Julia Extra Band 0292
die Existenz seines eigenen Kindes zu verschweigen?
Beinahe wäre er ganz impulsiv sofort nach Australien geflogen. Doch dann hatte er sich besonnen und zunächst seine Rechtsberater konsultiert und eine Strategie entworfen, die er mit etwas kühlerem Kopf am nächsten Tag in die Tat umzusetzen gedachte.
Seine Hotelsuite in der Innenstadt von Perth bot ein Höchstmaß an Luxus. Manolo legte Jackett und Krawatte ab und machte es sich bequem, um den Bericht zu studieren, der ihm am Flughafen ausgehändigt worden war.
Die in Perth ansässige, von ihm persönlich beauftragte Privatdetektei hatte hervorragende Arbeit geleistet. Das Dokument enthielt eine detaillierte Aufstellung über Shannays sämtliche Unternehmungen in den vergangenen Tagen. Zudem Angaben wie Wohnort und geheime Telefonnummer, Modell und Kennzeichen des Autos, Adresse des Arbeitsplatzes und von Nickis Kindergarten. Der Bericht enthüllte weiter, dass sie keinen Cent von dem Bankkonto angerührt hatte, das er unter ihrem Namen errichtet und monatlich aufgestockt hatte.
Was wollte sie damit beweisen?
Etwas, das er längst wusste: dass seine Beziehungen, sein Reichtum und seine gesellschaftliche Stellung sie nie beeindruckt hatten.
Mit einem Seufzer dachte er zurück an ihre erste Begegnung. In einer belebten Straße im Herzen von Madrid war Shannay ihm buchstäblich in die Arme gefallen, als sie mit einem Absatz ihrer Stilettos im Rost eines Gullis hängen geblieben war.
Völlig unvorbereitet hatte er eine magische Anziehungskraft verspürt – und einen instinktiven Drang, sie kennenlernen zu wollen. Sie hatten zusammen einen Kaffee in einem kleinen Café getrunken, und danach hatte das Schicksal seinen Lauf genommen.
Nachdenklich schloss Manolo den Bericht und trat an die Glasfront, die einen atemberaubenden Blick über den Swan River bot. Geistesabwesend registrierte er das malerische Panorama aus hohen Bürogebäuden und üppigen grünen Pflanzen vor einem tiefblauen Himmel. Es erinnerte ihn an einen früheren Besuch in dieser Stadt, zu einer Zeit, als Shannay noch seinen Ring am Finger getragen hatte. Damals hatten sie nicht genug voneinander bekommen können und kaum einen Moment getrennt verbracht.
Manolo spürte, wie sich sein Körper anspannte beim Gedanken an ihre einstige innige Verbundenheit. Ihr ungehemmter Enthusiasmus, ihr Lachen, ihre Leidenschaft, all das wirkte faszinierend auf ihn und weckte eine lüsterne Begierde, wie er es in diesem Ausmaß nie bei einer anderen Frau erlebt hatte. Bei ihr verlor er völlig die Selbstbeherrschung, was ihm in keinem anderen Bereich seines Lebens jemals passiert war.
Er stand in dem Ruf, selbst in höchst brisanten Situationen stets eine eisige Ruhe zu bewahren, und hatte sich damit den Respekt seiner Geschäftspartner verdient.
Jetzt rieb er sich den verspannten Nacken, wandte sich vom Fenster ab und blickte zur Uhr. Ein langer Flug lag hinter ihm, über viele Länder hinweg und in eine andere Zeitzone, auf die er sich erst einstellen musste.
Einige Längen im hoteleigenen Pool und ein Besuch im Fitnessraum halfen gewiss, die steifen Muskeln zu lockern und die Anspannung zu vertreiben.
Also zog er sich aus, schlüpfte in Badehose und Bademantel, schnappte sich ein Handtuch und ging zum Lift.
Anderthalb Stunden später, frisch geduscht und in einem formellen Straßenanzug, trat Manolo hinaus in den nachmittäglichen Sonnenschein. Er stieg in seine Limousine und ließ sich zu der Anwaltskanzlei in der Innenstadt fahren, die seine spanischen Rechtsberater mit der Wahrung seiner Interessen in Australien beauftragt hatten.
Shannay hockte sich vor Nicki, zog sie an sich und flüsterte ihr zum Abschied ins Ohr: „Ich hab dich lieb.“
„Ich hab dich auch lieb.“
„Viel Spaß.“
Zum Glück ging Nicki gern in den Kindergarten und liebte es, mit den anderen Kindern zu spielen. Nun lief sie eilig in den Raum und plauderte angeregt mit ihren Freundinnen.
Mit einem kleinen Lächeln wandte Shannay sich ab und fuhr nach Hause zurück. Sie hatte Telefonate zu führen und den Haushalt zu erledigen, bevor sie Nicki wieder abholen würde.
Kurze Zeit später tauschte sie Jeans und taillierte Bluse gegen Shorts und ein bauchfreies Top und machte sich eifrig an die Arbeit.
Staub wischen, Fußböden schrubben, Möbel polieren – all das half ihr, einen Teil der aufgestauten Energie zu verbrauchen und ihre Rastlosigkeit abzubauen.
Das Dröhnen des Staubsaugers übertönte beinahe das Klingeln der
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