JULIA EXTRA Band 0287
würde er in der Lage sein, diesen Abend – oder sie – aus seinem Kopf zu bekommen. Und Schuld würde von nun an sein ständiger Begleiter sein.
Was Claudia anging … er würde ihre Beziehung beenden müssen. Sie war ein nettes Mädchen, aber sie wollte heiraten.
Doch nach diesem Abend kam die Ehe für Gino nicht mehr infrage. Wenn er Jordan nicht heiraten konnte, dann wollte er gar nicht heiraten.
In erstaunlich kurzer Zeit hatte sie sich angezogen. Sie griff nach ihrer Handtasche und schaute noch einmal zu ihm hinüber.
„Ich habe dich nie vergessen, weißt du“, sagte sie. „Niemals. Eine Freundin meinte, es liege daran, dass unsere Geschichte noch nicht abgeschlossen war. Sie sagte, es sei schade, dass ich dich nicht ausfindig machen und anrufen könnte, um mich davon zu überzeugen, dass du gar nicht so toll bist. Und sie hatte recht. Du bist es nicht. Oh, der Sex ist immer noch großartig – das muss ich zugeben. Du weißt ganz genau, wie du eine Frau erregen kannst. Aber das ist ein vergleichsweise geringes Talent. Ich will einen Mann, der ganz genau weiß, was er will, und alles dafür tut, um es zu bekommen. Der nicht zulässt, dass ihm irgendetwas im Weg steht. Du gehörst ganz offensichtlich nicht zu dieser Sorte Mann.“
„Woher willst du das wissen?“
„Ich weiß es“, versetzte sie geringschätzig. „Taten sprechen lauter als Worte, Gino.“
„Du machst einen großen Fehler“, rief er, als sie auf die Tür zuging.
Sie legte die Hand auf den Türgriff, warf ihm dann jedoch noch einmal einen kalten Blick über die Schulter zu. „Im Gegenteil. Ich beende einen großen Fehler. Jetzt bist du eine abgeschlossene Geschichte“, erklärte sie und öffnete die Tür. „Ciao.“
Jordan schaffte es nach Hause, ohne eine Träne zu vergießen. Der Stolz hinderte sie daran, noch im Hotel oder während der Taxifahrt zusammenzubrechen. Doch sobald sie allein war, die Tür fest hinter sich verschlossen, sank sie auf den Boden und schlug die Hände vors Gesicht.
„O Gino“, schluchzte sie.
In all den Jahren hatte sie geglaubt, dass die Erinnerung an Gino ihre Beziehung zu anderen Männern zerstörte. Und vielleicht stimmte das sogar. Doch es war immer eine bittersüße Erinnerung gewesen, weil sie geglaubt hatte, dass Gino sie liebte.
Aber dem war nicht so. Er hatte sie nicht geliebt, sondern lediglich begehrt, genauso wie auch an diesem Abend. Es ging ihm nicht um eine dauerhafte Beziehung, es ging ihm nur um unverbindlichen Sex!
Wenn sie nicht dieses Flugticket gefunden hätte, dann hätte er das ganze Wochenende mit ihr anstellen können, was er wollte, um schließlich zu seiner Freundin nach Melbourne zurückzufliegen.
Der Gedanke ließ sie innehalten. Warum vergoss sie wegen eines solchen Mannes auch nur eine einzige Träne? Er war ein Mistkerl – durch und durch!
Jordan holte tief Luft, stand auf und ging in ihr Schlafzimmer. Schluss. Sie würde es nicht zulassen, dass Gino Bortelli weiterhin ihr Leben ruinierte. Wenn Chad sie am nächsten Morgen anrief, dann würde sie seinen Heiratsantrag annehmen und ihr Bestes geben, um nie mehr an Gino zu denken.
Das Telefon weckte sie. Ein penetrantes Klingeln durchbrach Jordans traumlosen Schlaf, in den sie endlich gesunken war, nachdem sie ein paar starke Schmerztabletten geschluckt hatte, die sie normalerweise gegen ihre Migräne nahm. Leider hatten sie die Nebenwirkung, dass Jordan sich am nächsten Morgen immer ein wenig zerschlagen fühlte.
Halb schlafend, halb wach griff sie nach dem Hörer und hob ihn ans Ohr.
„Ja?“ Nicht gerade eine freundliche Begrüßung.
„Jordan? Bist du das?“
Der Klang von Chads Stimme machte sie schlagartig hellwach. Mit einem Ruck setzte sie sich auf und schob sich das Haar aus der Stirn. Der rasche Blick auf die Uhr schockierte sie. Schon beinahe zehn!
„Ja, ich bin’s“, antwortete sie ein wenig aufgeräumter. „Bist du schon da?“
„Gerade angekommen. Ich dachte, ich klingele schnell durch, bevor ich in den New Yorker Verkehr gerate. Du hörst dich verschlafen an. Habe ich dich geweckt?“
„Ja, schon. Ich … ähm … ich bin erst spät ins Bett gegangen.“
„Was hast du denn so lange getrieben?“
Schuldgefühle übermannten sie, und Jordan war froh, dass Chad sie in diesem Moment nicht sehen konnte. Nicht, dass er besonders einfühlsam gewesen wäre. Er gehörte zu der Sorte Mann, die nur das sah, was sie sehen wollte. Er glaubte ernsthaft, dass sie nur deshalb seinen Antrag
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