Julia Extra Band 0292
Anwärter.“
Mit einiger Mühe täuschte sie Gelassenheit vor. „Nun, wie dem auch sei, können wir jetzt vielleicht das Thema wechseln?“
„Von mir aus gern. Du hast es doch zur Sprache gebracht.“
Mit verzweifeltem Unterton fragte sie nun: „Hat Ramón große Schmerzen?“
Manolo nickte knapp. „Aber er steht ständig unter medizinischer Betreuung. Ein Arzt und eine Krankenschwester wohnen bei ihm. Es ist sein Wunsch, zu Hause zu bleiben.“
Shannay wusste, dass man nicht viel für ihn tun konnte, außer ihm die letzten Tage so angenehm wie möglich zu machen.
„Ich möchte dich bitten, so lange hierzubleiben, bis Ramón ins Koma fällt.“
„Ich bin berufstätig, falls du das vergessen haben solltest“, wandte sie ein, „und wir beide haben eine Abmachung getroffen. Nach drei Wochen kehren Nicki und ich nach Perth zurück.“
„Ich bin sicher, dass sich dein Urlaub aus familiären Gründen verlängern lässt.“
Das war durchaus möglich. Falls sie es denn wollte. Doch sie wagte nicht, länger als unbedingt nötig in Manolos Nähe zu bleiben. Die gemeinsame Vergangenheit und die starke Anziehungskraft ließen sie befürchten, dass sie schwach werden könnte angesichts seines Charmes und seiner Entschlossenheit.
Hilfloser Zorn stieg in ihr auf, weil er die Umstände derart in seinem Sinne auszunutzen verstand.
Ihm entging nicht, wie sich ihre Miene verhärtete. „Du glaubst, dass ich dich mit Hintergedanken hergeholt habe?“
„Allerdings.“
„Würdest du mir das bitte erklären?“
„Ich denke, dass du zu allem bereit bist, um zu erreichen, was du willst“, erklärte sie hitzig.
„Und was will ich deiner Meinung nach?“
„Nicki.“
„Das stimmt natürlich“, bestätigte er völlig gelassen. „Und was noch?“
Shannay konnte seine Nähe nicht eine Sekunde länger ertragen. Sie sprang auf und warf die Serviette auf den Tisch.
„Eines Tages wirst du nicht mehr weglaufen.“
Sie bedachte ihn mit einem giftigen Blick. „Ach, was du nicht sagst!“
Manolo verspürte den heftigen Drang, sie kurzerhand in sein Schlafzimmer zu entführen – genau wie früher, wenn Worte versagt hatten. Damals war sogar der heftigste Zorn in zügelloses Verlangen umgeschlagen, und ihre stürmische Leidenschaft hatte alle Differenzen ausgeräumt.
Erinnerte Shannay sich ebenso lebhaft daran wie er? Lag auch sie nachts wach in Gedanken an jene zügellosen Nächte?
Er hoffte es sehnlich.
6. KAPITEL
Shannay musterte sich im Spiegel und wunderte sich, dass sie so gelassen aussah, obwohl ihr Körper in einem derartigen Aufruhr war.
Die Geschehnisse der letzten Wochen hatte sie nicht einmal in ihren schlimmsten Albträumen vorhergesehen. Ebenso wenig hatte sie geplant, sich je wieder in die feine Gesellschaft von Madrid zu begeben.
Doch an diesem Abend fand eine Benefizveranstaltung statt, die vom Martinez-Konzern unterstützt wurde. Manolos Teilnahme war unumgänglich, und als seine angeblich frisch versöhnte Ehefrau erwartete man sie an seiner Seite.
Für angemessene Kleidung war schnell gesorgt. Es hatte lediglich eines Anrufs bei einer Nobelboutique bedurft, und schon war eine Auswahl an Abendkleidern ins Haus geliefert worden.
Nun betrachtete sich Shannay in einem hellbraunen Kleid aus feinster Seide mit plissiertem Oberteil, hauchdünnen Spaghettiträgern und bodenlangem fließenden Rock. Sie stellte zufrieden fest, dass sie die richtige Wahl getroffen hatte. Zierliche High Heels, geschicktes Make-up mit besonderer Betonung der Augen und eine elegante Hochsteckfrisur vollendeten ihre elegante Erscheinung.
„Du siehst aus wie eine Prinzessin.“
Shannay drehte sich zu Nicki um und blies ihr ein Küsschen zu. „Danke.“
„Du musst gracias sagen“, korrigierte Nicki. „Ich und María gucken jetzt Fernsehen.“
„Aber nur eine kleine Weile. Wenn María sagt, dass du ins Bett gehen sollst, dann gehorchst du ohne Widerrede, ja?“
„Okay.“
Shannay nahm ihr Abendtäschchen und streckte die Hand aus. „Komm, Kleine, gehen wir hinunter.“
Ein Klopfen an der Kinderzimmertür ertönte.
Eifrig rannte Nicki hinüber und rief: „Daddy ist da!“
In unbestreitbarer Präsenz und in dem dunklen Abendanzug viel zu attraktiv, dachte Shannay. Vergeblich bemühte sie sich, das Prickeln zu unterdrücken, das sein bloßer Anblick in ihr auslöste.
Das feine weiße Batisthemd bildete einen starken Kontrast zu seiner südländisch dunklen Haut und dem schwarzen Haar. Der Anzug umschmiegte
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