Julia Extra Band 0292
strömten.
Unwillkürlich suchte Shannay die Menge nach einer bestimmten Person ab, die bei einer derart hochkarätigen Veranstaltung nicht fehlen durfte: Estrella de Córdoba.
Und schließlich sah sie sie, groß und maßlos elegant in einem traumhaften Kleid von Versace, das nur eine Frau mit hervorragender Figur und einer Überdosis Extravaganz tragen konnte. Dichte dunkle Locken umrahmten ihre ebenmäßigen Züge, und eine Fülle von Diamanten funkelte bei jeder Bewegung. Sie stand wie immer im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und war nur darauf bedacht, Eindruck zu schinden.
Der Mann an ihrer Seite sah sehr distinguiert und mindestens fünfzehn Jahre älter aus.
Estrella de Córdoba war dafür bekannt, dass sie einen Raum schon beim Betreten nach einem Opfer absuchte und dann geduldig auf einen günstigen Moment wartete, um zuzuschlagen. Gewiss hatte sich daran nichts geändert.
Es war undenkbar, dass ihr die Neuigkeit von Manolos Versöhnung mit seiner Ehefrau nicht zu Ohren gekommen war. Die Frage war demnach nicht, ob Estrella überhaupt etwas unternehmen würde, sondern nur, wann.
Sicherlich nicht, bevor alle Gäste auf ihren Plätzen saßen. Diejenigen unter ihnen, die sich noch an die angebliche Affäre zwischen Estrella de Córdoba und Manolo Martinez erinnerten, warteten nur auf das kleinste Signal, um die Gerüchteküche wieder gehörig anzuheizen.
Shannay spürte es deutlich und hasste es, die Zielscheibe solcher Spekulationen zu sein.
Sergio und Luisa kamen auf dem Weg zu ihren Plätzen vorbei und blieben kurz stehen. Sie begrüßten Shannay höflich, aber zurückhaltend, wie es nicht anders zu erwarten war. Doch dann berührte Luisa sie am Arm und flüsterte ihr aufmunternd zu: „Bleib tapfer.“
Wie nett von ihr, dachte Shannay verwundert.
Sie zwang sich, ein wenig zu essen, an dem Wein zu nippen und sich an dem belanglosen Tischgespräch zu beteiligen, während sie darauf wartete, dass ihre Nebenbuhlerin zuschlug. Nur mit Mühe gelang es ihr, den Schein zu wahren.
„Es ist sehr gut, dass Sie nach Madrid zurückgekehrt sind“, erklärte eine feine Dame, die ihr direkt gegenüber am Tisch saß.
Shannay lächelte höflich. „Danke.“
„Ein Mann in der Position Ihres Gatten braucht eine Frau an seiner Seite.“
Aber nicht eine Ehefrau und eine Geliebte gleichzeitig …
Diesen Einwand brauchte sie gewiss nicht auszusprechen. Seine mutmaßliche Affäre hatte damals für genügend Wirbel gesorgt. „Ich bin überzeugt, dass es Manolo nicht an geeigneter Gesellschaft gemangelt hat.“
„Aber doch. Er erschien für gewöhnlich in Begleitung seiner Tante – oder allein.“
Verblüffend, durchfuhr es Shannay. Sie nahm ein Schlückchen Wein und spürte Manolos eindringlichen Blick.
„Schmeckt es dir nicht?“, erkundigte er sich.
„Doch, doch. Ich bin nur nicht sehr hungrig.“
Er hielt ihren Blick gefangen und sah mehr, als sie ihr lieb war. Nun spießte er ein Stück Meeresfrucht auf die Gabel und hielt es ihr hin. „Probier das mal. Es wird dir schmecken.“
Es ist alles nur Theater, rief sie sich in Erinnerung, wir sind wie Akteure auf einer Bühne, die ihrer Rolle folgen.
Behutsam umfasste sie seine Hand und führte die Gabel an den Mund. Mit einem provozierend sinnlichen Blick in seine Augen strich sie sich aufreizend mit der Zungenspitze über die Lippen, bevor sie in die Meeresfrucht biss.
Mission erfüllt, dachte sie zufrieden, als sich sein Blick vor Verlangen verschleierte und er zärtlich ihren Nacken umfasste.
Auf jeden Zuschauer mussten sie wie ein Liebespaar wirken, das es kaum erwarten konnte, allein zu sein. Wem wollte er etwas vorspielen? Der gesamten Öffentlichkeit – oder nur Estrella?
Sie beugte sich zu ihm vor und flüsterte spöttisch: „Pass auf, dass du es nicht übertreibst, querido .“
Manolo neigte den Kopf an ihr Ohr. „Ist es nicht erforderlich, einen Präzedenzfall zu schaffen?“
Irritiert fragte sie sich, was seine rätselhafte Bemerkung zu bedeuten hatte.
Zwischen den zahlreichen Gängen wurden unzählige Reden gehalten, manche knapp und amüsant, andere ausschweifend und langweilig.
Irgendwann im Laufe des Abends legte Manolo einen Arm über Shannays Stuhllehne und streichelte ihren Oberarm. Wusste er, welche Wirkung er auf sie ausübte?
Ihr gefiel sein Verhalten nicht. Ständig schien er neue Fallen dicht vor ihr aufzustellen, und prompt tappte sie hinein. Er verstand es hervorragend, ihre Gefühle auszunutzen – die Erregung in
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