Julia Extra Band 0292
hast, nicht aus Rachegelüsten.
Sie wartete, dass er etwas Derartiges äußerte. Aber er schwieg, und sie hatte nicht den Mut, ihre eigenen Gefühle zu offenbaren. „Nein“, brachte sie mit mühsam beherrschter Stimme hervor.
„Wann gedenkst du, hierher zurückzukehren?“
„Ich werde Nicki begleiten, wenn sie dich besuchen kommt.“
„Das ist dein letztes Wort?“
Shannay durfte nicht klein beigeben, auch wenn sie es noch so sehr wünschte. Wusste er von ihrem inneren Zwiespalt? Kümmerte es ihn überhaupt?
Für einen Mann, dem es nur um Sex ging, der keine Liebe empfand, war fast jede Frau gut genug. Und sobald die Nachricht durchsickerte, dass seine Ehefrau ihn wieder einmal verlassen hatte, würden unzählige Frauen Schlange stehen, in der Hoffnung, in seinem Bett zu landen.
„Ja“, bestätigte sie eisern.
Sie suchte in Manolos Gesicht nach dem kleinsten Anzeichen für Betroffenheit, aber sie fand keines. Sie hingegen spürte Tränen der Verzweiflung aufsteigen bei dem Gedanken, dass er ihre Beziehung so einfach abtat. Doch was hatte sie erwartet? Dass er sie anflehte zu bleiben? Das war nicht sein Stil.
„Wann beabsichtigst du abzureisen?“
„So bald wie möglich.“
„Ich werde meinen Piloten anweisen, den Jet morgen bereitzuhalten.“
„Danke.“ Hastig, bevor sie zusammenbrechen konnte, wandte sie sich zur Tür.
„Was willst du unserer Tochter sagen?“
Es kostete sie unglaubliche Mühe, sich noch einmal zu Manolo umzudrehen. „Die Wahrheit“, erwiderte sie schlicht, bevor sie den Raum verließ.
11. KAPITEL
Eine Woche später verlief das Leben für Shannay wieder in gewohnten Bahnen. John freute sich, dass sie an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt war, und Anna freute sich, dass sie abends wieder auf Nicki aufpassen konnte.
Shannay konnte froh sein, dass eine höchst nervenaufreibende Zeit hinter ihr lag. Die Situation war geklärt. Sie hatte eine zufriedenstellende Sorgerechtsvereinbarung gefunden, die Nickis Bedürfnissen entgegenkam.
Nicki wirkte wieder gesund und munter. Sie ging so begeistert wie eh und je in den Kindergarten, wo sie selbstvergessen mit ihren Freunden spielte.
Jeden Abend zur selben Zeit meldete sich Manolo, um ihr eine gute Nacht zu wünschen, und sie fieberte stets seinen Anrufen entgegen.
Dass er für Shannay selten mehr als einen flüchtigen Gruß erübrigte, war eigentlich unerheblich. Und doch tat ihr seine Gleichgültigkeit sehr weh und raubte ihr sogar den Schlaf. Daher fiel es ihr von Tag zu Tag schwerer, die Schicht in der Apotheke von fünf Uhr bis Mitternacht durchzuhalten.
Bald sprach John sie auf ihre Lustlosigkeit und die tiefen Augenringe an, aber sie tat seine Sorge leichtfertig ab.
Am Ende der zweiten Woche traf das vorläufige Scheidungsurteil ein, das nach einer Frist von dreißig Tagen rechtskräftig werden sollte. Eigentlich war es eine gute Nachricht, doch Shannay verfiel in eine tiefe Depression.
In der dritten Woche fing sie sich eine hartnäckige Magenverstimmung ein. Doch die ungewöhnlichen Müdigkeitsanfälle und Stimmungsschwankungen, die sich dazugesellten, legten einen anderen erschreckenden Verdacht nahe. Schließlich bestätigte ein Schwangerschaftstest ihre schlimmsten Befürchtungen.
Überraschend war das Resultat allerdings nicht, denn Shannay nahm schon seit der Schwangerschaft mit Nicki keine Verhütungsmittel mehr, und auch Manolo hatte keinerlei Vorsichtsmaßnahmen getroffen.
Was hast du dir bloß dabei gedacht, du Dummkopf?
Bei näherer Überlegung wurde sie sich bewusst, dass sie überhaupt nicht gedacht hatte.
Vierundzwanzig nervenaufreibende Stunden später wiederholte sie den Test und erhielt dasselbe Ergebnis.
In den folgenden Tagen versuchte sie vergeblich, sich mit dem Gedanken anzufreunden. Und dann, eines Abends, an dem sie sich in der Apotheke freigenommen hatte, teilte Nicki ihrem Vater am Telefon unbedacht mit: „Mummy ist krank.“
Shannay schüttelte heftig den Kopf und legte sich einen Finger an die Lippen.
Doch schon hielt Nicki ihr den Hörer hin. „Daddy will mit dir reden.“
Ich aber nicht mit ihm. „Jetzt nicht, Darling, ich habe zu tun“, wehrte Shannay ab, obwohl sie lediglich Wäsche faltete.
Nicki starrte sie verwirrt an, und aus dem Hörer drang deutlich Manolos Aufforderung: „Jetzt komm schon ans Telefon, Shannay!“
Sie murmelte einen Fluch vor sich hin, der Nicki noch mehr staunen ließ, und nahm den Hörer. „Hallo, Manolo.“
„Was fehlt dir?“
„Nichts. Es
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