Julia Extra Band 0292
ergibt?“
Shannay erblasste noch mehr. Sie wollte nicht daran denken, zumindest noch nicht. Erneut blickte sie zur Uhr. „Ich muss jetzt dringend weg.“ Selbst wenn alle Ampeln auf Grün standen, schaffte sie es nicht mehr rechtzeitig zum Kindergarten.
„Ich fahre dir nach.“
„Weil du mir nicht traust?“
„Weil es einfacher ist, als einen Stadtplan zu konsultieren.“ Ohne ein weiteres Wort ging er zu seiner Limousine, glitt hinter das Lenkrad und ließ den Motor aufheulen.
Was glaubt er eigentlich, wer er ist?, fragte Shannay sich grimmig, während sie in ihren Wagen stieg.
Die Antwort lag auf der Hand: Er war ein Mann, der seine eigenen Regeln aufstellte und von anderen erwartete, dass sie sich danach richteten.
Wie befürchtet kam Shannay viel zu spät zum Kindergarten. Sie entschuldigte sich bei der Betreuerin, nahm Nicki bei der Hand und ging mit ihr zum Auto. Ganz bewusst vermied sie es, über die Straße zu schauen, um sich zu vergewissern, ob Manolo nach da war.
Shannay bemühte sich, ihre innere Anspannung zu verbergen und sich ganz gelassen zu geben. Sie hob Nicki in den Kindersitz, schnallte sie an und gab ihr ein Küsschen auf die Nasenspitze. „Und jetzt machen wir einen Ausflug.“
„In den Park?“, hakte Nicki hoffnungsvoll nach. „Kann ich die Enten füttern?“
„Später, wenn wir nach Hause fahren. Ein alter Freund von mir aus Spanien ist zu Besuch hier, und er hat uns zum Essen eingeladen. Ist das nicht schön?“ Shannay lächelte gespielt fröhlich.
Sie war sehr versucht, die Abmachung mit Manolo zu ignorieren und kurzerhand zu ihrer Wohnung zu fahren. Aber was hätte das für Folgen? Dass er ihr das Leben noch schwerer machte. Allerdings fuhr sie in einem kleinen Akt der Rebellion durch besonders schmale Straßen auf Umwegen zum Restaurant.
Merkte er es? Möglicherweise, auch wenn er sich nichts anmerken ließ, als er sich auf dem Parkplatz vor Nicki hinhockte und sie warmherzig begrüßte.
Angespannt beobachtete Shannay die Szene. Obgleich sie sich seiner Nähe sehr stark bewusst war, galt ihre gesamte Aufmerksamkeit Nickis Reaktion auf den Mann, der eine solch große Gefahr für ihre Existenz darstellte.
Kontaktfreudig, aufgeschlossen und wohlerzogen, wie Nicki war, musterte sie Manolo ernsthaft und mit großen Augen. Der anfängliche Argwohn verflog rasch. Instinktiv fasste sie Zuneigung und lächelte ihn freudig an. „Hallo. Ich bin Nicki.“ Sie streckte eine Hand zur Begrüßung aus, und Manolo ergriff sie behutsam.
In Shannay herrschte ein Tumult der Gefühle. Rührung und Panik wechselten einander ab, doch schließlich gewann die Rührung die Oberhand.
Vater und Tochter.
Nur zu gern hätte sie diesen Augenblick festgehalten – natürlich nur für Nicki, wie sie sich einredete.
Das Restaurant eignete sich bestens für eine erste Annäherung zwischen Vater und Tochter. Die Atmosphäre war familiär, der Service ausgezeichnet, und die Speisekarte bot eine gute Auswahl. Die Qualität der Küche entsprach nicht Manolos feinem Gaumen, wurde aber den Vorlieben eines kleinen Kindes durchaus gerecht.
Doch Shannay fiel es schwer, sich entspannt und fröhlich zu geben. Sie hätte viel dafür gegeben, nicht mit Manolo an einem Tisch sitzen zu müssen. Es war sehr anstrengend für sie, Freundschaft zu ihm vorzutäuschen, während das zunehmend harmonische Verhältnis zwischen Vater und Kind einen unliebsamen Gefühlsaufruhr in ihr hervorrief.
Doch warum sollte Nicki nicht positiv auf einen Mann reagieren, den ihre Mutter ihr als guten Freund vorgestellt hatte? Darüber hinaus konnte Manolo sich von einer sehr einnehmenden Seite zeigen, wenn er nur wollte.
Und nun ließ er seinen Charme mit einer Gelassenheit spielen, die Shannay widerstrebend bewunderte, auch wenn sie ihn im Stillen dafür hasste, dass er das unschuldige Herz ihrer Tochter im Sturm eroberte.
„Wir wollen jetzt die Enten füttern“, verkündete Nicki, als er die Rechnung beglich.
„Das macht bestimmt viel Spaß.“
Sie nickte eifrig. „Du kannst ja mitkommen, wenn du willst.“
Bitte nicht!, flehte Shannay innerlich. Noch mehr Zeit in seiner Gesellschaft zu verbringen überstieg ihre Kräfte.
„Ich muss jetzt leider woanders hin“, erwiderte er. „Aber nächstes Mal sehe ich mir gern an, wie du die Enten fütterst.“
„Morgen?“
Manolo warf Shannay einen fragenden Blick zu. „Wenn es deiner Mutter recht ist.“
Sie seufzte insgeheim und legte ein Lächeln auf, denn eine Ablehnung
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