Julia Extra Band 0292
seiner Umarmung zu lösen.
„Bleib liegen. Wir sind fast zu Hause“, murmelte er.
Umso mehr ein Grund, sich ihm zu entziehen, entschied sie, und diesmal hielt er sie nicht zurück.
Ebenso wenig versuchte er, sie zu berühren, nachdem sie das Haus betreten hatten. Er erwiderte ihren Gutenachtwunsch nur mit einem flüchtigen Nicken und blickte ihr stumm nach, als sie die Treppe hinaufging.
7. KAPITEL
„Muss Ramón sterben?“
Die ängstliche Frage rührte Shannay ans Herz. Sie hockte sich vor Nicki und zog sie an sich. „Bald. Er ist sehr krank.“
„Wie Fred?“
Fred, ein weißer Mäuserich, war nach gebührender Bestattung durch einen Goldfisch ersetzt worden.
„Ja, wie Fred.“
„Das ist aber traurig“, murmelte Nicki.
Um sie von ihrem Kummer abzulenken, schlug Shannay ein Bad im Pool vor. Sie schlüpften in ihre Badeanzüge und sagten Carlos Bescheid, bevor sie das Haus verließen.
Es war ein warmer windstiller Tag. Nicki fühlte sich im Wasser pudelwohl. Sie ließ sich treiben und tauchte und kraulte schon recht ordentlich für ein so kleines Kind.
Auch Shannay fand Vergnügen daran, ausgelassen zu planschen und zu lachen und für eine Weile die Sorgen zu vergessen.
„Daddy!“
Sie drehte sich um und sah Manolo auf den Marmorstufen, die hinab zum Pool führten. Seine Aufmachung in einem kurzen Veloursmantel und mit einem Handtuch über einer Schulter deutete darauf hin, dass er ebenfalls baden wollte.
Unwillkürlich verspürte sie ein Flattern im Magen. Sie woll te diese Empfindungen nicht spüren, wollte nicht ständig an die vergangene Leidenschaft denken. Doch mit jedem Tag, der verging, wurden die Erinnerungen lebhafter. Noch schlimmer war es nachts, wenn sie allein im Bett lag und nicht verdrängen konnte, dass seine Suite nicht weit entfernt war .
Schläft er tief und fest? Oder liegt er wach wie ich, gequält von Sehnsucht nach der früheren Leidenschaft?
Genug davon!, ermahnte sie sich. Doch der Aufenthalt in seinem Haus, in seiner ständigen Gesellschaft, schwächte ihren Widerstand immer mehr.
Sie hätte es vorgezogen, wenn er jeden Tag in sein Stadtbüro gefahren wäre, anstatt seine Geschäfte von zu Hause aus zu erledigen. Andererseits verstand sie seinen Wunsch, die begrenzte Zeit zu nutzen, die er mit seiner Tochter teilen durfte.
Nun streifte er sich den Bademantel ab. Darunter trug er leger geschnittene Boxershorts. Dennoch beschleunigte sich ihr Atem beim Anblick seines geschmeidigen muskulösen Körpers.
„Daddy, guck mal, wie ich schwimmen kann!“
Er glitt ins Wasser, verfolgte Nickis Vorführung und applaudierte gebührend.
Shannay fühlte sich unwohl in ihrem knappen Badeanzug mit dem hohen Beinausschnitt und dem tiefen Dekolleté. Unwillkürlich fragte sie sich, ob ihm wohl auffiel, dass ihre Brüste nach der Schwangerschaft beträchtlich größer geworden waren.
„Nicki ist ein wundervolles Kind“, sagte er leise und riss sie aus ihren Gedanken. „Gehorsam und nicht verwöhnt. Du hast sie gut erzogen.“
Sie musterte ihn argwöhnisch. „Ein Kompliment aus deinem Munde?“
„Ist das so schwer anzunehmen?“
Er war ihr sehr nahe, in Reichweite. Sie unterdrückte den Drang, sich in sichere Entfernung zu begeben. „Unter den gegebenen Umständen, ja.“
„Vielleicht ist es klüger, diese Umstände zu ignorieren und zu versuchen, nach vorn zu schauen.“
„Mir ging es blendend, bis du mich unter Druck gesetzt und hierhergeschleift hast“, entgegnete sie und schwamm schließlich doch davon, bemüht, ihn zu ignorieren.
Nicki hingegen forderte ständig seine Aufmerksamkeit. Er war großartig im Umgang mit ihr, rücksichtsvoll und spielerisch. Ausgelassen tobte er mit ihr herum, und sie himmelte ihn unverhohlen an.
Am späten Nachmittag kehrten sie ins Haus zurück. María servierte Tee im Salon, zusammen mit einem Abendessen für Nicki, deren Schlafenszeit allmählich den Landessitten angepasst wurde. Sie zeigte keinerlei Schwierigkeiten, sich an den neuen Lebensstil zu gewöhnen, und akzeptierte alle Veränderungen mit erstaunlicher Leichtigkeit.
Am Abend, als Manolo sich zu ihr ans Bett setzte, entschied sie: „Heute soll Mummy lesen.“
Shannay griff nach dem Märchenbuch. Es fiel ihr schwer, seine Nähe und seine verstohlenen Blicke zu ignorieren, während sie die Geschichte von der Prinzessin auf der Erbse vorlas.
Nicki lauschte mit gespannter Aufmerksamkeit, aber schließlich fielen ihr doch die Augen zu.
Shannay und Manolo schlichen
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