lebt deine Familie?“
„Meine Familie lebt gar nicht in Italien, Jordan. Sie ist kurz nach meiner Geburt nach Melbourne ausgewandert. Dort leben sie noch heute. In Melbourne.“
Ungläubig sah sie ihn an. „Willst du damit sagen, dass du Australier bist?“
„Ich habe beide Staatsbürgerschaften. Die italienische und die australische.“
„Warum hast du mir all das vor zehn Jahren nicht gesagt?“
„Ich wünschte, ich hätte es getan. Aber damals befand sich bei mir so vieles im Umbruch. Ich brauchte eine Veränderung, musste mich selbst finden. Nachdem ich dich getroffen hatte, Jordan, brauchte ich nur noch dich.“
Wieder starrte sie ihn an, diesmal kalt und wütend. „Nur bis deine Familie dich brauchte, Gino. Dann hast du mich einfach fallen gelassen.“
Gino seufzte. Sie verstand es nicht. Nie würde sie begreifen, was es hieß, der einzige Sohn einer italienischen Familie zu sein.
„Und was ist mit diesem Wochenende, Gino?“, attackierte
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